Community / / "Sperrige" Checkliste und Chaos bei ...

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Beitrag vom 10.07.2017 - 11:14 Uhr
Usernessie
User (674 Beiträge)
Eine in der Evakuierungs-Checkliste vorgeschriebene Absenkung des Kabinendrucks vor Abschaltung der Triebwerke und Räumung des Flugzeugs habe ziemlich lange gedauert,

Eine Frage an die (B767-)Piloten/Techniker im Forum: Was ist denn der technische Hintergrund, dass man ERST die Absenkung des Kabinendruck abwartet und erst DANN die Triebwerke ausschaltet? Warum nicht gleichzeitig?

Danke im Voraus für die Antworten.
Beitrag vom 10.07.2017 - 11:31 Uhr
UserMeadowlands
User (335 Beiträge)
Wenn du alle Triebwerke ausschaltest, stest du ohne Power da, da fährt das Valve nicht mehr.
Dem beugt man vor, dass man zuerst die Valves öffnet um den Kabineninnendruck abzulassen/anzupassen und dann die Triebwerke abschlatet.Willst du das gleichzeitig machen, muss der zweit Mann mit eingreifen. Sprich: Der FO schaltet das Valve, der CPT die Triebwerke.
Abschlaten der Triebwerke geht aber viel schneller als das Valve fahren. Es könnte also wieder zu o.g. Szenario kommen, dass man die Durchvorbeaufschlagung nicht aus der Kabine bekommt und somit die Türen kaum bzw. nicht öffnen kann.

Dieser Beitrag wurde am 10.07.2017 11:32 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 10.07.2017 - 12:21 Uhr
Usernessie
User (674 Beiträge)
@Meadowland:

Danke für die Antwort. Aber noch ein paar Nachfragen:

Wenn du alle Triebwerke ausschaltest, stest du ohne Power da, da fährt das Valve nicht mehr.

1.) Äh - kann man die depressurazation valves NICHT mit Batteriestrom über den Essential Bus schalten? Ist das mit den Triebwerken ein Sicherheitsfeature, falls der essentials bus nicht geht? (dead battery oder so)

2.) Warum geht Triebwerke ausschalten schneller als Valve fahren? Liegt das ander Bedienungslogik, oder ist das ein technischer Grund?

3.) Ok. "Gleichzeitig" ist missverständlich. Hätte "unmittelbar nacheinander" schreiben sollen. Dennoch: der Artikel liest sich so, dass die Piloten erst auf vollständigen Druckausgleich gewartet haben, ehe sie die Triebwerke ausschalteten. Sind die Emergerncy valves denn keine "Fire and Forget"-valves? Müssen die dauerangesteuert werden?

4.) Oder war der Hintergrund für das Abwarten bis zum Evakuierungsbefehl, dass man noch gewartet hat, bis die Drehzahl unten war?
Beitrag vom 10.07.2017 - 13:29 Uhr
UserNur_ein_Y_PAX
User (672 Beiträge)
Wie hoch ist eigentlich in der Regel der Druckunterschied bei der Landung.

Besteht da noch Bedarf an einem Druckausgleich?
Beitrag vom 10.07.2017 - 13:41 Uhr
Usermikbe22
User (11 Beiträge)
@meadowlands
Das stimmt leider nicht ganz. Die manual cabin control hängt am standby bus, d.h. das outflow valve öffnen geht auch ohne engines.

@nessie
Ob das ein Sicherheitsfeature ist, keine Ahnung. Evtl. wird die evacuation checklist bei manchen airlines als memory item also auswendig gemacht, dann würde der Kapitän die Triebwerke ausschalten und der FO cabin altitude auf manuell stellen und das outflow valve öffnen, was dann gleichzeitig passieren könnte. Wird die Liste gelesen, wird nie was gleichzeitig gemacht ;-)
Der Druckunterschied ist nicht groß und sollte nicht so lange dauert.
Der nächste Schritt wäre die Evakuierung...
Beitrag vom 10.07.2017 - 13:43 Uhr
Usermikbe22
User (11 Beiträge)
@nur ein pax
Max sind das 0,125 psi...
Beitrag vom 10.07.2017 - 14:12 Uhr
UserNur_ein_Y_PAX
User (672 Beiträge)
@ Mikbe22.

Danke. Also max ca 8% Druckunterschied.Ok sollte ausreichen um bei einem Brand von aussen Rauch in die Kabine zu saugen.

Dieser Beitrag wurde am 10.07.2017 14:13 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 10.07.2017 - 14:23 Uhr
UserMeadowlands
User (335 Beiträge)
@meadowlands
Das stimmt leider nicht ganz. Die manual cabin control hängt am standby bus, d.h. das outflow valve öffnen geht auch ohne engines.

Ok, nochmal gesucht bei meinem Muster (nicht 767). Die Valves hängen tatsächlich am APU Hot Battery Bus. Im ganzen Electrical Chapter ist das nur so nebenbei kurz vor dem Ende erwähnt:
"The APU hot battery bus powers individual equipment items such as:
- IRU left, center, right DC power
- left and right outflow valves
- APU inlet door, APU controller (primary)."
Das ist der einzige auffindbare Hinweis dazu.


@nessie
Ob das ein Sicherheitsfeature ist, keine Ahnung. Evtl. wird die evacuation checklist bei manchen airlines als memory item also auswendig gemacht, dann würde der Kapitän die Triebwerke ausschalten und der FO cabin altitude auf manuell stellen und das outflow valve öffnen, was dann gleichzeitig passieren könnte. Wird die Liste gelesen, wird nie was gleichzeitig gemacht ;-)
Der Druckunterschied ist nicht groß und sollte nicht so lange dauert.
Der nächste Schritt wäre die Evakuierung...

Bei Evac gibts eigentlich kaum Memory items (Parking Break set, Attention Crew in Station, ATC informed, Groundcrew informed). Der Rest ist dann read an do.
Kann mir nicht vorstellen, dass jemand die ganze Liste als Memory abarbeitet. Man gewinnt ja nichts bis dahin.
Beitrag vom 10.07.2017 - 16:47 Uhr
Usergpower
User (1650 Beiträge)
@ Mikbe22.

Danke. Also max ca 8% Druckunterschied.Ok sollte ausreichen um bei einem Brand von aussen Rauch in die Kabine zu saugen.
Dachte es wird vor dem Start ein Überdruck erzeugt. Das würde doch einem "einsaugen" von Rauch widersprechen.
Beitrag vom 10.07.2017 - 17:22 Uhr
UserMeadowlands
User (335 Beiträge)
Praktisch wird die Kanine beim Start etwas "voraufgepumpt" um es nach dem Start für die Ohren angenehmer zu machen. Das war bisher bei allen Mustern so.
Beitrag vom 11.07.2017 - 01:07 Uhr
UserMuck
User (292 Beiträge)
Sperrig ist sehr übertrieben!

Es werden die Memory Items für Engine Fire gemacht, d.h. nach maximal 10 Sekunden ist die Treibstoffzufuhr in den brennenden Motor unterbrochen.

Danach wird die Evacuation Checkliste gemacht und hier dauert es auch nur etwa 10 Sekunden bis der zweite Motor ausgemacht wird.

Für Interessierte: Einfach bei Google Boeing 767 Checkliste Engine Fire bzw. Evacuation eingeben.
Beitrag vom 11.07.2017 - 01:40 Uhr
Userfbwlaie
User (4870 Beiträge)
"ground crew informed" - wofür? ATC kümmert sich nicht um MAYDAY einer übernommenen noch am Boden befindlichen Maschine?
Beitrag vom 11.07.2017 - 06:37 Uhr
UserNur_ein_Y_PAX
User (672 Beiträge)
@ gpower

Dachte es wird vor dem Start ein Überdruck erzeugt. Das würde doch einem "einsaugen" von Rauch widersprechen.

Wenn eine Maschine landet ist die Atmosphäre doch aus der Flughöhe anzugleichen und dort ist der Luftdruck niedriger als am Boden.In der Kabine herscht dann etwa der Luftdruck von 2 oder 3 km Höhe was zum Luftdruck der drausen auf Flughöhe herscht Überdruck bedeutet aber relative zum Luftdruck am Boden niedriger ist.

Wird jetzt beim Druckausgleich der Druck über den Aussendruck erhöht?

Dieser Beitrag wurde am 11.07.2017 06:37 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 11.07.2017 - 07:03 Uhr
UserPilot Response
User (357 Beiträge)
"ground crew informed" - wofür? ATC kümmert sich nicht um MAYDAY einer übernommenen noch am Boden befindlichen Maschine?

Wenn zum Beispiel etwas beim Push Back oder am Boden passiert, wo Ground Crew (Techniker, Pushback Fahrer, Fueler usw.) involviert sind. Für die beginnen auf diese Ansage eigene Verfahren, ähnlich wie bei der Cabin Crew.

Der leichte Überdruck der Kabine beim Start wird übrigens aus dem Grund erzeugt, dass man unbedingt einen negativen Differenzdruck (also Kabinendruck niedriger als Außendruck) vermeiden will. Dafür ist die Druckkabine nicht ausgelegt und sie könnte sonst auf Dauer beschädigt werden.

Dieser Beitrag wurde am 11.07.2017 07:04 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 11.07.2017 - 07:12 Uhr
Usermenschmeier
User (709 Beiträge)
@ gpower

Dachte es wird vor dem Start ein Überdruck erzeugt. Das würde doch einem "einsaugen" von Rauch widersprechen.

Wenn eine Maschine landet ist die Atmosphäre doch aus der Flughöhe anzugleichen und dort ist der Luftdruck niedriger als am Boden.In der Kabine herscht dann etwa der Luftdruck von 2 oder 3 km Höhe was zum Luftdruck der drausen auf Flughöhe herscht Überdruck bedeutet aber relative zum Luftdruck am Boden niedriger ist.

Wird jetzt beim Druckausgleich der Druck über den Aussendruck erhöht?

Das ist richtig, aber beim Start werden die Outflowvalves einmal für einen kurzem Moment komplett geschlossen um den Druck mittels Klimaanlage über das Aussenniveau zu bringen, danach nimmt er stetig mit steigender Flughöhe ab bis er das beschriebene Niveau von ca 2000-3000m erreicht. Dies muss bei einem Startabbruch natürlich rückgängig gemacht werden, was bei vielen Typen auch automatisch mit dem Einsetzen der Autobrake Funktion passiert. (Outflowvalves > fully open). Für die Ohren ist dieser minimale Druckausgleich des Startüberdruckaber auch fast nicht spürbar.

Sehen kannst du das auf der verlinkten Druckkurve. niedrigere Höhe = Höherer Druck.
 https://de.wikipedia.org/wiki/Druckkabine#/media/File:Climb_flight_profile.png

Die B767 ist da wohl ein etwas veraltetes Modell, da muss man das manuell machen.

Nebenbei erwähnt:
Bei einigen Flugzeugtypen reicht dieser Druck minimal höhere Druck sogar aus um die Türen gegen unbeabsichtigtes Öffnen zu sichern. Da wird die Tür ja in den Rumpf bedrückt und die Türemechanik ist so ausgelegt, dass sie die Kräfte nicht aufbringen kann, um dieses zu überwinden. (Das ist aber nicht bei allen Modellen so. Die A380 z.b.: Hat sogenannte Flightlocks die die Türmechnaiken elektrisch verriegeln, bis der Innendruck groß genug ist)
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