AUA vs Viennaline
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Austrian kämpft um Altenrhein

Peoples Business Airport
Luftbild Peoples Airport Altenrhein, © Flughafen St.Gallen
Dash-8 Q400 Austrian
Austrian Arrows Dash-8 Q400, © Gerhard Vysocan, edition airside
Peoples Viennaline
E170 Peoples Viennaline, © Peoples Viennaline

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WIEN / DORNBIRN - Als sich OeIAG und AUA-Syndikat 2008 unter der Last eines drohenden Megaverlustes von 480 Millionen Euro zur Privatisierung der Staatsairline durchrangen, drohte der eben 50 Jahre alt gewordenen Traditionsairline der Absturz zu einer regionalen 'Viennaline'. Aufgefangen von der Lufthansa blieb der AUA die Viennaline erspart, fürs Erste. Drei Jahre später hatte das Land Beides, seine gewohnte AUA (nun Austrian) UND eine Viennaline. Aber wozu?

Anders als ihr Vorbild ist die neue Viennaline nicht in Wien zu Haus, sondern in der Vorarlberger Textilstadt Dornbirn, und selbst das nur am Papier. De facto residiert Vorarlbergs neuester Flagcarrier (nach Rheintalflug und Intersky) im benachbarten Ausland, genauer am "Peoples Business Airport" Altenrhein, nahe St. Gallen in der Ostschweiz.

Prophylaxe statt Provisorium

Strategisch gesehen ist die neugegründete Peoples Luftfahrt GmbH und ihre Marke 'Peoples Viennaline' der Versuch des Dornbirner Unternehmers Markus Kopf den vor Jahresfrist erworbenen, ehemaligen Werksflughafen als Ostschweizer Regionalflughafen zu etablieren.

Linienmäßig fliegen darf man dort seit gut 20 Jahren nur mit einer Sondergenehmigung, und das auch nur nach Wien. Das soll sich ändern. Seit der Konkurrenz ab dem nahen Airport Friedrichshafen schwinden dem Altenrhein-Standbein Wien nämlich die Muskeln. Flogen 2001 auf der Strecke noch jährlich rund 100.000 Passgiere, so sank die Nachfrage 2010 auf rund 70.000. Jährlich gut 35.000 Fluggäste wählten inzwischen das Angebot von Intersky ab Friedrichshafen, und ein nicht unbeträchtlicher Teil per Intercityzug den nur rund eine Stunde entfernten Flughafen Zürich-Kloten. 

Verständlich die Reaktion von Platzhirsch Austrian: Die neugeborene Lufthansatochter reduzierte im letzten Juni die Flüge. Flog die AUA nach Erwerb von Rolf Seewald's Rheintalflug die Strecke noch sechsmal täglich, dreimal davon mit Embraer-Jets, sind es derzeit nur noch drei Flüge, am Sonntag gar nur einer.

Völlig unverständlich hingegen die Reaktion des Flughafens. Neueigentümer Kopf ging in die Offensive. Zunächst mit einer drastischen Gebührenerhöhung, und dann auch noch mit einer Kündigung des Altkunden AUA, vereinbarungsgemäß wie es von Peoples Seite hieß. Der Hintergrund: Der Peoples Airport will sich mit Gründung einer eigenen Airline seine Zukunft sichern, unabhängig von den Unabwegbarkeiten seines einzigen Airlinekunden.

Beinharter Wettbewerb am Boden wie in der Luft

Begründet oder nicht, Tatsache ist, durch die Beteiligung des Flughafens Wien am Bodenseeairport Friedrichshafen, und das Engagement der Bayern am Allgäu-Airport Memmingen werden in der Region die Karten neu gemischt.

Nicht geändert hat sich zunächst die Position der AUA. Der bei den Vorarlberger Kunden bestens eingeführte und schnell erreichbare Abflughafen steht nicht zur Disposition. Auch nicht die noch fünf Jahre geltenden Nutzungsverträge. Die AUA fliegt weiter, ab Sommer 2011 eben nicht mehr exklusiv, sondern gegen Mitbewerber 'Peoples Viennaline'. Ein von Finnair neuerworbener Embraerjet soll dann fast zeitgleich dreimal täglich nach Wien fliegen, schneller als Austrians Turboprops und zu konkurrenzfähigen Preisen. 

Allen klar dürfte freilich sein, der Markt macht eine Verdoppelung des Angebots so schnell nicht mit. Das musste sich kürzlich auch AUA-Mitbewerber Flyniki in Innsbruck eingestehen, mit Dumpingpreisen gefüllte Flugzeugsitze geben auf Dauer nichts her. Mit Verdrängungswettbewerb macht keiner Kasse, zuletzt nicht mal die Passagiere.

AUA besteht auf Altenrhein

Auf der heutigen Pressekonferenz in Dornbirn ging nun auch Austrian in die Offensive. Mit Anschlussflügen zu weltweit 130 Zielen hat der Altenrheiner Stammkunde fast unschlagbare Karten, und mit 98,7 Prozent Verlässlichkeit und einer Pünktlichkeitsrate von 90,5 Prozent (Abflüge Altenrhein 2010) vor Ort auch einen unschlagbaren Ruf. AUA-Vorstand Andreas Bierwirth ließ am Willen seiner Airline keine Zweifel: "Wir bleiben, die AUA läßt sich nicht verdrängen". 

Ob Peoples Jetkomfort ausreicht, gegen die AUA im reinen Lokalverkehr täglich 200 Sitze voll zu kriegen, wird sich zeigen. Selbst Anschlussflüge mit Air Berlin nach Deutschland würden nur wenig ändern, mit seinen Direktflügen ab Friedrichshafen hat auch Drittbewerber Intersky ein (fast) unschlagbares Angebot. Peoples Unabhängigkeit könnte schnell wieder vom Goodwill der AUA abhängen, bleibt sie, bleibt Altenrhein auf absehbare Zeit ein Regionalflughafen, geht sie (mit vollem Angebot nach Friedrichshafen), könnte das am Altenrhein schnell unabsehbare Folgen haben.
© Bob Gedat, edition airside / aero.at | Abb.: Peoples airport | 11.03.2011 14:06


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