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Lufthansa vor dem Job-Gipfel

Lufthansa Airbus A320
Lufthansa Airbus A320, © world-of-aviation.de Björn Schmitt Aviation Photography

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FRANKFURT - Pünktlich zum ersten Advent ist bei der Lufthansa ein Hoffnungsschimmer erschienen. Der von Dauerstreiks gebeutelte Luftverkehrskonzern hat am Wochenende mit der Gewerkschaft Verdi einen ersten Tarifabschluss gezimmert, der die wichtige Zukunftsfrage der Betriebsrenten regelt.

Kommen nun auch Einigungen mit den Spartengewerkschaften für die Piloten und die Flugbegleiter zustande, die dem Konzern in den vergangenen zwei Jahren schon 14 Streikrunden geliefert haben? Vor dem für diesen Mittwoch angesetzten "Jobgipfel" halten sich die Parteien recht bedeckt, mit schnellen Lösungen ist jedenfalls nicht zu rechnen.

"Ich habe schon einige Fragen an Verdi zum Termin des Abschlusses und zu den Inhalten", sagt der Chef der Kabinengewerkschaft Ufo, Nicoley Baublies. Doch die wolle er zunächst der Verhandlungsführerin Christine Behle stellen, bevor darüber im Betrieb oder gar in einer breiteren Öffentlichkeit diskutiert werden könne.

Nahezu geräuschlos hatte Behle am Freitag und Samstag mit der Lufthansa-Personalchefin Bettina Volkens einen umfassenden Abschluss verhandelt. Das auf 33 Monate festgeschriebene Ergebnis setzt Baublies und seine Ufo ebenso unter Druck wie die Piloten der Vereinigung Cockpit (VC).

Die Vereinbarungen zum Gehalt sind dabei Nebensache: Verdi hat erstmals akzeptiert, dass Neueingestellte nur noch feste Rentenbeiträge von der Lufthansa erhalten statt wie bislang garantierte Renten. Und den 33.000 Bestandskräften wird ein Eigenbeitrag von 1 Prozent vom Brutto abverlangt, um das bisherige Niveau ihrer Betriebsrenten zu sichern. Lufthansa spart bares Geld und muss das Zinsrisiko nicht mehr in ihrer Bilanz absichern.

Baublies hat sich in der Vergangenheit strikt gegen zusätzliche Belastungen der rund 19.000 Flugbegleiter gewandt und dezidiert eine Schlechterstellung neuer Kollegen abgelehnt. Das setze wegen der innerbetrieblichen Konkurrenz eine Abwärtsspirale in Gang, die nicht aufzuhalten sei. Dass Verdi nun vorgeprescht ist, hat bei Ufo zu deutlicher Verstimmung geführt.

"Tritt in die Kniekehle"

Von einem "Tritt in die Kniekehle" ist in Gewerkschaftskreisen die Rede und von der Notwendigkeit, die Belegschaft bald über die angeblichen Webfehler des Verdi-Abschlusses zu informieren. Im Hintergrund taucht wieder die Idee der Industriegewerkschaft Luftverkehr (IGL) auf, mit der Baublies der Verdi auch in den Bereichen Catering, Technik und Bodendienste das Terrain streitig machen will.

Die Piloten wollen den Abschluss des Bodenpersonals vorerst nicht kommentieren. Ihre Problemlagen seien ohnehin ganz andere, sagt das VC-Tarifkommissionsmitglied Jörg Handwerg. Er meint damit insbesondere die gut dotierte Übergangsversorgung, die bislang älteren Piloten den vorzeitigen Abschied aus dem Cockpit leicht macht.

Im Schnitt verlassen sie derzeit mit 59 Jahren und damit sechs Jahre früher als gesetzlich vorgeschrieben ihre Jobs. Lufthansa zahlt bis zur gesetzlichen Rente 60 Prozent des Grundgehalts, was nach ihren Beispielrechnungen gut 120.000 Euro im Jahr ausmachen kann.

Im Unternehmen ist zu hören, dass die Piloten in der Tendenz wieder früher aufhören wollen, um jüngeren Kollegen noch die Beförderung zum Kapitän zu ermöglichen. Die sind bei der Lufthansa-Kerngesellschaft wegen der tendenziell schrumpfenden Flotte inzwischen ziemlich rar gesät. Die Stewardessen wollen hingegen eher länger fliegen, um ihre Rentenansprüche zu verbessern.

Man betreibe wegen der hohen Kosten derzeit 25 Flugzeuge mit 5.000 Jobs weniger als geplant, hat Lufthansa-Chef Carsten Spohr gerade dem "Focus" gesagt. Auch das ist ein prima Thema für den in Frankfurt geplanten "Jobgipfel", zu dem Lufthansa alle drei Gewerkschaften eingeladen hat. Dort soll nach der Aufsichtsratssitzung ohne festgelegte Tagesordnung über alles gesprochen werden, was Auswirkungen auf die Jobs im Konzern haben könnte.
© aero.de, dpa-AFX | Abb.: world-of-aviation.de, Björn Schmitt Aviation Photography | 01.12.2015 06:49

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Beitrag vom 02.12.2015 - 08:45 Uhr
Es gab eine, noch gültige da sehr langfristig, Jobgarantie bei der LSG in der vorletzten Runde. Die wurde mit Gegenleistungen, U Tage, Gehaltsverzicht, erkauft. Betrifft aber die anderen am Boden nicht.

Was für mich immer noch nicht zusammen passt, ist das Argument marktübliche Kosten Boden und das Mantra Kosten sind zu hoch. Die Flieger liegen im Benchmak nicht so weit von den Wettbewerbern als das sie alleine für die hohen Kosten verantwortlich wären. Selbst wenn man hier eine signifikante Einsparung erzielen würde, der Marge insgesamt würde es nur unwesentlich helfen.

Auch wenn der Boden (ich meine Passagedienste) seinen Beitrag geleistet hat war der Jobkahlschlag hier besonders hoch.

Ich sehe den KTV Konflikt eher als eine Prinzipiensache als eine wirkliche Kostensache. VC ist bereit zu den jeweiligen Bedingungen der Tochter zu arbeiten, wenn es dafür eine Austauschbarkeit und somit Jobperspektive gibt. Auch in der AV/ÜV gibt es Einigungsangebote. Das sollte zu lösen sein, wenn man denn will.

Durch den Abschluß mit Verdi ist eher Druck in das ganze System gekommen. UFO/VC muss besser sein als Verdi, besonders UFO. LH muss billiger abschliessen um ILG zu verhindern.



Dieser Beitrag wurde am 02.12.2015 08:45 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 02.12.2015 - 08:14 Uhr
Es ist recht unbekannt, dass es für den Boden einen ver.di-Tarifvertrag zur Jobsicherung gibt. Zusätzlich wurde ja zumindest eine Selbstverpflichtung des Vorstands zur Abnahme von Konzernleistungen bei Wings erzielt.

Das ver.di-Modell zur Altersvorsorge wurde über mehrere Jahre ausgearbeitet, um etwas um Repertoire zu haben, wenn es nötig wird, was dieses Jahr dann eingetreten ist. Es ist dann selbst für Lufthansa schwierig, eine Umstellung abzulehnen, die sie viel spart, auch wenn es den Beschäftigten nicht weh tut.

Ein Vergleich zwischen den Altersvorsorgesystemen des fliegenden Personals und des Bodens ist ein wenig wie der sprichwörtliche Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen: Da ist beispielsweise die Übergangsversorgung, die es am Boden nicht gibt. Beim Cockpit muss man das Lohnniveau und die Bewertungsmodalitäten von Einkommen über der Beitragsbemessungsgrenze für die Altersvorsorge betrachten: hieraus ergibt sich, dass die Rückstellungen für einen Piloten im Schnitt etwa neun mal so hoch sind, wie für einen Bodenmitarbeiter.
In der Kabine machen die Übergangsversorgung und die Fluktuationen der Mitarbeiter einen gewaltigen Unterschied.
Es ist also schlicht nicht möglich, den Abschluss des Bodens 1:1 "in die Luft" zu übertragen!

Was die Befürchtung des billig verkaufen Bodens angeht, kann ich Sie beruhigen: das ist nicht geschehen. In der Vergangenheit haben wir unseren Beitrag zu Einsparungen vielfach geleistet. Wir sind billiger und produktiver geworden und bieten bereits das so viel beschworene "marktübliche Preisniveau". Und auch wenn Franz meinte, "die Zitrone sei nie ausgepresst", musste Lufthansa wohl anerkennen, dass sie sie nicht weiter auspressen sollten, wenn sie ihre "Zitrone" behalten wollen. Ich habe den Eindruck, dass LH-seitig zumindest in ein paar hellen Momenten gesehen wurde, dass Mitarbeiter nötig sind, um Luftfahrt zu betreiben.
Beitrag vom 02.12.2015 - 07:35 Uhr

Dann ist das Thema Boden für die Flieger echt durch. SCHNITT.


Als wäre der Boden in den letzten 15 Jahren in irgendeiner Weise relevant für die Flieger gewesen ...


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