Grounding
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FAA nimmt Boeing 787 wegen Batterie-Problem aus dem Verkehr

Boeing 787 Dreamliner
Boeing 787 Dreamliner, © The Boeing Company
Überhitzte Lithium-Ionen-Batterie
Überhitzte Lithium-Ionen-Batterie, © NTSB

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WASHINGTON - Die gesamte Boeing 787-Flotte muss nach einer Reihe von Pannen in den Vereinigten Staaten vorerst am Boden bleiben. Die Luftfahrtbehörde FAA hat diese Anordnung für die in den USA registrierten Maschinen am späten Mittwoch in Washington erlassen. Als Grund nannte sie das Risiko eines Feuers durch die eingebauten Batterien. Direkt vorausgegangen war eine Notlandung eines Dreamliners in Japan, nachdem eine Batterie geschmort hatte.

Die beiden japanischen Fluglinien All Nippon Airways und Japan Airlines hatten daraufhin für Mittwoch und Donnerstag alle Flüge mit dem Langstreckenjet gestrichen. In der Vorwoche hatte eine Batterie eines am Boden stehenden Dreamliners in Boston überhitzt.

Bislang hat Boeing 50 Dreamliner ausgeliefert, die Hälfte davon ging nach Japan. In den USA fliegt bislang nur United Airlines das Modell und ist entsprechend von der FAA-Anordnung betroffen. Die sechs Maschinen dürften erst dann wieder abheben, wenn die Fluggesellschaft gegenüber der Luftfahrtbehörde nachgewiesen habe, dass die Batterien sicher seien, erklärte die FAA.

Das letzte Grounding eines Passagierflugzeugs durch die FAA liegt bereits Jahrzehnte zurück. Es betraf die DC-10, nachdem im Mai 1979 eine Maschine dieses Typs von American Airlines nach dem Start am Flughafen Chicago O`Hare abgestürzt war, weil sich ein Triebwerk von der Tragfläche gelöst hatte.

Boeing Vorstandschef Jim McNerney hatte sich am Mittwoch persönlich mit Vertretern der FAA getroffen, um die Lage zu erörtern. "Wir werden alle verfügbaren Ressourcen des Unternehmens auf dieses Thema konzentrieren", erklärte Boeing.

Die FAA will nun mit Boeing und den Fluggesellschaften zusammenarbeiten, um schnellstmöglich die Ursachen der Überhitzungen und eine Lösung für das Batterieproblem zu finden. Das könnte aber nicht ganz einfach werden.

Die hochmoderne 787 ist als "all electric aircraft" entwickelt worden und mehr noch als ältere Modelle auf Strom angewiesen. Viele hydraulische Systeme wurden durch Computersteuerungen ersetzt. Anstelle eines konventionellen Zapfluftsystems verfügt die 787 über eine vollelektrische APU, die alle Systeme mit Strom versorgt. Bei abgeschalteten Triebwerken ist das System auf leistungsstarke Batterien angewiesen.

Untersuchung könnte sich über Monate hinziehen

Bei den Batterien handelt es sich um zwei Hochleistungs-Lithium-Ionen-Akkus des japanischen Herstellers GS Yuasa, von denen einer im Bug und einer im Heck der 787 installiert ist. Die Ursachenforschung zu den nun mehrfach aufgetretenen Batterieproblemen könnte sich über Monate hinziehen.

"Wir werden uns zuerst die Batterien ansehen, müssen aber auch feststellen, ob es allein an den Batterien liegt oder ob das Problem am gesamten elektrischen System hängt", zitiert "Bloomberg" einen Sprecher des Unternehmens. "Daher müssen wir das gesamte System überprüfen."

Weitere wichtige Zuliefer für die bordeigene Stromversorgung sind der französische Thales-Konzern und die US Firma Meggitt/Securaplane. Securaplane hatte 2006, dem Vernehmen nach bei bei Ladetests mit 787-Batterien, einen Zwischenfall. Eine Testhalle des Unternehmens in Tuscon (Arizona) brannte dabei ab.

Die Boeing 787 ist das erste große Verkehrsflugzeug, das Lithium-Ionen-Akkus als Teil seiner Stromversorgung an Bord hat. Die Technologie wird aber auch bei Business Jets verwendet. Der erste mit diesen Batterien zugelassene Jet war die Cessna CJ4, die seit drei Jahren ausgeliefert wird. Auch bei den neuen Business Jet-Serien Embraer Legacy 450/500 und Gulfstream G650 fliegen solche Akkus mit.

Den Gründen für die Brandgefahr bei den Batterien der 787 werde bereits nachgegangen, erklärte die FAA. Sie hatte erst in der vergangenen Woche eine weitreichende Untersuchung vor allem der elektrischen und mechanischen Systeme gestartet, nachdem sich die Pannen gehäuft hatten. Die leichten Verbundwerkstoffe, aus denen der Dreamliner besteht, machen dagegen bislang keine Probleme.

Dreamliner-Flotte weltweit am Boden

Die FAA erklärte, andere Flugaufsichtsbehörden weltweit zu informieren, damit auch diese Maßnahmen ergreifen könnten. US-Experten sind zudem bereits unterwegs nach Japan, um den dortigen Pannenflieger unter die Lupe zu nehmen.

DIn Europa fliegt bislang nur LOT Polish Airlines mit der 787. Air Berlin hat aber 15 Stück bestellt. Tui Travel will 13 Maschinen abnehmen. Insgesamt liegen Boeing rund 800 Bestellungen für die jeweils etwa 200 Millionen Dollar teuren Flieger vor. Die Aktie des Airbus-Rivalen fiel nachbörslich um weitere 2 Prozent.

Nach der Entscheidung der FAA nahm am Donnerstagmorgen auch Air India seine 787 aus dem Flugplan. Air India-Chef Rohit Nandan sagte der Zeitung "Times Of India": Im Einklang mit der FAA-Anweisung habe Air India entschieden, die Maschinen vorerst für Überprüfungen aus dem Verkehr ziehen.

Auch die Luftfahrtbehörde von Japan schloss sich der FAA an und verhängte ein Grounding über die 17 787 von All Nippon Airways und die neun Flugzeuge von Japan Airlines. In Chile steht die 787 ebenfalls am Boden. LOT, die gestern noch ihren ersten Langstreckenflug mit der 787 nach Chicago starten ließ, hält den Dreamliner jetzt auch am Boden - der Rückflug aus den Vereinigten Staaten wurde abgesagt.

Am Donnerstagmorgen übernahm schließlich auch die europäische Luftfahrtaufsicht EASA die Anweisung der Amerikaner und verhängte ein Startverbot für die 787.
© aero.de, dpa-AFX | Abb.: The Boeing Company | 17.01.2013 06:04

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Beitrag vom 17.01.2013 - 14:54 Uhr
@Strato: A350 wird LH wohl auch bestellen, aber für die 787-10 sollen sie dieses Jahr eig einer der Erstkunden warten. Google einfach mal für die Gerüchteküchte dazu :)

@adorelerock: Gab damals viele Befürworter eines Groundings. Letztlich kam dem zuvor, dass eine Maschine doch noch irgendiwe landen konnte und von Boeing dann in alle Einzelteile zerlegt wurde, bis sie den Defekt gefunden hatten. Immerhin weiß man bei der 787, woran man arbeiten muss.
Beitrag vom 17.01.2013 - 12:43 Uhr
Hätte ja mit einigem gerechnet, aber nicht mit einem Grounding. Als Anfang der 90er eine ganze Reihe 737 wegen der defekten Rudder-Schaltung abgestürzt sind, gab es kein Grounding. Da müssen FAA und Boeing schon extrem kalte Füße bekommen haben.

Es ist aber auch wesentlich schwieriger das meistverkaufste Flugzeug nach Jahren in Betrieb weltweit zu Grounden, das hatte damals schon starken Einfluss auf die Entscheidungen. Mal ganz ehrlich das sind 4 Flieger vom Himmel gekratzt und alle auf die selbe weise, aber keine wusste was außer das es kein Einzelfall sein kann und das es aus dem nichts heraus kommt.
Ich halte das Grounding für richtig und hätte mir damals eins gewünscht. Auch wenn es das schlimmste für den Hersteller ist, das gehört dazu Safety First!
Beitrag vom 17.01.2013 - 12:18 Uhr
Also meines Wissens gab es weltweite Groundings eines Modells erst dreimal: Bei der deHavilland Comet Ende der 50er Jahre, bei der DC-10 Ende der 70er und zu Beginn des 21. Jahrhunderts bei der Concorde.

Bei der DC-10 war es ja letztlich unbegründet, aber es ja zu einem fatalen Imageschaden für das Modell geführt. Ich könnte mir vorstellen, dass man in Seattle gerade ganz schön zittert. Und Airbus kann man nur die Daumen drücken dafür, dass es mit der A350 anders läuft.


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