Nachtflugverbot
Älter als 7 Tage

Platzeck-Kehrtwende macht BER endgültig zur Farce

Flughafen Berlin Brandenburg
Luftaufnahme des neuen Flughafens Berlin Brandenburg, © Berliner Flughäfen

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POTSDAM - Der neue Hauptstadtflughafen ist noch längst nicht in Betrieb. Weil die Planungs- und Baumängel so groß sind, gibt es nicht einmal mehr einen Termin für die Eröffnung. In dieser Situation hat der Brandenburger Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) eine Kehrtwende vollzogen, die das Projekt noch schwieriger machen könnte. Offensiv vertritt er plötzlich die Interessen der Anwohner im Umkreis des Flughafens.

Das ist besonders brisant, weil er seit fünf Wochen Vorsitzender des Flughafen-Aufsichtsrats ist und nach einer Kostenexplosion auf mindestens 4,3 Milliarden Euro besonders auf die Wirtschaftlichkeit des bislang missglückten Vorhabens achten muss.

Noch im Dezember schien das Schicksal einer Initiative für mehr Nachtruhe besiegelt. Zwar hatten sich weit mehr als 100.000 Bürger für ein striktes Flugverbot ausgesprochen und damit dem ersten Volksbegehren in Brandenburgs Geschichte zum Erfolg verholfen. Die rot-rote Landesregierung mit Platzeck an der Spitze gab dem Anliegen jedoch kaum eine Chance.

Der 59-Jährige sagte zu der Abstimmung: "Das ist das erwartbare Signal aus der Flughafenregion und Ausdruck lebendiger Demokratie. Rund fünf Prozent der Wahlbürger haben sich klar artikuliert." Will sagen: Das Votum sei aus der Sicht unmittelbarer Anwohner verständlich, stehe aber nicht für eine Mehrheit in der Bevölkerung.

Nun soll alles anders sein. "Ich werde mich bemühen, Regelungen zu finden, die am Ende für mehr Nachtruhe sorgen", sagte Platzeck am Dienstag. Brandenburgs SPD-Fraktionschef Ralf Holzschuher präzisierte tags darauf nach einem Treffen mit dem Koalitionspartner Linke und den Initiatoren des Volksbegehrens: "Nachtzeiten hat das Bundesverwaltungsgericht auch einmal so definiert, 22.00 bis 6.00 Uhr, das heißt, das ist erst mal der Auftrag."

Damit machte er sich zu eigen, was die Befürworter eines schärferen Nachtflugverbots fordern. Nach jetzigem Stand soll für die Zeit zwischen 0.00 und 5.00 ein strenges Verbot gelten.

Nicht alle nehmen Platzeck den Kurswechsel ab. Manche halten ihn für taktisches Kalkül vor der Landtagswahl im nächsten Jahr, wobei unklar ist, worin dieses bestünde. Denn für einen Erfolg des von den Nachtflug-Gegnern angedrohten Volksentscheids wäre eine Mehrheit von mindestens einem Viertel der Stimmberechtigten nötig, derzeit etwa 530 000 - ein nur schwer erreichbares Ziel. Platzeck hätte also auch Kurs halten können. In einer eilig verbreiteten Videobotschaft argumentiert er, die Spaltung des Landes beim Thema Nachtflugverbot nicht vertiefen zu wollen.

Wirtschaft und Tourismus befürchten jedenfalls bei kürzeren Öffnungszeiten einen neuen schweren Rückschlag für den "Fluchhafen" und die Metropole Berlin. Platzeck liegt nun auch im Clinch mit seinem Parteifreund Klaus Wowereit, dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, der bis Januar dem Flughafen-Aufsichtsrat anführte und für mangelnde Kontrolle verantwortlich gemacht wurde.

"Ich halte das für fatal für die Weiterentwicklung des Flughafens und der gesamten Region", sagte Wowereit am Donnerstag im Abgeordnetenhaus. Ein Nachtflugverbot von 22.00 bis 6.00 Uhr würde die Konkurrenzfähigkeit des Flughafens im internationalen Vergleich gefährden, selbst innerhalb Europas. Das sei bisher gemeinsame Position aller drei Gesellschafter Berlin, Brandenburg und Bund gewesen. "Ich bedauere es außerordentlich, dass Brandenburg diese gemeinsame Position verlassen hat." Dort sehen SPD und Linke die Lösung in einer bundes- oder gar europaweiten Regelung des Nachtflugverbots - eine Auffassung, die der Bund strikt zurückweist.

Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) warnt vor einer Ausweitung des Nachtflugverbots am künftigen Flughafen Berlin Brandenburg. Damit würde sich Berlin vom Anspruch eines Hauptstadtflughafens verabschieden, sagte BDL-Präsident Klaus-Peter Siegloch der "Bild"-Zeitung (Donnerstag).
© aero.de, dpa-AFX | Abb.: Flughafen Berlin Brandenburg | 21.02.2013 17:49

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Beitrag vom 22.02.2013 - 12:33 Uhr
Es fehlt der deutschen Industrie nicht am Know-how, absolut nicht! Wer sowas erzählt hat keine Ahnung! FRA und MUC beweisen dies als Flughäfen jedes Jahr! Es gibt auch andere Beispiele... BER läuft schief, weil hier kein privater Entwickler dran war, sondern die öffentlichen Stellen planen! D.h. also, dass die Beamten der Baubehörden hier ihre eigenen Vorschriften missachtet haben. Weswegen die Mängle jetzt auch dementsprechend gross sind.... Derweil ging die neue bahn und Pier A+ in FRA in Betrieb, und bald geht Satellit 2A in MUC in Betrieb und dort auch noch später eine dritte Bahn... kein Know-how? Lächerlich!
Beitrag vom 22.02.2013 - 09:37 Uhr
Also wenn ich das so alles verfolge kommt mir der Gedanke den Leuten vielleicht helfen zu müssen. Es gibt doch da so Selbshilfegruppen unter Psychologischer Pflege. Die tollen Herren des Aufsichtsrates dort Zwangsanmelden. Ich Spende auch freiwillig für die Behandlung da diese Patienten die Kosten selbst nicht aufbringen können bei dem "Ehrenamt" was sie dort ausführen.
Jeder kleinste Unternehmer würde nicht auf solche Ideen kommen aber Politiker schaffen das eben immer wieder. Sozusagen Dauerzustand des Wahnsinns.
Nehmt den Leuten das Steuergeld aus der Hand und stellt Wirtschaftler endlich hin !
Persönlich Haftung mit vollem Gesamtvermögen als Grundsatz für Aufsichtsräte !
Beitrag vom 22.02.2013 - 09:12 Uhr
Jetzt sollen weitere Abermilliarden (!!) versenkt werden, aber auch die werden nur den Bach runtergehen, dabei liegt die Lösung doch so nah:

BER abreißen, die bestehenden Flughäfen weiter nutzen und bei Kapazitätsengpässen Tempelhof wieder aktivieren.

Tja, Tempelhof hat man mit der Außerbetriebnahme entgültig stillgelegt. Eine neuerliche Zulassung würde an den strengeren Richtlinien scheitern.
Ich denke nicht, dass der jetzige Dauerbetrieb von Tegel am Limit ein guter Zustand ist. Die angesprochenen Kapazitätsengpässe existieren nämlich schon lange. Von der Belastung der nicht ganz unwesentlichen Anzahl der Stadtbewohner mit dem Dauerlärm mal zu schweigen.
Also leider: Deine Lösung ist keine.


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