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Sind Europas Heimatmarken noch zeitgemäß?

WIEN - Im Europa der Regionen prägen nach wie vor "Fahnenträger" die Verkehrsluftfahrt, auch wenn ihre Heimatmärkte längst länderübergreifend sind. Überdauern Europas klangvolle Herkunftsmarken den Trend zu "kreativen" Neuschöpfungen aus der Retorte?

Lufthansa verzichtet in ihrem Logo seit jeher und aus historischem Kontext auf Flaggenfarben. Den Spagat zwischen hanseatischer Weltoffenheit und nationaler Identität lösten die Gründerväter schon 1926 schön in der Marken-Formel "Deutsche Luft Hansa".

Entsprechend fällt es auch der heutigen Deutsche Lufthansa AG nicht schwer, ihre eigentlich gut aufgebaute Günstigmarke Germanwings zu Gunsten eines auf Eurowings vereinheitlichen Marktauftritts im Europaverkehr einzustellen.

Austrian Airbus A320
Austrian Airbus A320, © Ingo Lang

Andere Marken überdauern demgegenüber sogar internationale Fusionen. Im Airline-Verbund Air France-KLM setzen Air France und KLM Royal Dutch nach wie vor auf die Zugkraft ihrer Herkunft.

Und auch in der "International Airlines Group (IAG)" bleiben British Airways und Iberia in Wort und Bild Markenbotschafter ihrer Länder. Austrian, Swiss, Scandinavian und Turkish halten ebenfalls nicht mit ihrer Herkunft hinterm Berg.

Am Beispiel Austrian lässt sich dabei besonders gut ablesen, wie historisch gewachsene Beziehungen die Entwicklung der Märkte beeinflussen. Der Heimatmarkt von Österreichs Fahnenträger erstreckt sich schon lange nicht mehr vom Bodensee zum Neusiedlersee.

Fast einhundert Jahre nach Ende des Kaiserreichs versorgt Austrian heute das gesamte ehemalige Hoheitsgebiet der Österreichisch-Ungarischen Monarchie: von Galizien (Ukraine) bis tief in den Balkan (Bosnien), und von den Alpen bis zu den Karpaten.

Als regionaler Marktführer liegt Austrians Kernkompetenz wie auch ihr realer Heimatmarkt längst in Zentralosteuropa. Mit rund 100 Millionen Einwohnern übertrifft ihr heutiges Einzugsgebiet den Österreichmarkt potentiell um ein Zehnfaches. Dazu nutzen rund vier Fünftel von Austrians CEE-Kunden ihr Transitangebot in ihr weltweites Netz mit rund 130 Zielen.

In anderen Kleinmärkten wie Holland oder der Schweiz leben die Flagcarrier vom substanziellen Einzug aus ganz Europa. Ihr europaweites Transfersystem ist die wirtschaftliche Basis für eine flächendeckende Versorgung ihrer Heimatstandorte.

Neue Märkte, neue Namen

Fast alle Neugründungen der letzten Jahrzehnte verzichteten unterdessen auf eine regionale Identifikation. Teils entschied man sich für Gründernamen - wie Ryanair oder Niki - oder für Kunstbegriffe wie Easyjet, Wizzair und Vueling. Einzig Norwegian und Air Baltic wählten Herkunftsmarken.

Mit ihrem Mix aus paneuropäischen Angeboten und regionalen Schwerpunkten (Basen) haben vor allem die Lowcost-Airlines Europas Versorgungsstrukturen von Grund auf verändert.

Die "Klassiker" suchen Anschluss über Marken und Geschäftsmodelle, die sich an den Günstigfliegern orientieren. Ihr Europaverkehr gehört bald Eurowings, Vueling und Transavia. Der prestigeträchtigere Langstreckenverkehr bleibt den starken Heimatmarken vorbehalten.

Wie wirksam ist aber ein einzelner Austrian oder Swiss-Flug in Peking oder New York? Selbst ein kollektiver Auftritt unter der Dachmarke Lufthansa fände dort schnell seine natürlichen Grenzen. Marktrelevant bleiben die Heimatmarken vor allem in ihren Ursprungsländern.

Lufthansa, Austrian, Swiss, British Airways, Air France, KLM, Iberia und Alitalia sind zu Hause identitätsstiftende Instanzen, auf die niemand verzichten will.
© Bob Gedat, aero.at | Abb.: Ingo Lang | 20.03.2015 15:29

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Beitrag vom 23.03.2015 - 12:26 Uhr
Der KTV-Streit ist zwar nicht Thema dieses Blog, könnte aber durchaus Wirkung auf die künftige Aufteilung der Hubzubringer haben. Bereits heute feedert die (günstigere) Austrian im Auftrag der LH Frankfurt ab Innsbruck und Salzburg. Insgesamt stehen ab Österreich täglich noch weitere 24 Zubringerflüge ab Graz, Linz und Wien zur Disposition, die gegenwärtig von der (teureren) Lufthansa bedient werden. Insgesamt entspricht das der Kapazität von acht Maschinen zwischen E-Jets und A321. Dazu kommen 12 weitere Frequenzen, die schon heute von der AUA bedient werden. Macht 11 Maschinen, die ab AUT nach Frankfurt und München im Einsatz sind. Das hat hat durchaus substantielle Sparsubstanz, auf die der Konzern wohl nicht verzichten wird. Und daran würde auch die VC nichts ändern können.

@Oldblueeyes: Osteuropa - München 'operated by Austrian' ist tatsächlich weniger abenteuerlich als es sich anhört. Mit der regionalen Marktkomptenz der AUA und ihren Stückkosten wäre dies im Konzern ein konsequenter Schritt. Schrumpfen wird die AUA nicht, eher das Gegenteil, auch an ihrem Heimatstandort liegt noch viel Potential brach, vorausgesetzt der Konzern greift auch in Wien etwas tiefer in die Tasche.
Beitrag vom 22.03.2015 - 16:48 Uhr
Es ist leider so das Austrian in der Zukunft eher schrumpfen wird. Einige Hub and Spoke Verbindungen wurden von der LH Richtung MUC umgeleitet, um die Kundenströme auf grösseres Gerät umzuleiten. Auf der neuen Konkkurenz von Ryanair in BTS wird man vermutlich auch mit der Eurowingsmarke antworten. Die Fokkers werden nicht 1:1 von Embraers gelöst. Es sei denn, die LH wird die Nase voll von VC haben und den MUC Hub "operated by Austrian" betreiben.
Beitrag vom 22.03.2015 - 14:08 Uhr
Wizzair hat 2014 mit 15,8 Mio Pax abgeschlossen und ist hochprofitabel. Dazu werden sie an sämtlichen Standorte als Heimatairline gesehen, weil sie die Nr1 dort ist, während die AUA einmal am Tag nur ein paar Transferpaxe mitnimmt.
Das Geschäftsmodell der AUA basiert auf einem hochfrequenten Transfernetz mit sieben Transferknoten von 7h morgens bis 23h nachts. Entsprechennd werden auch in Osteuropa die Hauptstrecken bis zu fünfmal täglich bedient. Mit Anschlüssen zu weltweit 130 Zielen bedient die Austrian einen ganz anderen Markt als die auf niederfrequenten P2P-Verkehr ausgerichtete Wizzair. Keine Frage freilich, Wizzair ist in Osteuropa bärenstark.


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