Militärtransporter
Älter als 7 Tage

Airbus im Risiko – A400M wird endgültig zum Problemflieger

SEVILLA - Milliarden Euro Mehrkosten, ellenlange Mängellisten und jetzt auch noch ein Absturz mit vier Toten: Der Militär-Transportflieger A400M, einst ein Hoffnungsträger europäischer Streitkräfte, ist längst zum Pechvogel geworden. Weder die Steuerzahler noch Airbus haben viel Freude an dem Flugzeug.

Nur auf dem Papier sahen die Leistungen der A400M bislang glänzend aus. Der verunglückte Testflug in Südspanien könnte den Ruf des Flugzeugs noch weiter ramponieren.

Die A400M ist eines der bedeutendsten Rüstungsprojekte in Europa - und dringend benötigter Ersatz für die alten Transall-Maschinen der Bundeswehr. Airbus verspricht den Militärs bei der A400M nicht weniger als einen technischen Quantensprung.

Lasten von bis zu 37 Tonnen kann der Flieger transportieren, weit mehr als andere Modelle. Gepanzerte Fahrzeuge, Hubschrauber oder schweres Räumgerät soll er zum Einsatzort bringen, selbst bei voller Beladung soll er noch über 3000 Kilometer weit kommen. Die Maschine kann sogar auf dem Rücken fliegen, und für Start und Landung soll ihr eine kurze Graspiste von 1000 Metern genügen.

Thomas Wilhelm war der verantwortliche Testpilot beim Jungfernflug der ersten A400M der Luftwaffe am 14. Oktober 2014
Thomas Wilhelm war der verantwortliche Testpilot beim Jungfernflug der ersten A400M der Luftwaffe am 14. Oktober 2014 , © Airbus DS

Doch die ehrgeizigen Pläne brachten jahrelange Verzögerungen - und ein Milliardendesaster. Es hakte an allen Enden: den Triebwerken, der Elektronik, an der Stabilität des Rumpfs. Vor fünf Jahren, kurz nach dem Erstflug, brachten Mehrkosten von fünf Milliarden Euro das Projekt fast zum Platzen. Am Ende teilten sich Airbus und die sieben Erstbesteller den Mehraufwand, die Zahl der bestellten Flugzeuge wurde reduziert.

"So einen Vertrag wie beim A400M unterschreiben wir nie wieder", schimpfte Airbus-Chef Thomas Enders im Magazin "Cicero". Größter Abnehmer des Flugzeugs sind Deutschland und Frankreich, auch Großbritannien, Spanien, Luxemburg, Belgien und die Türkei gehören dazu. Außer ihnen hat bisher nur Malaysia vier Maschinen geordert.

Das abgestürzte Exemplar MSN23 sollte das dritte für die Türkei sein. Nach den Daten von flightradar24.com flog das Flugzeug kurz nach dem Start eine scharfe Linkskurve. Spanischen Medien zufolge kollidierte es wenig später mit einer Hochspannungsleitung - offenbar beim Versuch einer Notlandung. Von der Maschine sind nur noch verkohlte Trümmer übrig.

Der Absturz dürfte die Sorgen der Verteidigungspolitiker in den Partnerländern des Projekts noch vergrößern. Wie gravierend der Rückschlag für Airbus sein wird, dürfte maßgeblich davon abhängen, aus welcher Ursache die Maschine gleich nach dem Start in Sevilla abstürzte. Auch am Tag nach dem Unglück war noch unklar, ob dabei ein technisches Problem oder ein Pilotenfehler eine Rolle gespielt hatte - oder beides.

Auf den Absturz am Samstag reagierte die Bundeswehr sofort: Die einzige A400M, die bisher an die Deutsche Luftwaffe ausgeliefert wurde, soll bis zur Klärung der Unfallursache am Boden bleiben. Auch die Briten lassen ihre beiden Maschinen vorerst nicht mehr fliegen. Dabei benötigt Deutschland die bestellten viermotorigen Turboprop-Flugzeuge dringend. Die bisher genutzten Transall-Maschinen sind inzwischen bis zu 46 Jahre alt, und die Pannen häufen sich.

Immer wieder Probleme mit Triebwerken

Aber auch Airbus braucht bei der A400M dringend den Erfolg. An den bisher bestellten Maschinen verdient der Konzern keinen Cent. Neue Verzögerungen schlugen bei dem Hersteller 2014 zusätzlich mit mehr als einer halben Milliarde Euro zu Buche. Der Chef der Militärflugzeugsparte, Domingo Ureña-Raso, musste seinen Hut nehmen.

Für Verzögerungen im Programm sorgten die TP400-D6 Antriebe von Europrop International - einem Konsortium der europäischen Schwergewichte im Triebwerksbau ITP, MTU, Rolls-Royce und Snecma. Probleme bereitete unter anderem die äußerst komplexe Triebwerkssoftware. Antriebsversagen wird inzwischen als mögliche Ursache für den verheerenden Unfall vom Samstag gehandelt.

Insgesamt wurden bisher erst zwölf Maschinen ausgeliefert, in diesem Jahr sollten 14 bis 18 hinzukommen. Längst setzt Airbus alle Hoffnung darauf, dass die technischen Möglichkeiten der A400M auch Militärs anderer Staaten zu Großbestellungen animieren. Selbst die USA könnten Interesse zeigen, hieß es zwischenzeitlich. Für die nächsten 30 Jahre hielten Manager den Absatz von 400 bis 500 Maschinen für möglich.

Doch bei den Kunden sorgten die versprochenen Hightech-Leistungen bislang für Enttäuschung. Das Bundesverteidigungsministerium listete an Deutschlands erstem, mit vier Jahren Verspätung ausgelieferten Flugzeug 161 Mängel auf. So fehle ein Schutzsystem für gefährliche Einsätze, es gebe Einschränkungen beim Absetzen von Personal und Material sowie beim Tiefflug.

Auch das Landen auf unbefestigten Pisten sei nicht in der Weise möglich wie es eigentlich versprochen wurde. Das klingt nicht gerade nach einer Werbebotschaft für die A400M an Militärs in aller Welt.
© aero.de, dpa-AFX | Abb.: Airbus | 11.05.2015 08:31

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Beitrag vom 12.05.2015 - 17:19 Uhr
Nun bin ich zwar schon fast 20 Jahre in der Luftfahrtindustrie (Airworthiness), aber von sowas habe ich keine Ahnung, da weißt du mehr. Ich könnte mir zwar vorstellen, dass ganz andere Lösungen möglich wären (CV-22A, sind aber auch Propeller dran) oder schwenkbare Düsentriebwerke. ...>

Ein senkrechtstartendes Transportflugzeug mit schwenkbaren Düsen gab es tatsächlich: die Do-31. Sie ist zu bewundern in der Flugwerft Oberschleißheim (bei München) und ist Zeugnis der zurückgewonnen technologischen Fähigkeiten des deutschen Flugzeugbaus.

N.B.: Es wurden Anfang der 60er Jahre noch zwei weitere senkrechtstartende Flugzeuge in Deutschland entwickelt: die VAK 191 von VFW-Fokker als Erdkampflugzeug und die VJ 101 vom Entwicklungsring Süd als Überschalljäger

Jawohl, so schaut's aus und die DO-31 stand bei uns in Oberpfaffenhofen vorm Verwaltungsgebäude. Schade das man das Konzept nicht weiter verfolgt hat.

Ja, das ist wirklich schade! Vom Einsatzspektrum her wird dies heute wohl in etwa durch die V-22 Osprey abgedeckt.



Die Osprey war jedoch über fast Jahrzehnte ein Problemflieger mit zahlreichen Abstürzen während der Entwicklung. So richtig glücklich ist man mit dem Flieger beim amerikanischen Militär auch nicht gerade.
Beitrag vom 12.05.2015 - 10:20 Uhr
Nun bin ich zwar schon fast 20 Jahre in der Luftfahrtindustrie (Airworthiness), aber von sowas habe ich keine Ahnung, da weißt du mehr. Ich könnte mir zwar vorstellen, dass ganz andere Lösungen möglich wären (CV-22A, sind aber auch Propeller dran) oder schwenkbare Düsentriebwerke. ...>

Ein senkrechtstartendes Transportflugzeug mit schwenkbaren Düsen gab es tatsächlich: die Do-31. Sie ist zu bewundern in der Flugwerft Oberschleißheim (bei München) und ist Zeugnis der zurückgewonnen technologischen Fähigkeiten des deutschen Flugzeugbaus.

N.B.: Es wurden Anfang der 60er Jahre noch zwei weitere senkrechtstartende Flugzeuge in Deutschland entwickelt: die VAK 191 von VFW-Fokker als Erdkampflugzeug und die VJ 101 vom Entwicklungsring Süd als Überschalljäger

Jawohl, so schaut's aus und die DO-31 stand bei uns in Oberpfaffenhofen vorm Verwaltungsgebäude. Schade das man das Konzept nicht weiter verfolgt hat.

Ja, das ist wirklich schade! Vom Einsatzspektrum her wird dies heute wohl in etwa durch die V-22 Osprey abgedeckt.

Beitrag vom 12.05.2015 - 09:58 Uhr
Nun bin ich zwar schon fast 20 Jahre in der Luftfahrtindustrie (Airworthiness), aber von sowas habe ich keine Ahnung, da weißt du mehr. Ich könnte mir zwar vorstellen, dass ganz andere Lösungen möglich wären (CV-22A, sind aber auch Propeller dran) oder schwenkbare Düsentriebwerke. ...>

Ein senkrechtstartendes Transportflugzeug mit schwenkbaren Düsen gab es tatsächlich: die Do-31. Sie ist zu bewundern in der Flugwerft Oberschleißheim (bei München) und ist Zeugnis der zurückgewonnen technologischen Fähigkeiten des deutschen Flugzeugbaus.

N.B.: Es wurden Anfang der 60er Jahre noch zwei weitere senkrechtstartende Flugzeuge in Deutschland entwickelt: die VAK 191 von VFW-Fokker als Erdkampflugzeug und die VJ 101 vom Entwicklungsring Süd als Überschalljäger

Jawohl, so schaut's aus und die DO-31 stand bei uns in Oberpfaffenhofen vorm Verwaltungsgebäude. Schade das man das Konzept nicht weiter verfolgt hat.


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