Zehst
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Airbus-Patent: Überschall ohne lauten Knall

TOULOUSE - Der "Patent-Yogi" hat es entdeckt. In den jüngsten Datensätzen des US-Patentamts stieß der Inder Deepak Gupta auf die Nummer "US 9.079.661 B2". Hinter der Zahl verbirgt sich ein "ultraschnelles Luftfahrzeug" aus der Feder von Airbus-Ingenieuren.

Auf 17 Seiten offenbart sich der Entwicklertraum von einem neuen Passagierflieger jenseits der Schallgeschwindigkeit. Das Werk ist Teil von "Zehst", einem Projekt des europäischen Flugzeugbauers Airbus. Theoretisches Ziel der Entwicklung: ein Nachfolger für die legendäre Concorde.

Vor allem in Deutschland und Frankreich ist der Name des schlanken Überschall-Passagierflugzeugs nicht allein mit faszinierender Technik und kurzen Flugzeiten verbunden: Beim Absturz einer Concorde bei Paris am 25. Juli 2000 starben 113 Menschen, darunter 97 Deutsche.

2003 endete die offizielle Ära der Concorde nach 34 Jahren. Für die einzigen Betreiber British Airways und Air France wurde der Flieger zunehmend zu teuer, zu laut, zu wenig nachhaltig.

Doch der Traum bleibt: Von Paris nach Tokio in drei statt zwölf Stunden? London nach New York in 60 Minuten und nicht sieben Stunden? "Die Reduktion von Reisezeit für Passagiere ist und bleibt ein Schlüsselfaktor für die Entwicklung des weltweiten Luftverkehrssystems", heißt es bei Airbus zum neuen Flieger.

Geschwindigkeit allein reicht dabei nicht mehr. Zehst steht für "Zero Emission High-Speed Transport". Die Studie befasst sich auch mit dem Einsatz von Biokraftstoffen und Elektroenergie. Flugzeuge für die Mitte des Jahrtausends müssten steigende Normen bei Umwelt- oder Flughafenstandards erfüllen, heißt es darin.

Airbus Zehst, © PatentYogi

"Patent-Yogi" Gupta erläutert in einem anschaulichen Video, wie ein Concorde-Nachfolger bei Airbus funktionieren könnte. Der Inder ist Patentberater und nach eigenem Bekenntnis leidenschaftlich verbunden mit Wissenschaft und Technik.

Gupta spricht von einem "revolutionären Flugzeug, das jeden anderen Überschalljet weit hinter sich lässt" und "mit einer Geschwindigkeit von 4,5 Mach sogar die Concorde beschämt". Die war mit gut doppelter Schallgeschwindigkeit unterwegs.

Achterbahn-Flug

Für den Start dienen zwei Turbojets unter dem Rumpf. Sie werden nach der Startphase eingeklappt. Ein Raketentriebwerk bringt das Flugzeug anschließend in einer steilen Flugbahn auf rund 35.000 Kilometer Höhe.

Diese Flugposition sorgt dafür, das die Wellen des Überschallknalls sich parallel zur Erdoberfläche ausbreiten - vom Lärm kommt auf dem Boden nicht viel an. "Der von diesem Flugzeug erzeugte Überschallknall ist überraschend leiser als der der Concorde", erläutert Gupta.

Zwei Leitwerke an den Enden der - ähnlich wie bei der Concorde - deltaförmigen Tragflächen werden in dieser Phase hochgeklappt. Dies soll mehr Schub und Stabilität bringen. Das Flugzeug soll so auf die 4,5-fache Schallgeschwindigkeit beschleunigen. Auf Reisehöhe übernehmen dann zwei spezielle Staustrahltriebwerke den Antrieb.

Anschließend geht es wieder steil abwärts. Die Flugkurve entspricht für den Patent-Yogi damit "aus technischer Sicht der höchsten Achterbahn der Welt". Passagiere liegen deswegen in hängemattenartigen Sitzen quer zur Flugrichtung.

Zehst wurde bereits vor vier Jahren in Grundzügen vorgestellt. Nun kommt das wichtige Patent für Airbus in den USA hinzu. Der europäische Flugzeugbauer versucht aber, voreilige Erwartungen zu dämpfen. "Airbus Group und seine Sparten melden jedes Jahr Hunderte von Patenten an, um sich intellektuelles Eigentum zu sichern."

Diese Patente basierten häufig auf Konzepten und Ideen aus Forschung und Entwicklung in einem sehr frühen Konzeptstadium, heißt es in Toulouse. "Nicht jedes Patent entwickelt sich zu einer voll ausgearbeiteten Technologie oder einem Produkt." Ein bei Airbus genanntes Argument gegen eine Realisierung kannte schon Vorläufer EADS bei der Concorde: wirtschaftlich uninteressant, zu teuer und letztlich auch auf zu wenigen Strecken sinnvoll einsetzbar.
© aero.de, dpa-AFX | Abb.: Airbus, USPTO | 12.08.2015 16:20

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Beitrag vom 15.08.2015 - 11:06 Uhr
Warum machen große Firmen wie Airbus und Boeing solche Konzepte, von denen sie wissen, dass sie mit der heutigen Technik keine Aussicht auf Erfüllung haben?

Ganz einfach, falls jemand in der Patentphase auf die Idee kommen sollte, das zu probieren, kassieren sie enorme Lizenzgebühren.

Zu meine Zeit bei DA beliefen sich de Einnahmen aus Lizenzverkäufen auf mehrere Millionen im Jahr. Es gab eine kleine Abteilung die nichts anderes gemacht hat, als Patente zu beantragen. Da wurden einige MItarbeiter beschäftigt, die nichts weiter als Konzepte so zu dokumentieren, um diese als Patent einzureichen. DA hat damals pro Jahr schon einige hundert Patente eingereicht, die nur dazu dienten, etwaige Zukunftsentwicklungen schon patentiert zu haben. Das ist ganz leicht verdienstes Geld. Diese Konzepte kosten, ausser dem Lohn der MA dort, keine Entwicklungsgelder (es wird überhaupt nichts entwickelt) bringen mit unter aber ordentlich Geld in die Kassen. Natürlich muss die Firma groß geug sein, sich die "Leerbeschäftigung" von MA zu leisten.

Kurzum: Kein Grund sich aufzuregen und gegen solche Patente zu argumentieren, die werden nicht weiter verfolgt.
Beitrag vom 12.08.2015 - 18:24 Uhr
Dieses Konzept gehört für mich zu den Dingen, die die Welt nicht braucht. Auch ohne dem fatalen Absturz der Concorde, wäre das Muster auch sicher schon längst im Museum gelandet.
So schön sie auch war, die Concorde.

Betrachtet man die eng vernetzte Welt heutzutage, wüsste ich nicht, wozu man noch mit Mach 4+ von A nach B kommen muss. Das passt für mich einfach nicht mehr ins Bild für das Reisen in der Zukunft.

Ich könnte mir eher vorstellen, das man es in Zukunft wieder gemütlicher angehen lässt.
Dafür aber natürlich auch mit weniger Einsatz von Energie als heutzutage. Aber mit einem deutlichen plus an Ergonomie und dem Wohlfühlfaktor für den PAX.

Hybridkonzepte oder Solarkonzepte betrachte ich da eher als Fortschritt für den Passagiertransport. Mal sehen was die Zukunft bringt und schreibt. Aber das RAM-Air Konzept sehe ich höchstens kurzzeitig im Militär, im Übergang zum nächsten Zeitalter in der Luftfahrt.





Dieser Beitrag wurde am 12.08.2015 18:25 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 12.08.2015 - 17:03 Uhr
Es sind 35 000 Meter. Man möchte ja nicht mit Satelliten kollidieren.
Die Jet-Turbinen unter dem Rumpf wären allerdings sehr gefährdet. Die lassen sich doch sicher anderswo unterbringen.
Interessant wäre auch, wie der Treibstoffbedarf aussähe und die Verteilung der verschiedenen Treibstoffarten.


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