Erneut muss sich ein Air-Berlin-Chef der Frage stellen, was das Unternehmen noch vor der endgültigen Pleite retten kann. Pichler versucht es - wie seine Vorgänger Wolfgang Prock-Schauer und Hartmut Mehrdorn auch - mit einem Konzernumbau: neues Management, weniger Kosten, mehr Einnahmen.
Das ist nicht neu und hat in den vergangenen Jahren nicht den erhofften Erfolg gebracht. Immer wieder wurde vertröstet: Bald, bald werde alles besser. "Nach dem Sommer" gehe es los, sagt Pichler jetzt. Doch Experten glauben nicht an nachhaltige Besserung. "Saniert wird ja seit vielen Jahren", sagte Vermögensverwalter Georg Rankers bei n-tv. Die Problemzonen:
Das Geld
Mit einer Ausnahme fliegt Air Berlin seit sieben Jahren Verluste ein. Auch im ersten Halbjahr 2015 blieben unter dem Strich Verluste von 247,6 Millionen. Zuletzt hatte Pichler für 2016 einen Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) in Aussicht gestellt. Jetzt verliert er darüber kein Wort mehr.
Ein finanzielles Polster hat Air Berlin schon lange nicht mehr: Das Eigenkapital lag Ende Juni bei minus 575 Millionen Euro. Das Wort Insolvenz will der neue Finanzchef Arnd Schwierholz trotzdem nicht hören.
"Das hat damit nichts zu tun", betont er. Das Eigenkapital sei nur nach internationalen Bilanzierungsregeln negativ. Nach deutscher Rechnungslegung sei es bei den Gesellschaften positiv - "und das ist die wichtige Kennzahl".
Die Kosten
Die Aufwendungen pro Sitzplatz und Flugkilometer sind im ersten Halbjahr 2015 nach oben gegangen. Zwar war Kerosin vergleichsweise günstig. Doch Air Berlin flog teure Flughäfen mit hohen Gebühren an. Auch die Personalkosten stiegen. Dazu kamen Kosten für die Umrüstung auf eine Flotte nur aus Airbus-Fliegern.
Passagiere, Tickets, Strecken
Große Hoffnung liegt auf höheren Ticketpreisen. Gepäck ist bereits teurer geworden. Das Flugangebot hat Air Berlin im ersten Halbjahr um acht Prozent geschrumpft. Bald fallen unrentable Ziele womöglich ganz weg. Weil die Zahl der Passagiere nicht so stark zurückgeht, wie die der angebotenen Plätze, steigt die Auslastung. Doch Gesundschrumpfen ist endlich.
Das Geschäftsmodell
Hier liegt laut Pichler "das Grunddilemma". Es stand schon mehrmals auf dem Prüfstand, doch blieb es bisher immer bei jenem entschiedenen "Jein" zwischen Europaflügen, Touristikgeschäft und Langstrecke.
Air Berlin will gleichzeitig Billigflieger angreifen, Geschäftsreisende von der Lufthansa abwerben und ihre Position bei Urlaubsflügen verteidigen, mit denen sie groß wurde.
Gemeinsame Flüge
Diesen wichtigen Einnahmeposten hat Air Berlin nicht selbst in der Hand. Die gemeinsam vermarkteten Flüge mit dem Großaktionär Etihad sind überlebenswichtig - stehen aber auf der Kippe.
Das Abkommen über Landerechte mit den Vereinigten Arabischen Emiraten soll neu verhandelt werden. Gesprochen werde darüber im August, sagt Pichler. Ausgang ungewiss.
Der Rückhalt
Auf kräftige Finanzspritzen von Etihad konnte sich Air Berlin bisher immer verlassen. Der Staatsairline vom Golf geht es nicht nur um Rendite, sondern auch um eine Tür zum europäischen Markt. Sollten die gemeinsamen Flüge nun eingeschränkt werden, könnten die Araber das Interesse verlieren.
"Im Grundsatz unterstützt uns Etihad", betont Pichler. Doch von neuen Finanzspritzen sei erstmal nicht die Rede.
© dpa | Abb.: Dean Morley | 14.08.2015 08:12
Kommentare (15) Zur Startseite
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So war es nur zwangsläufig, dass bei AB die gleichen Fehler gemacht wurden, wie einst beim Selbstbedienungsladen LTU. Daher mussten auch alle Versuche scheitern, die Air Berlin in die Gewinnzone zu bringen.
Dazu kam auch noch der Klüngel in der Führungsetage. Denn Supermann Hunold hätte nie einen Fehler eingestanden, oder gar einen Kritiker neben sich geduldet - er scharrte nur Mitläufen um sich.
Und als Nichts mehr ging, wurden krampfhaft Investoren gesucht - das gleiche Muster wie bei LTU (oder wie war das mit Friedel Neubert und der West-LB?
Was nach Achim Hunold kam ist bekannt. Doch mit Herrn Pichler hat man der AB die Krone aufgesetzt - wobei wir wieder bei der Selbstüberschätzung wären. Also, wer wunderte sich da noch über das anfängliche Bla-Bla aus der neuen Führungsetage der AB? Zumal, auch vom neuen CEO die gleichen sinnlosen (weil ideenlosen) Konzepte kamen, wie sparen, Personalabbau, Gehälter reduzieren.
Schade nur, das es wieder einmal die Mitarbeiter treffen wird - aber auch das hatte bei der LTU schon eine lange Tradition.......
Falls es wirklich dazu kommt, dass AirBerlin zum Aufgeben gezwungen wird, frage ich mich, wer wird, wer kann diese Lücke schließen?
Ich denke vor allen an den Ferienverkehr z.B. nach Spanien, den Canaren, die Türkei, Ägypten mit den Abflügen von den regionalen deutschen Flugplätzen, der heute weitgehend von AB betrieben wird.
Ein "fetter Brocken" für Nachfolger wäre natürlich auch Mallorca.
Dieser Beitrag wurde am 17.08.2015 10:44 Uhr bearbeitet.
Falls Etihad nicht als vom Öl Abu Dabis hoch subventionierte Luftfahrtgesellschaft gelten soll, wird Hogan nicht umhinkommen, stark defizitäre Beteiligungen fallen zu lassen.
Andererseits weiß nur er, wie defizitär sein Engagement in den Beteiligungen ist.
Falls Etihad mehr Landerechte direkt bekommt, ist nur ein Frage der Zeit, bis AB in die Pleite rauscht.