Flug 4U-9525
Älter als 7 Tage

Ärztliche Schweigepflicht soll auf den Prüfstand

Stimmrekorder
Flug 4U-9525: Voice Recorder, © BEA

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PARIS - Französische Unfallexperten haben nach dem Germanwings-Absturz vor knapp einem Jahr Vorschläge zur medizinischen Kontrolle von Piloten erarbeitet. Sie wurden am Samstag in Bonn Angehörigen der Opfer vorgestellt. Der "Bild"-Zeitung zufolge wird empfohlen, die ärztliche Schweigepflicht auf den Prüfstand zu stellen.

Dadurch sollen Erkrankungen von Menschen in verantwortungsvollen Positionen frühzeitig erkannt und behandelt werden können.

Nach Erkenntnissen der Ermittler war der Copilot, der am 24. März 2015 eine Germanwings-Maschine in den französischen Alpen absichtlich zum Absturz gebracht hatte und 149 Menschen mit in den Tod riss, psychisch krank gewesen. In seinem Fall seien mehrere Ärzte über eine erneut aufgetretene depressive Episode informiert gewesen, schreibt die Zeitung. Sie hätten wegen ihrer Schweigepflicht aber weder die Lufthansa noch das Luftfahrtbundesamt informiert.

Am Sonntag wollen die Experten der Untersuchungsbehörde BEA in Paris ihren Abschlussbericht der Öffentlichkeit vorstellen. Am Samstag wurden bereits Angehörige in Bonn informiert.

Nach Informationen der Deutschen Presseagentur nahm die Frage, warum der Copilot überhaupt fliegen durfte, einen breiten Raum bei dieser Veranstaltung ein. Die BEA habe in diesem Zusammenhang zum Beispiel darüber informiert, dass die Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigungen des Copiloten, die bei Germanwings eingingen, nicht an den flugmedizinischen Dienst der Lufthansa weitergeleitet worden seien. So habe es auch keine Möglichkeit für den medizinischen Dienst gegeben, nachzufragen, warum er krank war.

Angehörige nannten Aussagen der Flugunfall-Experten beruhigend, nach denen kurz vor dem Aufprall der Maschine der Autopilot so eingestellt gewesen sei, dass die Passagiere das als normalen Sinkflug empfinden mussten. Auch sei ein auf dem Stimmrekorder zu hörendes heftiges Klopfen an die Cockpittür nicht von der Bordaxt gekommen. Außerdem habe der ausgesperrte Flugkapitän nicht in Richtung des Copiloten geschrien. Für die Angehörigen der Verstorbenen ist es von großem Interesse, wie die letzten Minuten vor dem Aufprall abliefen.

Im Bericht werden den Informationen zufolge auch Alternativen für den Türmechanismus der Cockpittür diskutiert. Der Copilot hatte sie verriegelt, als der Pilot das Cockpit kurz verließ. Sie hätte nur von ihm wieder geöffnet werden können.

Ein Mandant des Mönchengladbacher Anwalts Christof Wellens berichtete diesem, dass die Angehörigen "wenig Neues erfahren" hätten. Es ein sachlicher Bericht über die Untersuchungsergebnisse abgegeben worden. Wellens, der nach eigenen Angaben 34 Familien von Opfern vertritt, hatte am Freitag kritisiert, dass keine Anwälte zu der Informationsveranstaltung zugelassen wurden. 16 der 34 Familien hätten den Wunsch gehabt, dass er sie bei der Veranstaltung vertrete.

Die BEA ist dabei nicht für die juristische Aufarbeitung oder mögliche Schuldfragen zuständig, sondern für die sogenannte Sicherheitsuntersuchung.
© dpa | 12.03.2016 23:22

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Beitrag vom 14.03.2016 - 12:47 Uhr
@snowbird schrieb
Ich kenne Sie nicht, aber Ihre Beiträge geben mir das Gefühl, Piloten nicht zu mögen. Warum scheren Sie alle dieser Berufsgruppe zugehörigen (und ihren Fans) über einen Kamm?
Ich habe doch nichts gegen Piloten. Ich will doch sicher von A nach B geflogen werden. Nur habe ich was dagegen, das man (wie hier im Forum) oftmals von Piloten und ihren Fans belehrt wird, das sie was besseres sind, wenn es um ihre Privilegien geht. Hier hat aber eben ein Privilegierter etwas Schreckliches angestellt und plötzlich sind sie doch wieder wie jeder andere. Es geht aber nur eins von beiden und nicht das was man gerade braucht.

Dieser Beitrag wurde am 14.03.2016 12:47 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 14.03.2016 - 11:24 Uhr
@Gustl,
falls der Patient nicht zum Arzt geht bzw. zum "nächsten" Arzt geht, hilft auch die Aufhebeung der Schweigepflicht nicht weiter. Selbst eine Blut-, Urin-,...Untersuchung ist nur ein Blick in die Vergangenheit!

Der BEA bezieht sich da wohl auf die Untersuchung nach einem Unfall.
Da wollen die Ärzte aber nicht plötzlich in die Verantwortung gezerrt werden.
Die Androhung einer Anklage der Flugschule in den USA lässt doch bei jedem möglicherweise Tangierten die Bereitschaft zur Zusammenarbeit auf fast Null sinken.

Es ist mir bekannt, dass Psychologen ggf. vor "Schönheitsoperationen" aktiv werden.
Aus gutem Grund geht EDF zweigleisig vor: Finanzielle Absicherung und Behandlung/Überwachung. Welches Unternehmen kann sich das aber leisten...Da macht man lieber halbe Sache wie die französisdche Bahn!
Beitrag vom 14.03.2016 - 10:16 Uhr
@ FrequentC

Ich kenne Sie nicht, aber Ihre Beiträge geben mir das Gefühl, Piloten nicht zu mögen. Warum scheren Sie alle dieser Berufsgruppe zugehörigen (und ihren Fans) über einen Kamm?

@ Gustl

Sehr guter Beitrag!


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