Seestern in Daxing
Älter als 7 Tage

Peking zieht seinen neuen Megaairport im Eiltempo hoch

PEKING - Im Minutentakt donnern Laster und Betonmischer auf der Landstraße vorbei, bis sie vor einer Straßensperre abrupt bremsen. Sicherheitsleute kontrollieren Papiere, eine Schranke hebt sich und die rasante Fahrt der Trucks geht weiter.

So sieht es also aus, wenn in China ein neuer Hauptstadtflughafen gebaut wird, der alles bisher Dagewesene übertreffen soll. Niemand will hier Zeit verlieren: Im September 2015 begannen die Arbeiten an dem Bauwerk, das nach Angaben der Flughafengesellschaft bald das nach Fläche größte Flughafen-Terminal der Welt ist.

Flughafen Peking-Daxing
Flughafen Peking-Daxing, © Zaha Hadid Architects

Jetzt, eineinhalb Jahre später, ist im Pekinger Bezirk Daxing schon fast Halbzeit. Bis 2019 soll der "Seestern" mit seinen sechs charakteristischen Seitenarmen, die später zu den Flugzeugen führen werden, die Arbeit aufnehmen. Und anders als in Berlin kann man sich sicher sein, dass der Termin für den neuen Flughafen 60 Kilometer südlich vom Stadtzentrum wohl auch eingehalten wird.

Erst Ende Februar, so berichtete es die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua, inspizierte Chinas Präsident Xi Jinping die Großbaustelle persönlich und ließ sich versichern, dass es keine Verzögerungen geben werde. Allein das dürfte den Bauleitern genug Druck bereiten, damit tatsächlich pünktlich am 15. Juni 2019 die ersten Flieger abheben können.

100 Millionen Passagiere

Zunächst sollen 45 Millionen Passagiere jährlich abgefertigt werden, 2025 schon 72 Millionen Fluggäste. Später, nach einigen Erweiterungen, soll die Kapazität auf 100 Millionen Passagiere und 880.000 Flüge pro Jahr steigen. Die Allianz SkyTeam verlegt in Peking komplett nach Daxing.

Flughafen Peking-Daxing
Flughafen Peking-Daxing, © Zaha Hadid Architects

Auch für Sheng Guangyao, einem Urban-Forscher der Akademie der Sozialwissenschaft in Shanghai, steht fest, dass der Zeitplan des Mammut-Projektes auf jeden Fall eingehalten wird. "Europa ist entwickelt und hat es vielleicht nicht mehr so eilig", sagt der Wissenschaftler. In China aber wachse der Bedarf nach Flugreisen jährlich zweistellig. "Wenn die neue Infrastruktur nicht pünktlich fertig ist, gibt es Probleme."

Der bisherige Flughafen im Osten der Hauptstadt, der erst 2008 zu den Olympischen Spielen ein neues Terminal erhielt, platze schon jetzt aus allen Nähten.

Auch in anderen Teilen Chinas sieht es nicht anders aus. "Das Passagieraufkommen ist gewaltig", sagt Sheng Guangyao. China ist schon heute die Nation mit den meisten Flughäfen der Welt. Als in Berlin 2006 der Grundstein für den BER gelegt wurde, waren in China 140 Flughäfen in Betrieb. In der Zwischenzeit sind noch einmal knapp 60 dazugekommen.

124 neue Flughäfen bis 2025

Doch damit ist noch längst nicht das ganze Land versorgt: Bis 2025 sollen nach Plänen der Regierung noch einmal 124 neue Flughäfen entstehen. Airbus und Boeing sagen voraus, dass China die Vereinigten Staaten bald als größter Luftfahrtmarkt der Welt ablösen wird.

Vergangenes Jahr hob Boeing das vemutete Absatzpotenzial bei chinesischen Airlines auf 6.810 neue Flugzeuge in den nächsten 20 Jahren an.

Flughafen Peking-Daxing
Flughafen Peking-Daxing, © Zaha Hadid Architects

Eine veranschlagte Bauzeit von vier Jahren, wie für Pekings neuen Pracht-Flughafen, ist dabei allerdings die Ausnahme. "Nur bei den wichtigsten und größten Flughäfen dauert es so lange", sagt der chinesische Flughafen-Designer Fang Cheng. Im Durchschnitt würde der Bau lediglich zwei bis drei Jahre in Anspruch nehmen.

Anders als in Deutschland, wo die Interessen viele verschiedener Seiten unter einen Hut gebracht werden müssten, würden in China Großprojekte aus einer Hand geplant, sagt Sheng Guangyao. Deshalb seien sie effizienter, glaubt der Wissenschaftler.

Dass in China alles etwas schneller geht, hat aber sicher noch einen anderen Grund. Hürden räumt die kommunistische Führung rigoroser aus dem Weg, als es in westlichen Demokratien möglich wäre. Noch bevor die Arbeiten am Flughafen in Peking begannen, rückten Planierraupen an, um Platz zu schaffen. Dutzende Dörfer wurden dem Erdboden gleich gemacht.

Die Anwohner wurden zwar entschädigt und dürften vom Geschäft, das der neue Flughafen anzieht, auch langfristig profitieren. Eine Wahl hatten sie aber nicht.
© aero.de, dpa-AFX | Abb.: Zaha Hadid Architects | 10.04.2017 12:40

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Beitrag vom 10.04.2017 - 21:04 Uhr
@ZH Flyers,
auch der Behördendschungel war nicht das Problem.
Inkompetenz und fehlendes Verantwortungsbewusstsein sind wohl die Hauptgründe. Das fängt bei den Geschäftsführern (Erlangung einer Professur, einer Promotion) an und endet bei dem Aufsichtsratmitgliedern.
Natürlich wird des Flughafen für Peking planmässig fertiggestellt werden - es gibt genügend Geld. In Dubai ist man da wohl ehrlicher...



Dieser Beitrag wurde am 10.04.2017 21:05 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 10.04.2017 - 20:34 Uhr
Bürgerauflagen und Umweltschutz haben aber nicht zu den Verzögerungen am BER geführt. Eher Inkompetenz, fehlendes Veranwortungsbewusstsein und Bürokratendschungel. Und die pünktliche Fertigstellung eines Projekts sollte auch in Europa weiter möglich sein (zB T Satellit in MUC). Wer richtig plant wird auch richtig fertig.
Beitrag vom 10.04.2017 - 13:58 Uhr
Hurra, bauen in Diktaturgeschwindigkeit! Das konnten wir auch mal.
Auch wenn BER peinlich ist, langfristig ist die Einbeziehung von Bürgerbedenken und Umweltauflagen die bessere Lösung.


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