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Abenteuer Afrika – mit TAAG Air Angola nach Luanda


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LUANDA - Die nationale Fluggesellschaft von Angola im Südwesten Afrikas ist eine der ältesten Airlines des Kontinents, die ihren Flugbetrieb bereits 1940 aufnahm. Trotzdem ist sie international recht unbekannt. Ihr Heimatland Angola ist eines der teuersten Länder der Welt, wo bis 2002 Bürgerkrieg herrschte.

Und wo die Regierung bisher keinen Tourismus zuließ. Angola schwamm Jahrzehnte lang in den Dollar-Milliarden aus Afrikas reichsten Ölvorkommen, seit dem Verfall der Ölpreise geht es dem Land wirtschaftlich schlecht.

Airline
TAAG Air Angola
Flugzeugtyp
Boeing 777-300ER
Kabine
Business Class
Datum
12. April 2017
Route
Kapstadt - Luanda
Flug
DT580
Zwischen 2007 und 2016 stand TAAG (sprich: "Tag") wie alle Airlines aus Angola auf der "Schwarzen Liste" der EU, bis 2009 hatte sie komplettes Einflugverbot in Europa, danach durfte sie mit ihren Boeing 777 nur nach Portugal fliegen. Erst seit vergangenem Jahr sind alle Beschränkungen aufgehoben.

Seit 2015 steht an der Spitze ein von Emirates entsandtes Führungsteam, mit Emirates besteht eine Partnerschaft. Die Regierung Angolas hat die Vision, TAAG zur "Emirates von Afrika" zu machen. Davon ist TAAG allerdings noch weit entfernt.

TAAG Air Angola Boeing 777-300ER Business Class
TAAG Air Angola Boeing 777-300ER, © Andreas Spaeth

Zunächst galt es, das Geschäftsmodell der Airline neu zu definieren, weg vom Punkt-zu-Punkt-Verkehr von und nach Angola mit seinen wenigen Besuchern, hin zu einem Netzwerk, das für Umsteiger Sinn macht. TAAG bedient in Europa nur die ehemalige Kolonialmacht Portugal, fliegt elfmal wöchentlich nach Lissabon und dreimal nach Porto.

Erst seit September 2015 benötigen Umsteiger in Luanda kein Transitvisum mehr, und der Flugplan ist auf günstige Anschlüsse ausgerichtet. Vor allem von Europa nach Kapstadt, einer Rennstrecke für Touristen im europäischen Winter, ist die Verbindung zeitlich und preislich sehr günstig. Luanda liegt genau auf dem direkten Weg von Europa nach Kapstadt, die Umsteigezeit ist nicht länger als 90 Minuten und One-Way-Tickets Lissabon-Kapstadt gibt es manchmal schon für 220 Euro in Economy.

Ich teste die Business Class von TAAG auf der Strecke Kapstadt-Luanda, die derzeit dreimal wöchentlich bedient wird, ab Winterflugplan sind sogar tägliche Verbindungen geplant. TAAG fliegt Lissabon dann zweimal täglich an und es ergeben sich gute Umsteigemöglichkeiten, da Lissabon aus ganz Europa mit Billigfliegern gut angebunden ist.

Ich habe online eingecheckt und fliege nur mit Handgepäck. Leider gibt es am Flughafen Kapstadt nachmittags zur Verkehrsspitze der wenigen angebotenen Langstrecken immer Engpässe an der Passkontrolle, so auch an diesem Nachmittag, als nur drei von zehn Schaltern geöffnet sind.

Als ich endlich passieren kann laufe ich bis ans Ende des Gate-Bereichs, wo TAAG-Premiumkunden die Lounge von British Airways nutzen können. Sehr geräumig und bequem, hier ließe es sich gut länger aushalten. Doch bald beginnt sehr pünktlich das Einsteigen, auch da kein Gedränge.

TAAG Air Angola Boeing 777-300ER Business Class
TAAG Air Angola Boeing 777-300ER Business Class, © Andreas Spaeth

Und das aus gutem Grund: Die riesige Boeing 777-300ER ist nur sehr spärlich gebucht. Kein Wunder, denn für einen Dreieinhalb-Stunden-Flug ist das natürlich das falsche Fluggerät. Das ist genau das Problem dieser Airline: Aus Prestigedenken hat die Regierung in fetten Zeiten die größten und neuesten Flugzeuge gekauft, TAAG betreibt insgesamt sieben Boeing 777-200ER und-300ER (zwei wurden erst 2016 ausgeliefert).

Dabei bräuchte die Gesellschaft dringend mehr kleines Gerät, besitzt aber gerade mal fünf Boeing 737-700. Die neuesten beiden 777-300ER verfügen über ein modernes, komfortableres Kabinenprodukt und werden ausschließlich nach Portugal eingesetzt. Alle TAAG-777 fliegen mit drei Klassen, für die First gibt es angeblich einen Markt zwischen Angola und Portugal.

Ich steige heute in die 777 mit dem Kennzeichen D2-TEG, sie wurde vor fast genau sechs Jahren ausgeliefert, im Mai 2011. Seitdem ist an Bord nie wieder Hand angelegt worden, Abnutzungsspuren finden sich an vielen Stellen. Die First Class mit zwölf Plätzen (1-2-1) ist heute völlig leer, in Business (56 Sitze in 2-3-2-Anordnung) sind kaum ein Dutzend Plätze belegt, voller ist es in Economy (225 Sitze in 3-3-3-Konfiguration).

TAAG Air Angola Boeing 777-300ER Business Class
TAAG Air Angola Boeing 777-300ER Business Class, © Andreas Spaeth

Mein Sitz ist 6A, in der ersten Reihe der Business-Kabine. Hier gibt es viel Beinfreiheit, vermutlich mehr als die offiziellen 64 Zoll (162cm). Die blau bezogenen Recaro-Sitze mit versenkbaren Armlehnen außen scheinen von der Hardware identisch mit dem früheren Lufthansa-Business-Produkt in der Ära vor den Fullflat-Sitzen.

Als erstes fallen mir allerdings die stark abgewetzten Kanten der Armlehnen-Abdeckungen in der Mitte auf. Das würde kaum eine andere Airline länger so belassen, TAAG offenbar schon. Ich fahre testweise das Bett zur vollen Liegeposition aus - genau die geneigte Ebene, die den gefürchteten Rutschen-Effekt bringt, trotz der am Ende hochklappbaren Fußraste.

TAAG Air Angola Boeing 777-300ER Business Class
TAAG Air Angola Boeing 777-300ER Business Class, © Andreas Spaeth

Vor dem Start bieten die älteren TAAG-Flugbegleiterinnen Wasser und Orangensaft an, Zeitungen gibt es keine.

TAAG rühmt sich ihrer Pünktlichkeit, und das ist in Afrika alles andere als selbstverständlich. Und tatsächlich, bei einer planmäßigen Startzeit von 17.45 Uhr erfolgt der Pushback bereits um 17.33 Uhr. Genau um viertel vor sechs Ortszeit dann hebt der riesige Zweistrahler ab in den Abendhimmel über dem Tafelberg.

Kurz nach dem Start werden kleine, mit warmem Wasser getränkte Tücher gereicht, und jeder Business-Passagier bekommt eine Waschtasche mit reichem Inhalt, auf einem Flug von unter vier Stunden. Doch zugleich zeigt sich, in welch schlechtem Zustand einige Sitze sind. Auf 6A und 6B bleiben die an der Trennwand installierten Bildschirme dunkel.

Ich ziehe also zwei Reihen weiter nach hinten, die Kabine ist schließlich weitgehend leer, ein paar junge Familien und Mütter mit Kindern offenbar auf dem Weg nach Portugal, während früher Ölarbeiter für volle Premium-Sitze bei TAAG sorgten. Ich bin überrascht, als ich in Reihe 8 andere Kopfhörer am Platz vorfinde als in Reihe 6, sie sehen hochwertiger aus.

Hilft aber auch nichts, denn hier geht zwar der Bildschirm, aber kein Sound ist auf die Ohren zu kriegen. Also fast ganz nach hinten umgezogen, dort endlich klappt es. Auf dem Rückflug mit einer anderen TAAG-777 entdecke ich sogar eine Bedieneinheit für die Bordunterhaltung an meinem Platz, bei der die komplette Abdeckung auf einer Seite fehlt und die Platinen offen zutage liegen. Habe ich noch nirgends erlebt sonst weltweit.

TAAG Air Angola Boeing 777-300ER Business Class
TAAG Air Angola Boeing 777-300ER Business Class, © Andreas Spaeth

Und es gibt noch weitere ungeahnte Premieren auf diese Flug: Erst ist kein Flugbegleiter zu sehen, bis dann 34 Minuten nach dem Abheben schon der Servierwagen anrollt. Ich bin überrascht, es gibt keine Getränkerunde vor dem Essen? Und noch überraschter, als mir die Dame ein Tablett hinstellt, auf dem sich bereits Salat und eine Vorspeise befinden.

Keine Menükarte? "Fish, Chicken or Beef?", fragt sie in rudimentärstem Englisch. Ich bestelle Fisch und sie stellt mir einen runden Teller unter Alufolie hin. Reicht dann ein paar Brötchen und fragt: "Drinks?" Es ist schwer zu erkennen was überhaupt angeboten wird, etwa an Weinen. Ich frage nach Champagner, und nach Wasser mit Sprudel.

TAAG Air Angola Boeing 777-300ER Business Class
TAAG Air Angola Boeing 777-300ER Business Class, © Andreas Spaeth

Tatsächlich kommt sie mit einer gut gekühlten grünen Flasche zurück, die Marke kenne ich nicht und bin skeptisch. "Champagne Demoiselle Vranken" steht auf dem Etikett. Ich lasse mir eingießen und probiere. Lecker! Und kalt, nicht schlecht. Scheint eine kleinere und günstigere Marke zu sein, wie ich später nachschaue, aber absolut genießbar.

Nur Soda gibt es bei TAAG leider nicht. Auch eine Premiere. Abgesehen davon, dass in allen drei Klassen nur mikroskopisch kleine Kissen und Mini-Fetzen ausliegen, die als Decke durchgehen sollen.

Das warme Hauptgericht esse ich zuerst, sieht recht gut aus, ein Stück Fisch mit Kräuter-Kruste obendrauf, Kartoffeln mit Schale, Gemüse, ein sahniges Sösschen, schmeckt. Hätte trotzdem gern gewusst was ich da esse, und das gilt noch mehr für die kalte Vorspeise. Irgendwie Geflügel, ich vermute Entenbrust. Lecker ist da vor allem die Beigabe aus Ingwer und frischem Lauch.

TAAG Air Angola Boeing 777-300ER Business Class
TAAG Air Angola Boeing 777-300ER Business Class, © Andreas Spaeth

Später sehe ich im Bordmagazin, wo das Catering herkommt, und das erklärt auch den guten Standard: Die LSG hat in Luanda eine neue Catering-Fabrik eröffnet, sogar Angela Merkel war 2012 zum ersten Spatenstich da.

Trotzdem hapert es im Detail gewaltig: Das Essen steht auf einem Papieruntersetzer mit der Aufschrift: "Highfly - Economic Class". Passt nicht zur Business Class und ist vermutlich eh ein Schreibfehler. Mehrfach bitte ich die Flugbegleiterin die vielen leeren Sitzreihen abzuschreiten, um mir Champagner nachzufüllen, was sie mit gleichgültigem Gestus auch tut.

TAAG Air Angola Boeing 777-300ER Business Class
TAAG Air Angola Boeing 777-300ER Business Class, © Andreas Spaeth

Dann kommt sie mit Dessert, hält mir nahezu wortlos drei mit Folie abgedeckte Schälchen hin: Käse, Früchte und Schokomousse. Ich hätte gern Käse und Früchte. Großes Problem! Leider kann sie das Problem nicht erklären auf Englisch, muss ihren Kollegen holen, der auch nicht viel sagen kann.

Soviel ist klar: Offenbar reicht der Vorrat nicht, um einem Passagier zwei Portionen zu geben. Da die Kabine aber fast leer ist und die anwesenden Kleinkinder sich nicht um diese Tellerchen scheren bringt sie mir am Ende doch beide, lächelt sogar ein wenig. Geht doch.

Eine Stunde nach Abheben ist der "Service" vorbei, genau eine Stunde und 17 Minuten nach dem Start wird die Stimmungsbeleuchtung in der 777 auf orangerot geschaltet, damit der draußen bereits vollzogene Sonnenuntergang nachempfunden. Von der Crew ist die nächsten zwei Stunden bis unmittelbar vor der Landung nichts mehr zu sehen, keine Getränkeangebote, null. Ich bin froh dass ich aus der Lounge eine große Flasche Sprudelwasser mitgenommen hatte.

TAAG Air Angola Boeing 777-300ER Business Class
TAAG Air Angola Boeing 777-300ER Business Class, © Andreas Spaeth

Nach drei Stunden und 38 Minuten landen wir in Luanda. Nach dem Aussteigen über Treppen, es gibt hier keine Piers, werden die Business-Gäste mit einem eigenen Bus abgeholt und zum Gebäude gefahren. Das hilft aber nichts, wenn man dann wie ich trotz eines vollständigen und mit 150 Euro bezahlten und genehmigten Antrags auf Erteilung eine Visums anderthalb Stunden herumsitzt, weil mal wieder alle Systeme der Grenzbeamten ausgefallen sind. Aber das ist eine andere Geschichte.

Am nächsten Tag erzählt mir der neu gekommene europäische TAAG-Produktchef, dass es keinerlei Menükarten gibt, weil das richtige Papier fehlt und der Drucker nicht funktioniert. An Stofftischdeckchen für Business Class-Menüs mangelt es auch, zumal die vorhandenen das falsche Format haben.

TAAG Angola Airlines Boeing 777-300ER
TAAG Angola Airlines Boeing 777-300ER, © The Boeing Company

Und gut Englisch könnten die wenigsten Flugbegleiter, weil das bisher ja auch kaum nötig war. Die Anschaffung größerer Kissen und Decken für die vorderen Klassen stehen auf der Liste, aber das Geld fehlt eben derzeit. Man müsse Prioritäten setzen.

Bewertung

TAAG fliegt pünktlich und, soweit man das beurteilen kann, sicher, mit modernen Flugzeugen. Und das manchmal zu günstigen Preisen. Zumindest diese Grundlagen stimmen. Service-Mentalität fehlt dagegen nahezu vollständig, und die Kabinen sind technisch zum Teil in keinem guten Zustand. Es ist noch ein langer Weg für TAAG bis zur "Emirates von Afrika".

Andreas Spaeth


Andreas Spaeth fliegt. Viel. Auf PaxEx.de schreibt Spaeth, einer der führenden Luftfahrtjournalisten in Europa, über seine Erlebnisse als Passagier rund um den Globus.

Auf Twitter ist der Autor als @SpaethFlies unterwegs.
© Andreas Spaeth | Abb.: Andreas Spaeth | 22.04.2017 09:18


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