Studie
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Finnair bittet Passagiere auf die Waage

HELSINKI - Die Fluggesellschaft Finnair bittet ihre Passagiere in Helsinki vor dem Abflug auf die Waage. Dabei gehe es nicht um Übergewicht, sondern um eine Studie zum durchschnittlichen Gewicht von Passagieren und Handgepäck.

Gewogen werde ausschließlich freiwillig, anonym und mit dem Gepäckstück.
Das sagte ein Sprecher der Airline. So ließen sich auch keine Rückschlüsse auf das tatsächliche Körpergewicht ziehen. Zuvor hatte die finnische Zeitung "Helsingin Sanomat" über die Studie berichtet.

Finnair wiegt Passagiere, © Finnair

Bisher hätten viele, sehr unterschiedliche Passagiere an der Studie teilgenommen, sagte der Sprecher. "Die Reaktionen sind ziemlich gut." Für die finnische Fluggesellschaft ist es wichtig, das Gewicht an Bord zu kennen, damit beispielsweise Treibstoff richtig kalkuliert werden kann.

Die derzeit aktuellsten, europaweit erhobenen Daten stammen aus dem Jahr 2009. Demnach wiegt ein männlicher Passagier mit seinem Handgepäck im Schnitt 91 Kilogramm, eine Frau 72,5. Die Werte könnten je nach Jahreszeit aber sehr unterschiedlich sein, sagte der Sprecher. "Winterkleidung ist ja schwerer." Deshalb wolle Finnair seine Passagiere zu verschiedenen Jahreszeiten wiegen. Insgesamt sollen Daten von rund 2000 Fluggästen gesammelt werden.
© dpa-AFX | 02.11.2017 12:08

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Beitrag vom 06.11.2017 - 08:45 Uhr
>Im Allgemeinen sind in der kommerziellen Luftfahrt genügend Reserven eingebaut, die die eventuellen Abweichungen vom Standart auch gut kompensieren.

Ja - aber die Reserven sollten in beide Richtungen um den echten Mittelwert schwanken. Also ich halte die Wiegeaktion für mehr als sinnvoll. Denn die Gewichte verändern sich. Übrigens nicht zwangsläufig nur deshalb, weil die Leute immer dicker werden. Es kann auch in die andere Richtung gehen - wenn mehr (eher schmächtige) Asiaten fliegen, können die Durchschnittsgewichte sogar nach unten gehen. Und grade Finnair will sich ja als Hub nach Asien platzieren.

Ich sehe sogar in der Freiwilligkeit ein echtes Problem. Denn wer wird sich nach der Alltagserfahrung dem Wiegen verweigern? Ein Normalgewichtiger, ein Übergewichtiger, ein Magersüchtiger? Vermutlich der Übergewichtige. Und schon ist man so schlau wie vorher, weil man keine genauen Daten hat.

In den USA wurde vor einigen Jahren das verschleppte Problem des Massenzuwachses angegangen. Die Durchschittsgewichte schnellten nach oben - und auf einmal durften Fähren deutlich weniger Leute transporieren; Busse, Eisenbahnen, U-Bahnen brauchten stabilere Sitze, Deckenbelastungen wurden zum Problem, usw.

Unabhängig davon sehe ich aber ein Argument bei den Vorrednern, die pro Ticket eine gewisse Masse zulassen wollen - egal wie diese auf Gepäck und Person verteilt wird. Denn Masse geht ja nun mal in die Kostenkalkulation ein. 3 Tonnen mehr Passagier (bei gleichem Ticketerlös) pro Flugzeug bringt 3 Tonnen weniger Frachtgewinne ein.

Man kann sich schon die Frage stellen, welche persönlichen Befindlichkeiten von der Allgemeinheit getragen werden müssen, und welche nicht. Ein 2 Meter-Mann muss sich ja auch in den gleichen Sitz wie alle anderen quetschen. Hier ist es nicht so, dass für große Leute Bereiche mit größerem Sitzabstand im Flugzeug eingebaut werden (zum gleichen Ticketpreis natürlich). Warum sollten dann für Dicke breitere Sitze eingebaut werden (ganz unabhängig von den Zusatzkosten durch erhöhte Masse)? Beides drückt die Sitzplatzanzahl im Flugzeug, ohne dass die Einnahmen steigen.

Andererseits ist mir natürlich auch nicht wohl dabei, in Zukunft bei der Flugbuchung sämtliche biometrischen Daten angeben zu müssen.

Ich halte das für eine durchaus berechtigte Diskussion. Wobei ich Weideblitz dahin recht geben muss, dass man vielleicht bei der Wortwahl ein wenig umsichtiger sein sollte.
Beitrag vom 06.11.2017 - 08:14 Uhr
@almostopaque

Das war einer der besten Spiegel für unsere Sozialkompetenz und der Toleranz Anderen gegenüber, den ich hier lesen durfte. Danke für die erheiternde Lektüre.

Als operationell Betroffener "sehe" ich regelmäßig die Abweichungen vom "Standart Gewicht". Von daher ist so eine Wägung wirklich spannend, ob die angenommenen Gewichte im Schnitt überhaupt noch stimmen.
Die Konzeption der Sitze ist eher eine Frage der Abstimmung mit den Füssen. Wenn das Produkt so unbequem und unpassend ist, darf man es nicht wieder kaufen... Erst wenn der Kunde nicht mehr kauft, wird sich daran etwas ändern ;-(

Im Allgemeinen sind in der kommerziellen Luftfahrt genügend Reserven eingebaut, die die eventuellen Abweichungen vom Standart auch gut kompensieren. Man muss nur aufpassen, dass nachher keine Genauigkeit angenommen wird, die praktisch nicht erreichbar ist.
Beitrag vom 05.11.2017 - 10:17 Uhr
@almostopaque,

„Winterkleidung ist ja schwerer!“, ist ja wohl eher als Witz zu verstehen.

Dies ist nur ein weiterer Versuch, unter dem Deckmantel der Datenerhebung, korpulente Menschen bloß zu stellen. Die Leute werden halt immer schwerer,

die Waage zeigt ganz neutral das Gewicht an.
Auch "Normalgewichtige" nutzen die Waage, um das eigene Gewicht mal zu kontrollieren.
Bei Rundflügen mit Hubschraubern oder Kleinflugzeugen werden die Passagiere oft direkt verwogen. Eine Abschätzung findet immer statt!

Das Verwiegen vom Menschen oder Sachen und die Verteilung der Massen sind in der Luftfahrt etwas ganz, ganz Normales und Wichtiges!



Dieser Beitrag wurde am 05.11.2017 10:32 Uhr bearbeitet.


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