Ölpreis
Älter als 7 Tage

Airlines verlieren Millionen mit Treibstoff-Hedges

CHICAGO - Nachdem sie hunderte Millionen Dollar mit Absicherungsgeschäften gegen einen steigenden Ölpreis verloren haben, wetten zwei der weltgrößten Fluggesellschaften nun, dass es nicht allzu bald zu einer Öl-Rally kommen wird - sie verzichten auf die Versicherung gegen steigende Preise.

United Continental und Delta Air Lines haben ihre so genannten Flugbenzin-Hedges zurückgefahren, während sich der Ölpreis in der Nähe eines Sechs-Jahres-Tiefs bewegt. Sie agieren damit nun mehr wie der Konkurrent American Airlines, die weltgrößte Fluggesellschaft, die bereits im Jahr 2014 ihr letztes Absicherungsgeschäft aufgelöst hatte.

United Airlines Boeing 777-200ER
United Airlines Boeing 777-200ER Star Alliance, © Ingo Lang

"Es stellt sich zunehmend die Einsicht heraus, dass der Ansatz von American der klügere war", sagt Bob Mann, Präsident der Airline-Beratungsfirma R.W. Mann & Co., in einem Interview mit Bloomberg. "Diese Programme haben die Erwartungen nicht erfüllt. Die Kosten sind sehr hoch. Und die Resultate fielen unterdurchschnittlich aus."

Falsch zu liegen, das hat viel Geld gekostet. Die Verluste aus den Hedging-Geschäften in den vergangenen drei Quartalen belaufen sich bei Delta, der drittgrößten Fluggesellschaft der Welt, auf 1,95 Mrd. Dollar. Bei United, der Nummer zwei, waren es 650 Mio. Dollar. Und bei Southwest Airlines Co. summierten sich die Verluste auf 326 Mio. Dollar. Das geht aus Daten hervor, die Bloomberg zusammengetragen hat.

Die Fluggesellschaften hatte die künftigen Flugbenzinkosten festgezurrt, bevor der Einbruch beim Ölpreis begann - was ihnen zum Verhängnis wurde.

Delta hatte im vergangenen Monat erklärt, dass das Unternehmen die Kerosinkosten für das kommende Jahr zu fünf Prozent vorab abgesichert hat - verglichen mit jenen 30 bis 40 Prozent, die im vergangenen Jahr für 2015 bekanntgegeben worden waren.

Bei United sind 17 Prozent der Treibstoffkosten für 2016 abgesichert, wie der amtierende Finanzchef Gerald Laderman im vergangenen Monat bei der Erläuterung der Finanzzahlen erklärte. Im Oktober 2014 hatte der Konzern bekanntgegeben, er sei für die kommenden zwölf Monate zu 35 Prozent abgesichert.

Zwar können die Hedging-Geschäfte die Fluggesellschaften vor künftigen Preissteigerungen schützen, doch der Vorteil hat durchaus seinen Preis. Alaska Air Group Inc. beispielsweise zahlte nach eigenen Angaben im Schnitt 3 Dollar je Barrel für Call-Optionen, die es der Fluggesellschaft erlaubten, Öl zur Lieferung im ersten Quartal für 76 Dollar je Barrel zu kaufen.

"Wenn man sich anschaut, wie viel unsere Wettbewerber in diesem Jahr mit so genannten sicheren Versicherungs-Policen verloren haben - es gibt nichts umsonst", hatte Americans President Scott Kirby im Juli gesagt. "Man kann nicht losziehen und sich gegen Verluste absichern und so tun, als würde das nicht eine Menge Geld kosten."

Die Preise für Flugbenzin sind in den vergangenen zwölf Monaten um 43 Prozent gesunken auf rund 1,40 Dollar je Gallone (knapp vier Liter), wie aus Daten von Bloomberg hervorgeht. Bei WTI-Rohöl ist es im selben Zeitraum an der New York Mercantile Exchange um 43 Prozent auf etwa 42 Dollar je Barrel nach unten gegangen.

"Wir sehen unser Hedging-Programm als eine Art Katastrophen-Versicherung", sagt Southwest-Sprecher Chris Mainz. "Wir werden weiterhin unsere Hedging-Positionen aktiv verwalten, um uns vor den Auswirkungen steigender Treibstoffkosten zu schützen."
© Bloomberg News | Abb.: Ingo Lang | 27.11.2015 08:48

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Beitrag vom 27.11.2015 - 14:24 Uhr
Es kann im Grunde sowieso nur darum gehen, kurzfristige Schwankungen abzufedern. Auf lange Sicht, wird der Gesamtmarkt sowieso den durchschnittlichen Ölpreis zahlen müssen, plus einen kleinen Aufschlag für die Absicherungsgeschäfte selbst. Mal verzockt sich einer, mal macht einer alles richtig. Auf lange Sicht kann durch solche Geschäfte kein Geld gespart werden, sonst würde niemand so ein Produkt anbieten.
Beitrag vom 27.11.2015 - 10:50 Uhr
Vielleicht hat American einfach die Besseren Kontakte nach "DALLAS" ;)

Bei dem Thema gilt es jedoch nicht nur die reine Marktseite zu beleuchten. Was heute ein Vorteil ist kann morgen ein Nachteil sein. Die Frage wie weit der Ölpreis noch sinken kann und wird ist eine politische. Man muß fragen, was für Interessen stehen hinter der praktizierten Ölschwemme? Und werden sich die Interessen mittelfristig ändern? Ich glaube das persönlich nicht, außer einer der Hauptproduzenten erleidet einen Totalausfall, was für eine rasche Reaktion der Märkte sorgen dürfte. Vor dem Hintergrund der politischen Wirren am Golf ist dies kein abwegiges Szenario. Die Interessen der US Ölindustrie und Politik haben wohl besonders die Russen und den IS im Blick. So lange diese Problemfelder nicht abgearbeitet sind, gibt es wahrscheinlich auch keine steigenden Ölpreise. Interessant wäre mal zu wissen wie sich die ME Airlines im Zusammenhang mit Hedging verhalten.

Dieser Beitrag wurde am 27.11.2015 11:02 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 27.11.2015 - 10:20 Uhr
Hedging an sich ist weder gut noch schlecht. Die Frage ist nur wann, wie lang und zu welchem Preis wird gesichert und da gibt es keine absolut sichere erfolgreiche Methode. Ist der Preis schon hoch ist eine relativ geringe Absicherung wohl ausreichend. Bei so niedrigen Preisen wie jetzt dagegen halte ich eine stärkere/längere Absicherung schon für sinnvoll.

LH schreibt beispielsweise in seinem Geschäftsbericht 2013 dazu. Anfang Februar 2014 war der voraussichtliche Treibstoffbedarf des Jahres 2014 zu 75,5% abgesichert. Zum gleichen Zeitpunkt bestanden für 29,8% des Jahres 2015 Absicherungen.

Da man annehmen kann das bis Ende 2014 die Absicherung auf ca. 60% gestiegen sind hat LH in 2015 wohl nur zu ca. 40% von den niedrigeren Preisen in 2015 profitiert.Pech gehabt.2016 wird das sicher deutlich besser wenn man die Absicherung analog zum Vorjahr annimmt.

Schelten kann man da niemanden. Bei um die 6,5 Mrd. Treibstoffkosten in 2013 würde eine Preiserhöhung um 20% ohne Absicherung Mehrkosten von 1,3 Mrd Euro bedeuten. Da muss man einfach eine Sicherung einbauen. Das ist weit mehr als LH (jenseits von Verkäufen, Technik, Catering usw) im reinen Passagegeschäft verdient.

Wäre mein Name CS würde ich jetzt sogar deutlich mehr/länger absichern. Der Spielraum noch unten ist bei ca. 45,-$/barel deutlich geringer als der nach oben. Den Ölsand-und Frackingfirmen wird bei diesem Preis langsam die Preis-Luft ausgehen. Auch die Neuinvestitionen der normalen Ölförderfirmen gehen deutlich nach unten. Das wir mittelfristig in einer gesunkenen Ölförderung münden. Sollte Saudiarabien dann seine Taktik der Ölschwemme mal ändern ist der Preis wieder Ruck-Zuck bei 70,- und mehr.


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