Eurowings
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Lufthansa auf steilem Pfad zum Günstigflug

FRANKFURT - Noch hat die Günstigstrategie von Lufthansa-Chef Carsten Spohr den Praxistest nicht bestanden. Auf der Kurzstrecke sinken die Kosten nur ganz langsam. Die Langstrecke startete zwar gut gebucht, kämpft aber mit chronischen Verspätungen. Eurowings verlangt Lufthansa einen langen Atem ab.

Ende 2017 wird Eurowings laut Plänen der Lufthansa mit 89 Flugzeugen durch Europa fliegen. Allerdings werden bis dahin nur 19 dieser Airbus A320 mit Crews bereedert, die in günstigen Verträgen beschäftigt sind.

Alle Kurzstrecken ohne Anschluss an die Drehkreuze Frankfurt und München zieht Lufthansa zu Eurowings um. Eine Kostenersparnis von 40 Prozent soll den Abstand zu Günstiganbietern wie Ryanair und Easyjet verringern. Auf der Langstrecke soll Eurowings Marktanteile des Lufthansa-Konzerns unter Selbstzahlern retten.

Die mit nur zwei geleasten Airbus A330-200 aufgelegte Langstrecken-Ops erwies sich allerdings als äußerst störungsanfällig. Zahlreiche Flüge starten verspätet oder gar nicht.

Laut den ersten Verkehrszahlen der Günstigsparte beförderte Eurowings im Januar eine Million Passagiere und flog auf der Langstrecke mit 95,7 Prozent Auslastung. Das habe "die Branche beeindruckt" und gezeigt, "dass der Markt da ist", sagte Spohr in einem Interview am Mittwoch.

Eurowings Airbus A330-200
Eurowings Airbus A330-200, © Eurowings

Bereits der Weg zu Eurowings war steinig. Streiks kosteten in zwei Jahren gut 500 Millionen Euro. Eine gemeinsame Linie von Konzern und Personal in Sachen Günstigflug? Fehlanzeige. Statt einem Neuaufbau des dezentralen Europaverkehrs am Reißbrett, zieht Lufthansa Flugzeuge tröpfchenweise zur nicht tarifgebundenen Eurowings Europe nach Österreich um.

Erst wenn genug Germanwings-Piloten in die Lufthansa-Mainline wechseln oder in den Ruhestand gehen, kann Lufthansa ein Europa-Flugzeug mit günstigeren Crews nachbereedern. Ein äußerst zäher Prozess.

Die Entscheidnung, bei der Einrichtung von Eurowings keine Mitarbeiter zu entlassen, bedeute eben auch, dass der Übergang "einige Zeit in Anspruch nimmt", räumte Spohr ein. Immerhin arbeitete Germanwings zuletzt profitabel und verdiente laut Spohr zumindest "etwas Geld".

Bei der Auslastung, im Januar 64,1 Prozent, hat die Eurowings-Kurzstrecke gleichwohl noch viel Luft nach oben.

Fehlstart auf der Langstrecke

Der Fehlstart der Eurowings-Langstrecke ist einfacher zu erklären. Viel zu häufig fiel die erste A330 aus; über Weihnachten plagte Eurowings zudem ein Ausbruch von Denguefieber unter den Langstrecken-Piloten. Das war schlicht zu viel für den ambitioniert getakteten Flugplan. Sieht auch der Chef so.

"Wir haben definitiv falsch beurteilt, wie viel man aus zwei Flugzeugen rausholen kann", sagte Spohr. Von mindestens sieben Fluggesellschaften, darunter Titan Airways und Air Europa musste Eurowings zwischenzeitlich Flugzeuge anmieten, um ihre Flüge nach Kuba, in die Dominikanische Republik und nach Thailand durchzuführen.

Laut Eurowings wird sich die Situation entspannen, sobald im April und Mai die dritte und vierte A330-200 eintreffen. Im Sommer 2017 stehen sieben Flugzeuge zur Verfügung. Fällt ein Flugzeug kurzfristig aus, soll Lufthansa Cityline in der kommenden Flugplanperiode mit einer A340-300 aus der JUMP-Flotte einspringen.

Neue Langstrecken öffnet Eurowings deutlich konservativer. Flüge nach Boston und Las Vegas starten statt im Mai erst im Juni. Das Ziel Teheran überlässt Eurowings erstmal ihrer Schwester Austrian. Den Kurs nach Dubai übernahm Lufthansa, stellt den Flug im Sommer allerdings ein.

Mit Nachdruck verteidigt Spohr Eurowings gegen konzerninterne und -externe Kritik. Schließlich seien die gruppenweiten Stückkosten auch 2015 weiter gestiegen und lägen weiterhin auf dem Niveau einer Staatsairline. Lufthansa habe ihre Probleme erkannt, sagte Spohr. "Jetzt brauchen wir die Therapie."
© Bloomberg News, aero.de | Abb.: Lufthansa | 12.02.2016 11:06

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Beitrag vom 21.02.2016 - 17:05 Uhr
Da darf man auch vor der Mitarbeiterfrage nicht halt machen.

Kommt drauf an vor welcher.
Der Frage, alte Zöpfe, alte Privilegien abschneiden?
Der Frage, die Produktivität (gearbeitete Stunden) erhöhen?
Der Frage Mitarbeiter zu entlassen und die Arbeit im billigeren Ausland durchführen zu lassen (klassisches Outsorcing)?
Der Frage, eigene Mitarbeiter zu entlassen und parallel eine weitere, billige, Firma mit neuen, billigien Mitarbeitern aufzustellen (Eurowings Austria)?
Der Frage, eigene Mitarbeiter zu entlassen und stattdessen einen Betrieb als Franchise zu betreiben, dh mehrere konkurrierende Franchisenehmer zahlen dafür, unter dem Label Eurowings beworben zu werden und liefern zu dürfen (Eurowings operated by *whatever*)?

Ob man vor diesen Fragen jeweils halt machen sollte ist eine berechtigte Frage.
Bei der LH hat man allerdings den Eindruck, dass dies die einzigen Fragen sind, vor denen sie nicht haltmacht.
Beitrag vom 21.02.2016 - 16:24 Uhr
Ok, ich denke alles gesagt.

Da können Sie zwinkern wie Sie wollen, wenn von 100 Kunden 95 das Ding für 3,99 wollen, Sie aber für 5,99 liefern schaffen Sie es vielleicht noch 5 weitere für die 5,99 zu begeistern, aber die Restlichen 90 kaufen woanders. Diesen 90 ist es völlig egal ob Sie als Dispatcher (denke ich mal) in FRA, CPT oder HKG sitzen. Der will seine 3,99. So schaut´s leider aus.
Beitrag vom 21.02.2016 - 15:24 Uhr
Ja, wie konnte denn das passieren?. Gute Frage eigentlich, gerade, wenn man wie Sie das eigentliche Problem in den zu hohen Mitarbeiterkosten der LH Classic sieht.

Das mag vielleicht so klingen, meine ich aber nicht so. Ich sehe ein Problem darin, das man zu sehr in alten Positionen verhaftet ist und sich nicht bewegt. Der Kunde bestimmt das Tempo und zu viele Kollegen laufen hier noch mit einer verklärten romantischen Sicht durchs Leben. Diese Zeiten sind vorbei. Wir werden rechts und links überholt und hecheln nur noch hinterher. Sich auf einen minimalen Profit zu berufen und zu sagen alles wird gut ist tödlich.
Es ist der Klassiker im Change Prozess. Man bleibt zu lange auf dem Sonnenbalkon. Was GW betrifft, hier hat man etwas probiert, hat gesehen was funktioniert und was nicht und steuert nach. Da sehe ich kein Problem, grundsätzlich. Zum Schluß gab es eine schwarze Null, oder knapp drüber. Wie denken Sie hätte das mit LH Personal ausgesehen?

Das ist doch genau des Pudels Kern... Ich denke, es hätte sogar deutlich besser funktionieren können!
Wenn man Kunden wieder als solche innerhalb der Firma sehen würde und nicht nur als Billigheimer... Wenn wir wieder um Kunden werben und sie nicht vergrätzen, weil eben kein LH-MA mehr am gesamten Flughafen zu finden ist... Wenn wir uns nicht hauptsächlich darum drehen, wo wir sparen können, sondern wo wir Geld besser(!) ausgeben können...

Wir müssen uns alle schneller bewegen, Ideen entwickeln, ausprobieren, verfeinern oder auch verwerfen. Da darf man auch vor der Mitarbeiterfrage nicht halt machen.
Doch, genau da sollte bei einem Unternehmen, dass eben (noch) nicht pleite ist halt gemacht werden! Denn die MA sind es schließlich, die den Kunden gewinnen! Keine Organisation, keine Shareholdervalue, kein CVA gewinnt Kunden!!

Vielleicht passt unser Modell, einmal Daimler, immer Daimler, nicht mehr in die Zeit. Die Kabine hat durch unzählige Modelle hier einen Weg gezeigt, wie man damit umgehen könnte. Auch wie man einen Arbeitsplatz absichert. Beim Boden und Verdi sehe ich das nicht, 3% teurer ohne Gegenleistung (so ist zumindest mein Stand) Das ist nicht gerade innovativ.
Für mich ist IAG das Rolemodel. Die haben das was bei LH gerade passiert vor ein paar Jahren durchlebt, mit viel, sehr viel knirschen. Aber sie haben sich bewegt, auch gegen die MA, aber es war erfolgreich.
Bleibt die Frage muss ich als MA "mitgenommen" werden oder muss ich auch mal selbst den Arsch hoch bekommen und Realitäten ins Auge blicken. Was hier passiert, mit dem Finger auf andere zeigen, die Verwaltung, die Flieger, die... ist der zweite Klassiker im Change Prozess, das Problem sind die anderen... Das wird so nicht klappen.
Das ist die hohe Kunst der Unternehmensführung, dass die MA immer mitgenommen werden müssen. Kurzfristig mag das mal gegen den Strom gehen, langfristig kann nur miteinander Erfolg entstehen!
Sich mit Zahlen auseinandersetzen von denen man keine Ahnung hat ist dann der dritte Klassiker. Einmal sind sie getürkt und dann kommen sie mir gerade recht. Was denn nun? Schon mal überlegt was man selbst tun könnte um die OPS effizienter machen könnte, auch mal den eigenen Arbeitsplatz offen und ehrlich durchleuchtet? Wo geht es mir vielleicht zu gut? Wenn ich das nicht mache und mich nicht aktiv an der Entwicklung beteilige kommen andere und machen das für mich. Das muss ich dann aber so hinnehmen.
Ryan und EK haben die Messer gewetzt.

Die Gedanken, wie wir besser werden, machen wir uns jeden verf..ten Tag! Ich spare Sprit, Flugzeit, optimiere Abfertigung... Mehrmals im Jahr verdienen unser Jahresgehalt, weil wir aufpassen und mit der extra Meile eben das ganz große Drama vermeiden!

Das können wir aber nur, wenn man uns nicht tagtäglich wieder sagt: "Ihr seid zu teuer!" Dieses Gefühl wird seit Jahren dem gemeinen Lufthanseaten an der Front immer wieder aufs Neue suggeriert.

Wie wär es mal mit einer neuen Denke innerhalb des verwaltenden Wasserkopfes, dass die Kundenkontakt pflegenden MA selbst als Kunden und nicht nur als Kostenfaktor gesehen werden. Gegenseitiger Respekt der entsprechenden Arbeit z.B.. Was würden Kunden denken, wenn man wieder als Lufthanseat repräsentieren würde und eben nicht nur ein XYZ-"Group"-Mitarbeiter, der bei einem Subsubunternehmen angestellt ist.

Sie sagen es selbst, Billig überholen uns Ryanair und EasyJet schon lange... BA hat sich "gesund" geschrumpft, in dem sie die Kurzstrecke rausgeschmissen hat. Da bleibt aber in FRA und MUC nicht mehr soviel Verkehr hängen... Aber auch das wurde schon x-mal durchgekaut... Ist nicht mit LH vergleichbar;-)




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