Flüge MH17, GE222 und AH5017
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Schwarzer Juli für die zivile Luftfahrt – Debatte um Flugrouten

Boeing 747 der All Nippon Airways bei Frankfurt
Boeing 747 der All Nippon Airways bei Frankfurt, © world-of-aviation.de

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DÜSSELDORF - Jahrelang ging die Zahl der Unfalltoten in der zivilen Luftfahrt zurück. Nun stürzten binnen weniger Tage drei Flugzeuge ab. Nach dem Unglück in der Ukraine wird darüber diskutiert, welche Risiken beim Überflug von Krisengebieten entstehen.

Afrika, Asien, Europa: Drei Flugzeugabstürze binnen weniger Tage verhageln den Trend der sinkenden Opferzahlen in der zivilen Luftfahrt. Insgesamt starben dabei mehr als 460 Menschen - das sind schon fast doppelt so viele Opfer wie weltweit im ganzen Vorjahr. Denn 2013 zählte das deutsche JACDEC-Büro 251 Tote bei Unfällen in der kommerziellen Luftfahrt. Damit geht der Juli als einer der tödlichsten Monate der jüngeren Luftfahrtgeschichte zu Ende - und er unterbricht den jahrelangen Trend rückläufiger Opferzahlen.

Die Ursachen in den drei Fällen waren unterschiedlich: In der Ostukraine war es nach bisherigen Erkenntnissen ein Abschuss, in Taiwan bei Flug GE222 eine missglückte Landung und beim Absturz von Flug AH5017 der Air Algérie möglicherweise schlechtes Wetter, so der bisherige Kenntnisstand.

Nimmt man den weiter ungeklärten malaysischen Unglücksflug MH370 auf dem Weg von Kuala Lumpur nach Peking sowie einen weiteren Unfall in Pakistan hinzu, so ist das laufende Jahr mit mehr als 700 Opfern schon jetzt eines der schlimmsten seit langem. Zur touristischen Hochsaison wirft diese spektakuläre Unglückskette die Frage auf: Ist Fliegen noch sicher?

"Ja", lautet die Antwort von Experten wie Cord Schellenberg: "Ich persönlich fliege mit einem guten Gefühl und bin ganz beruhigt, denn über die Jahrzehnte ist der Luftverkehr nicht nur immer sicherer geworden, sondern es zeigt sich auch, dass das Gefährlichste an der ganzen Reise die Anfahrt zum Flughafen ist", sagte er im dpa-Interview. Die Statistik gibt ihm Recht: Die Wahrscheinlichkeit, mit einem Flugzeug abzustürzen, ist gering.

Immerhin gut drei Milliarden Menschen nutzen nach Angaben des internationalen Airline-Verbands IATA pro Jahr ein Flugzeug. Täglich sind es mehr als acht Millionen Menschen. Etwa 100 Jahre nach dem Start der ersten Linienmaschine gilt Fliegen als sicher wie selten zuvor. Die Branche versucht, jeden noch so kleinen Zwischenfall aufzuklären und ihn so künftig zu vermeiden.

Die Technik ist immer ausgefeilter, Sicherheitsstandards sind hoch - auch wenn sich noch Dinge verbessern lassen. Nach dem Absturz über der Ukraine zeichnet sich eine Debatte darüber ab, welche Risiken mit dem Überflug von Krisengebieten verbunden sind. Sie wird auch von den Spannungen in Nahost befeuert.

Auf die Airlines kommen unter Umständen höhere Kosten zu, wenn sie Umwege fliegen müssen. Dabei leidet die Branche sowieso schon unter fehlender Ertragskraft: Pro Passagier blieben den Airlines 2013 knapp 3 Euro Gewinn - weniger als der Gegenwert eines Sandwiches.

Bei der Piloten-Vereinigung Cockpit wünscht man sich daher auch wegen des hohen wirtschaftlichen Drucks vieler Gesellschaften eine unabhängige Stelle. "Es wäre aus unserer Sicht wünschenswert, wenn es international eine Organisation gäbe, die Risikobewertungen erstellt", sagte ihr Sprecher Jörg Handwerg. Denn bisher entscheidet jede Gesellschaft für sich, wie sie fliegt.

Wenn Konkurrenten eine riskante, aber kostengünstigere Route wählen, folgen auch andere. Handwerg: "Nach dem Motto: Wenn es die anderen machen, wird es schon gehen." Der Sprecher spürt nach dem Unglück in der Ukraine aber, wie sich Verhalten allmählich ändert. "Das plötzliche Nicht-mehr-Anfliegen von Tel Aviv zeigt, dass sich was geändert hat."
© dpa, aero.de | Abb.: Björn Schmitt / world-of-aviation.de | 26.07.2014 06:51


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