Lufthansa
Älter als 7 Tage

Spohr knickt vor Streiks nicht ein

FRANKFURT - Carsten Spohr fechtet mit den Lufthansa-Gewerkschaften das Duell seines Berufslebens aus. Die kräftezehrenden Streikwellen der letzten zehn Monate dürften Lufthansa mehr als 230 Millionen Euro Schaden zugefügt haben und die Streikkosten des Vorjahres in den Schatten stellen.

Die Streikrechnung reißt ein tiefes Loch in die derzeit gute Ertragslage bei Lufthansa. Sie bringt aber auch die unbedingte Entschlossenheit des Chefs zum Ausdruck, Lufthansa radikalen und laut Spohr lange überfälligen Reformen zu unterziehen.

An schlankeren Kostenstrukturen führt laut Spohr kein Weg vorbei, will Lufthansa langfristig gegen Easyjet, British Airways und andere Konkurrenten bestehen. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Christoph Franz testet Spohr, wie weit sich das Tariffundament dafür aufweichen lässt.

Nun galt auch Franz im Umgang mit den Mitarbeitern nicht gerade als zimperlich. Trotzdem mag der franzsche Konzernumbau "Score" manchem Lufthanseaten aus heutiger Sicht geradezu harmlos vorkommen.

Über Jahre ging Lufthansa Konfrontationen mit ihren Gewerkschaften lieber aus dem Weg. Das Ausmaß der aktuellen Streikfolgen - allein in dieser Woche sagte Lufthansa 4.700 Flüge ab - zeigt, wie ernst es auch Frankfurt dieses Mal ist. Spohr, seit 18 Monaten im Amt und ebenso lange mit Streiks konfrontiert, will nicht einknicken.

Lufthansa-Chef Carsten Spohr
Lufthansa-Chef Carsten Spohr, © Ingo Lang

"In der Vergangenheit haben wir immer klein beigegeben wenn die Gewerkschaften mit Streiks drohten", sagte der 48 Jahre alte Lufthansa-Lenker am Mittwoch in Frankfurt. "Das kann man mit der Einnahme von Aspirin vergleichen - kurzfristig ist der Schmerz gelindert, aber geheilt wird man nicht."

Spohr verordnet Lufthansa eine intensivere Therapie. Die margenschwachen Kurzstrecken abseits der Hubzubringer soll möglichst schnell Eurowings übernehmen, um Produktionskosten zumindest in die Nähe ausgewiesener Günstigflieger zu senken.

Unter dem Eindruck des absichtlich herbeigeführten Absturzes von Flug 4U9525 sah es im April kurz danach aus, als könnten Lufthansa und ihr fliegendes Personal doch noch einen gemeinsamen Nenner finden. Zwar traf man sich nach der Katastrophe zu neuen Verhandlungen, aber immer öfter auch in Gerichtssälen.

Im Flugbegleiterstreik war es dabei Lufthansa, die den Vorschlag eines Richters ablehnte, Konzern und Gewerkschaft mögen sich nochmal zehn Tage Zeit für weitere Gespräche geben.

Piloten-Streiks endeten in einer Sackgasse

Am 9. September schnappte die Falle der Lufthansa-Juristen zu. Cockpit hatte sich zu öffentlich gegen die nach Österreich ausgeflaggte Eurowings Europe positioniert und angreifbar gemacht. Ein Gericht folgte der Argumentation des Konzerns, nach der sich der letzte Pilotenstreik im Grunde gegen die Unternehmensstrategie richtete und daher rechtswidrig sei.

Seither befinden sich Lufthansa und Cockpit in einem Patt, den der Konzern einfädelte: Nur einen Tag vor dem Richterspruch, am 8. September, hatte Lufthansa erklärt, den tariflichen "Besitzstand" der Konzernpiloten "auf dem jetzigen Stand" einzufrieren. Cockpit ließ sich in eine Sackgasse lenken, aus der die Piloten bisher keinen rechten Ausweg finden.

Mit dem Einfrieren des tariflichen Status quo nahm Lufthansa der VC viel Wind aus den Segeln. Die Piloten müssten nun zunächst Tarif-Forderungen stellen, die Lufthansa nicht erfüllen kann oder will - erst dann wäre ihnen ein Streik wieder möglich. Vor dieser Eskalation schreckt Cockpit aber zurück. Seit zwei Monaten beraten die Piloten über ihren nächsten Schritt.

Die Flugbegleiter haben aus den taktischen Fehlern der Piloten gelernt und vermieden in ihrem Streik jeden Bezug zur Günstigstrategie. Der Tarifvertrag zur Übergangsversorgung gab ihnen einen ausreichenden und juristisch wasserdichten Streikgrund - eine Woche hielt Ufo Lufthansa am Boden, ohne die Tochtergesellschaften zu bestreiken.

Neue Streiks seien "jederzeit wieder möglich", warnte Ufo-Chef Nicoley Baublies Lufthansa am Freitag. Trotzdem ist für Lufthansa eine Einigung mit ihren Piloten derzeit wichtiger - ein Kompromiss hätte Signalwirkung auch für die Kabine.

IAG und Willie Walsh als Vorbilder

Spohr taktiert nach dem Vorbild von IAG-Chef Willie Walsh. Walsh rang der Kabine neue Verträge ab, musste auf dem Höhepunkt des Tarifkonflikts 2010 dafür aber 22 Streiktage durchstehen. "Das hat einige Jahre gedauert", erinnert sich Luftfahrtberater James Hollins an die Zermürbungstaktik.

Anders als das Management der zu 16 Prozent staatlichen Air France muss Spohr zumindest keine Einmischung der Politik fürchten. Lufthansa-Aktionäre tragen den Kurs mit. Die Auseinandersetzungen würden solange ausgetragen wie notwendig, bekräftigte Spohr. "Es gibt dazu keine Alternative."
© Bloomberg News, aero.de | Abb.: Lufthansa | 13.11.2015 15:02

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Beitrag vom 17.11.2015 - 23:10 Uhr
Ja, und dieses Jahr (2015) sind sie wieder auf ca. 5 Mrd gesunken, weil die Zinsen ausnahmsweise mal wieder gestiegen sind;-)...

Dass die Zinsen für Rücklagen nichts mit Privatanlegern zu tun haben sollte schon klar sein...;-)

Da sehe ich schon einen gewissen Zusammenhang auch wenn ich den mangels Insiderkenntnissen nicht detailliert beschreiben kann. Die Zinsen für die Rücklagen mögen (da professionel angelegt) tendenziell höher sein. Das allgemein niedrige Zinsniveau, hervorgerufen durch die Politik der EZB,wird aber auch da seine deutlich negativen Spuren hinterlassen. Je weiter in die Zukunft desto stärker.

Wenn man also gerade auch in Hinblick auf die Zukunft mit sinkenden Renditen rechnen muß reichen die Rückstellungen möglicherweise nicht und müssen somit erhöht werden. Belastet damit die Bilanz von LH. Andererseits sagt das allein aber nicht aus wer dafür den Kopf hinzuhalten hat. Verdammt schwierigers Thema.

Es geht um einen Zinssatz mit dem bei Rücklagen in Bilanzen gerechnet wird. Der hat erstmal nichts mit Anlagen zu tun, sondern wird festgelegt. Da er aber zugegebenermaßen zur Zeit recht niedrig ist, kommt es zu horrenden Summen in den Bilanzen... Allerdings sollte man auch nicht vergessen, dass die Rückstellungen auch sofort ebenso enorm geringer werden, sobald dieser Zinsatz auch nur geringfügig besser wird... Der Hebel ist sehr groß und das mag eine Erklärung für den gefühlten Tatdrang bei LH sein. Dieses Risiko darf und sollte aber nich allein auf die Mitarbeiter abgewälzt werden.

Aktuell wird die betriebliche Altersversorgung mit ca 5% von LH ohne Probleme verzinst... Obwohl der Zinssatz in der Bilanz aktuell rechnerisch unter 2% liegt... Der Rückstellungszinssatz hat nichts mit aktueller Verzinsung zu tun, sondern ist auch nur eine Prognose. Die kann sich aber eben auch in die andere Richtung ändern, stört aber aktuell jetzt die Bilanz. Rückstellungen aufzulösen sind halt eine sehr einfache Art jetzt und sofort Ergebniskosmetik zu betreiben!
Beitrag vom 17.11.2015 - 22:31 Uhr
Ja, und dieses Jahr (2015) sind sie wieder auf ca. 5 Mrd gesunken, weil die Zinsen ausnahmsweise mal wieder gestiegen sind;-)...

Dass die Zinsen für Rücklagen nichts mit Privatanlegern zu tun haben sollte schon klar sein...;-)

Da sehe ich schon einen gewissen Zusammenhang auch wenn ich den mangels Insiderkenntnissen nicht detailliert beschreiben kann. Die Zinsen für die Rücklagen mögen (da professionel angelegt) tendenziell höher sein. Das allgemein niedrige Zinsniveau, hervorgerufen durch die Politik der EZB,wird aber auch da seine deutlich negativen Spuren hinterlassen. Je weiter in die Zukunft desto stärker.

Wenn man also gerade auch in Hinblick auf die Zukunft mit sinkenden Renditen rechnen muß reichen die Rückstellungen möglicherweise nicht und müssen somit erhöht werden. Belastet damit die Bilanz von LH. Andererseits sagt das allein aber nicht aus wer dafür den Kopf hinzuhalten hat. Verdammt schwierigers Thema.
Beitrag vom 17.11.2015 - 20:30 Uhr
Ja, und dieses Jahr (2015) sind sie wieder auf ca. 5 Mrd gesunken, weil die Zinsen ausnahmsweise mal wieder gestiegen sind;-)...

Teufel auch, da muß ich doch das ganze Jahr über unter Halluzinationen leiden denn ich stelle bestenfalls ein verharren des Zinsniveaus fest und eher sogar ein weiteres absinken. Ein Blick in die Konditionen der Direktbanken treibt einem Privatanleger glatt die Tränen in die Augen. Aber vielleicht haben sie ja einen Geheimtipp den Sie hier posten können.
>
Dass die Zinsen für Rücklagen nichts mit Privatanlegern zu tun haben sollte schon klar sein...;-)

In der Gesamtbetrachtung der Verhältnismäßigkeit bei Streiks spielt in der Öffentlichkeit das Renteniveu deshalb durchaus eine indirekte Rolle bei Vergleichen auch wenn es keinen absoluten Zusammenhang gibt. Mit Neid hat das nichts zu tun. Verhältnisse wie es in Gesellschaften (z.B. Südamerika) geht in denen ein totales Ungleichgewicht der Vermögen/Einkommen herrscht wollen wir hier in der BRD doch wohl nicht.

Das nur am Rande bermerkt denn das Thema LH-Betriebsrenten ist zu komplex um sie als Außenstehender wirklich gerecht beurteilen zu können.

Uneingeschränkte Zustimmung... Hindert aber alle nicht daran ihre Meinung dazu zu Äußern... ;-)


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