Community / Kommentare zu aktuellen Nachrichten / Ryanair bricht Zelte in Hamburg ab

Beitrag 1 - 10 von 10
Beitrag vom 17.10.2019 - 09:19 Uhr
UserNicci72
User (570 Beiträge)
Als Ryanair vor ungefähr einem Jahr die Basis in Bremen schloss wurde dies allgemein als Strafaktion von MOL für den Streik der dortigen MitarbeiterInnen gedeutet. Inzwischen wissen wir, dass es zumindest nicht nur das war. Ryanair ist in Deutschland offensichtlich generell auf dem Rückzug. Jetzt wird also auch die Basis in Hamburg geschlossen. Aber ebenso offensichtlich ist es nicht nur Deutschland, wo Ryanair ein Problem hat. Schon in der letzten Runde war sogar Spanien (das Urlaubsland Nr. 1 in der EU) von Schließungen betroffen. Öffentlich begründet wird diese neue Schließungswelle nun mit den inzwischen fehlenden 30 Boeing 737 MAX. Diese spielen dabei sicherlich auch eine Rolle, aber wirklich glaubhaft ist es nicht, dass sie die zentrale Rolle für diesen Rückzug bei einer Airline bilden, die, seit MOL dort übernahm, immer auf aggressivem Expansionskurs war. Was sind die weiteren Ursachen? Die Kostenentwicklung beim Treibstoff? Eine Ryanair sollte eigentlich soviel Substanz haben um diese tragen zu können, vor allem nach den laufenden jährlichen Milliardengewinnen der letzten Jahrzehnte. Erfolgreiche "Kriegführung" der LH Group, die erprobt darin ist, unliebsame Konkurrenz wegzubeißen? Mit der Wizzair vor allem in Mittelosteuropa ein neuer, noch aggressiverer Konkurrent, der inzwischen auch nach Mitteleuropa expandiert? Easyjet, die in Deutschland einfach schneller und flexibler waren als klar wurde, dass Carsten Spohr mit Berlin nichts anfangen kann? Die Unwägbarkeiten des Brexit? Ein notorisch miserables Image, das sich jetzt so langsam auch geschäftlich bemerkbar macht? Vermutlich ein Konglomerat aus allem. Leider werden es die Ryanair-"Werktätigen" sein (von Beschäftigten kann man bei Ryanair ja nur sehr bedingt sprechen), die es hier wieder einmal zuerst und am härtesten trifft.

Dieser Beitrag wurde am 17.10.2019 09:22 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 17.10.2019 - 09:43 Uhr
UserFloCo
Vielflieger
User (1629 Beiträge)
Mal ganz davon abgesehen, dass ich eh nicht mit Ryanair fliege, sollte man das in meinen Augen nicht überbewerten.
Es bleiben 14 Strecken bestehen ab Hamburg. Auch Ryanair muss schauen, dass am Ende Geld übrig bleibt auf den Strecken. Die sind ja nicht so groß und profitabel geworden, weil sie ihr Geld zum Fenster rausschmeißen.
Wenn man trotz der Schließung der Basis 2/3 der Strecken aufrecht erhalten kann, dann ist es am Ende auch eine Frage der Wirtschaftlichkeit, ob sich eine Basis mit 2 Flieger als solche rechnet, oder man den Verkehr eben von anderen Basen aus bedient. Es ist ja jetzt nicht so, dass Ryanair hier gerade 20 Flieger abziehen würde aus Hamburg.
Für Hamburg würde ich mal sagen, dass es kein wirklicher Verlust ist. Die meisten Strecken, die gestrichen wurden, bleiben durch andere Airlines bestehen. Das freut die anderen, die Anwohner und die Umwelt.

Ich sehe also kein großes Problem.
Beitrag vom 17.10.2019 - 10:45 Uhr
UserJosef Prost
User (41 Beiträge)
Langsam wird es nach meinem Eindruck aber dünn in Hamburg. Welche Airlines haben denn dann dort noch Flugzeuge stationiert? Eurowings (noch in Form von Germanwings), evtl. noch was von Lufthansa Cityline. Aber wer noch?

Wohin mag wohl das Personal von Ryanair verstreut werden…

Dieser Beitrag wurde am 17.10.2019 10:46 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 17.10.2019 - 11:03 Uhr
Userichglaubdasnicht
User (458 Beiträge)
FR hat die Strategie insgesamt geändert. Dort wo die Personalkosten zu hoch werden oder zu werden drohen, z.B in Spanien, baut man Basen ab oder verkleinert sie.
Streiks oder Androhungen von Streiks aktivieren das Management, sofort alle Basen in dem jeweiligen Land zu überprüfen.
Beispiel: CGN wurde immer aus ALC oder VLC mit rein spanischen Besatzungen (Cockpit und Kabine) bedient. Neuerdings hat Malta Air die Flüge übernommen.
Insofern sind Tarifverträge in Zukunft sehr gefährlich für die Mitarbeiter.
FR schaut auf die Wizz und deren sehr niedrigen Kosten. Die haben 2 wesentliche Vorteile: deutlich geringere Personalkosten und das effizientere Flugzeug mit der A321 neo sowie der Möglichkeit auf die A321 LR umzusteigen.
Beitrag vom 17.10.2019 - 11:26 Uhr
Usercontrail55
User (4581 Beiträge)
Nonstop Strecke? Hat Ryanair nicht nur Nonstop Strecken, oder gibt’s auch Multistop?
Beitrag vom 17.10.2019 - 11:35 Uhr
UserFloCo
Vielflieger
User (1629 Beiträge)
Langsam wird es nach meinem Eindruck aber dünn in Hamburg. Welche Airlines haben denn dann dort noch Flugzeuge stationiert? Eurowings (noch in Form von Germanwings), evtl. noch was von Lufthansa Cityline. Aber wer noch?


Und wofür braucht man dringend stationierte Flieger? So lange genug Airlines von anderen Stationen aus Hamburg ansteuern, ist das vollkommen ausreichend. Und ich brauche nicht unbedingt Ryanair als Basis in Hamburg, damit ich direkt nach Verona fliegen kann. Ich mein, Verona ist so groß wie Kiel? Da lohnt sich dann halt nen Direktflug einfach nicht und dann braucht man den auch nicht.
Der Hamburger Flughafen sollte sich sowieso erst einmal auf sich selbst konzentrieren und das Chaos beim Gepäck etc. in den Griff bekommen. Vielleicht hat man da dann ja mal mehr Zeit zu.
Beitrag vom 17.10.2019 - 15:19 Uhr
UserNicci72
User (570 Beiträge)
Langsam wird es nach meinem Eindruck aber dünn in Hamburg. Welche Airlines haben denn dann dort noch Flugzeuge stationiert? Eurowings (noch in Form von Germanwings), evtl. noch was von Lufthansa Cityline. Aber wer noch?


Und wofür braucht man dringend stationierte Flieger? So lange genug Airlines von anderen Stationen aus Hamburg ansteuern, ist das vollkommen ausreichend. Und ich brauche nicht unbedingt Ryanair als Basis in Hamburg, damit ich direkt nach Verona fliegen kann. Ich mein, Verona ist so groß wie Kiel? Da lohnt sich dann halt nen Direktflug einfach nicht und dann braucht man den auch nicht.
Der Hamburger Flughafen sollte sich sowieso erst einmal auf sich selbst konzentrieren und das Chaos beim Gepäck etc. in den Griff bekommen. Vielleicht hat man da dann ja mal mehr Zeit zu.

Naja, ganz so irrelevant ist es dann doch nicht, ob eine Airline an einem Flughafen eine Basis hat oder nicht und ob andererseits ein Flughafen als Basis von Airlines dient oder nicht. Basen sind die zentralen Logistik-Ankerpunkte einer Airline mit allem, was an Personal- und Materialbewirtschaftung dazu gehört - und für einen Flughafen sind Basen aus demselben Grund wichtige Standortfaktoren.

@Josef Prost Nachdem Easyjet seine Basis in Hamburg bereits 2018 geschlossen hatte, haben nach meinem Wissen jetzt noch Eurowings und Condor Basen in Hamburg - viel ist das nicht mehr und Hamburg liegt damit als Nr. 5 in Deutschland ziemlich abgehängt hinter den "Großen Vier", wird vielleicht auch bald von Stuttgart überholt.
Beitrag vom 17.10.2019 - 15:45 Uhr
UserNicci72
User (570 Beiträge)
FR hat die Strategie insgesamt geändert. Dort wo die Personalkosten zu hoch werden oder zu werden drohen, z.B in Spanien, baut man Basen ab oder verkleinert sie.
Streiks oder Androhungen von Streiks aktivieren das Management, sofort alle Basen in dem jeweiligen Land zu überprüfen.
Beispiel: CGN wurde immer aus ALC oder VLC mit rein spanischen Besatzungen (Cockpit und Kabine) bedient. Neuerdings hat Malta Air die Flüge übernommen.
Insofern sind Tarifverträge in Zukunft sehr gefährlich für die Mitarbeiter.
FR schaut auf die Wizz und deren sehr niedrigen Kosten. Die haben 2 wesentliche Vorteile: deutlich geringere Personalkosten und das effizientere Flugzeug mit der A321 neo sowie der Möglichkeit auf die A321 LR umzusteigen.

Das ist sicherlich richtig, dass das auch eine Kampftaktik in der Kriegführung des Managements gegen ihre eigene Belegschaft ist. Aber ab einem bestimmten Punkt erschöpft sich das auch: Wenn Basen geschlossen (Bremen, Hamburg) oder rasiert werden (Hahn, Weetze) und der innerdeutsche Flugverkehr ganz eingestellt wird, weil Deutschland dem Management zu "gewerkschaftlich" ist (mal angenommen, das sei der Hauptgrund), dann heißt das aber auch "in plain English", dass diese Airline mit den Marktbedingungen in Deutschland nicht zurecht kommt und deshalb sukzessive den Rückzieher macht. Die Zahl der vorhandenen Basen ist ja begrenzt und jede Schließung oder Rasur bedeutet die Schließung von Routen, bedeutet Umsatzrückgang. Wenn das dann auch noch in anderen europäischen Ländern passiert, darunter in dem gleichfalls wichtigen spanischen Markt (in Frankreich hat Ryanair ohnehin noch nie zwei Beine auf den Boden bekommen; im UK haben sie nicht nur mit der IAG und der TUI, sondern vor allem auch mit dem Lokalmatador Jet2 zu kämpfen - mal sehen, wie sie sich dort nach dem Aus von Thomas Cook positionieren können - und Ryanairs wichtigster UK-Marktanteil, die Verbindungen nach Polen, ist gerade wegen des Brexits unter Druck), das alles also kein spezifisch deutsches Phänomen ist, dann heißt das im Klartext, dass diese Airline ein Problem mit ihrem Geschäftsmodell hat: Italien, Polen und Irland werden jedenfalls nicht ausreichen, um Ryanair als Nr. 1 des europäischen Luftverkehrs wieder an der Lufthansa Group vorbei zu bringen. Faktisch werden sie nicht einmal ausreichen, um Ryanair als Nr. 1 der europäischen LCC zu halten. Soweit ich sehen kann hat Ryanair da an mehreren Fronten Probleme: Wizzair aka Ryanair 2.0, die Lufthansa Group aka Ryanair 3.0, Easyjet mit einem anderen, erfolgreichen LCC-Geschäftsmodell - und nicht zuletzt Ryanairs unterirdisches Image in Öffentlichkeit und Politik (gewerkschaftsfreundliche Gesetzgebungsverfahren in Deutschland sind ja explizit als "Lex Ryanair" annotiert worden, wenn man es in dieser Lobby verseuchten Welt der Politik so weit gebracht hat, dann fängt das an, einem auf die Füße zu fallen). Wenn Ryanair dann irgendwann - im nächsten Jahr oder wann auch immer - seine 737 MAX bekommt und nur noch polnische und maltesische Crews ohne Arbeitsvertrag in den Cockpits und Kabinen sind - ich denke nicht, dass sie dann alles wieder auf Reset stellen können. Leider werden das vor allem die für Ryanair tätigen "Selbstständigen" und "freiberuflichen Mitarbeiter" zu spüren bekommen, die jetzt schon dort sind, wo einen nach einem alten Sprichwort die Hunde beißen.

Dieser Beitrag wurde am 17.10.2019 15:58 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 17.10.2019 - 16:43 Uhr
Userichglaubdasnicht
User (458 Beiträge)
@nicci72

Ihrer Feststellung, dass das bisherige Geschäftsmodell der FR nicht mehr dauerhaft trägt, stimme ich uneingeschränkt zu. FR ist stehengeblieben und die Wettbewerber haben sich entwickelt.So geht das einfach nicht mehr.

Die Kosten für die Piloten waren ja auch deswegen so gering, weil die FOs bei keiner anderen Gesellschaft so schnell Flugstunden sammeln konnten, wie bei FR auf der 738.

Wizz wird im Zuge der Expansionsstrategie nach Westen hin weitere Basen, wie in Wien, aufbauen müssen. Da geht man dann als junger Copilot hin und hat dann anschließend Typerating für A319,320,321 einschl. LR und XLR.

Da ist man allemal besser dran, als Flugstunden auf der Totgeburt Max200 gesammelt zu haben, die vermutlich ein gesondertes Typerating erfordert.
Beitrag vom 18.10.2019 - 10:39 Uhr
Usercontrail55
User (4581 Beiträge)
Das Geschäftsmodell trägt nicht mehr? Der ist gut ! Mal die FY19 Zahlen gelesen? Trotz gesättigtem Markt Umsatz und Passagierzahlen im Plus, Zusatzverkäufe +25%!
Da die LCCs wie Ryan, Easy, Wizz, usw. wachsen würde ich sagen, das Modell ist Dead-On!
Da das nur mit einer superschlanken Kostenbasis funktioniert und Sprit und Personalkosten bei Ryan +30% gestiegen sind räumt man auf und sortiert schwache Märkte aus. Völlig normaler Prozess. Sonst wären sie nicht dort wo sie heute sind.

Dieser Beitrag wurde am 18.10.2019 10:44 Uhr bearbeitet.