Beitrag vom 07.04.2025 - 11:07 Uhr
Der letzte Absatz überzeugt nicht. Als Airbus würde ich meine Simulationsparameter auch so einstellen, daß mein Produkt nicht schlechter als notwendig abschneidet.
Die Leute denken immer, Simulationen würden die Realität zutreffend abbilden. Das trifft bei passenden Parametern auch oft zu, aber selbst das "beste" Simulationsmodell erzeugt Lottozahlen wenn seine Parameter falsch genug sind.
Beitrag vom 07.04.2025 - 13:14 Uhr
Frage an die Fachleute.
War das:
""Der Autopilot Nr. 1 kommandierte eine Verringerung des Längsneigungswinkel (Pitch-Down) von +4,5 Grad auf -1,0 Grad, um dieser unkontrollierten Höhenabweichung entgegenzuwirken.""
gut oder schlecht für den weiteren Ablauf des Geschehens?
Danke für Ihre Antworten.
Beitrag vom 07.04.2025 - 13:44 Uhr
@ GB: volle Zustimmung. Simulationen sind das Abbild eines Modells, icht der Wirklichkeit. Wirbelschleppen steigen in Thermik auf, fallen bei downdrafts hinab, leben länger in ruhiger Luft, kürzer in turbulenter Luft usw. usw.
Und auch die speed hat natürlich einen Einfluß, je langsamer , desto Wirbel ....
Beitrag vom 07.04.2025 - 15:51 Uhr
Der letzte Absatz überzeugt nicht. Als Airbus würde ich meine Simulationsparameter auch so einstellen, daß mein Produkt nicht schlechter als notwendig abschneidet.
Die Leute denken immer, Simulationen würden die Realität zutreffend abbilden. Das trifft bei passenden Parametern auch oft zu, aber selbst das "beste" Simulationsmodell erzeugt Lottozahlen wenn seine Parameter falsch genug sind.
Keine Zustimmung:
Richtig ist, dass Simulationsmodelle eine virtuelle Situation abbilden. Diese Simulationsmodelle wurden aber während der Test- und Zertifizierungsflüge verifiziert und validiert, daß der Einfluss der (u.a. von @fliegerschmunz genannten) Parameter auf die Wirbelschleppen bekannt und kein Voodoo sind. Zudem besitzt Airbus langjährige Erfahrung auf dem Gebiet und macht das nicht zum ersten Mal. Daher kann man mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass das Simulationsmodell relativ nah an die Wirklichkeit herankommt, natürlich sofern die Parameter stimmen. Und in diesem Fall waren sämtliche Parameter bekannt, so das die Simulation sehr wahrscheinlich die realen Wirbelschleppen bestimmt hat.
Simulationstechniken sind heute State-of-the Art in sämtlichen technikbezogen Industrien und die dabei eingesetzten Tools bereits über Jahrzehnte erprobt.
Davon unabhängig handelt es sich um eine amtliche Anfrage durch die BFU, die Airbus wahrheitsgemäß nach besten Wissen und Gewissen beantworten muss. Ferner liegt hier entgegen der Behauptung auch gar keine Eigenmotivation seitens Airbus vor, die Parameter manipulieren zu müssen, um "besser" auszusehen. Selbst wenn sich die A359-Wirbelschleppen als Ursache für die A339-Turbulenzen herausgestellt hätten, wäre dieses Ergebnis für Airbus folgenlos geblieben. Zudem sind die Wirbelschleppen sämtlicher Flugzeugmodelle unter diverse Parametern bekannt, in der Realität nachgewiesen, und über die Typzertifizierung auch als zulässig beurteilt worden, sodass hier ein Überraschung im Falle des A330-900 auch überhaupt nicht zu erwarten gewesen sind. Es handelte sich bei dieser Überprüfung daher rein um eine Bestätigung für diesen Spezialfall.
Der hier suggerierte Eindruck, dass Manipulationen seitens Airbus im Spiel wären und/oder das verwendete Simulationsmodell mit der Realität nicht viel zu tun hätten, ist fachlich und sachlich in mehrfacher Hinsicht Unsinn. Es spricht objektiv nichts dagegen, dem letzten Absatz Glauben zum schenken.
Dieser Beitrag wurde am 07.04.2025 15:52 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 07.04.2025 - 16:42 Uhr
@ Weideblitz. Niemand hat behauptet, dass die Simulationen per se fehlerhaft sind. Es wird aber darauf hingewiesen, dass die quantitativen Werte der Parameter durchaus einen erheblichen Einfluss auf die Vaildität des Ergebnisses haben. Und sorry, in dem Pottbouri aus Messfehlern, Zeitverzögerungen, Unschärfen der Simulation kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass sich eine Situation wie die in Rede stehenden mit hinreichender Validität abbilden lässt. Mit Sicherheit nach bestem Wissen und Gewissen, aber mit Sicherheit nicht 1:1.
Beitrag vom 07.04.2025 - 18:08 Uhr
Wie schwierig Simulationen sind, selbst wenn man die zugrunde liegenden physikalischen Prozesse sehr gut mathematisch abbilden kann, erfahren derzeit die Meteorologen. Die bisherige Praxis, die Zellen immer kleinräuiger zu machen, erhöht den Berechnungsaufwand selbst bei gleichbleibender Granularität des Inputs (die Meßstationen z.B. werden dadurch ja nicht mehr und engmaschiger) exponentiell. Und selbst bei einem 10-km-Raster können damit noch immer nicht lokale Effekte berechnet werden, obwohl man doch seit Jahrzehnten daran herumomodeliert.
Die Tatsache, daß ich etwas auf drei Dezimalen genau berechnen kann, sagt eben leider rein gar nichts aus über die Richtigkeit des Ergebnisses. Auch die Bahn berechnet ihre Fahrpläne sekundengenau (und muß, wie man derzeit staunend zur Kenntnis nehmen muss, schon ganze Zughalte streichen, wenn der neue Elektrozug zum Ausklappen der Trittbretter jeweils 20..30 Sekunden länger dauert als geplant), die Verteilung der erzielten Ankunftszeiten streut trotzdem im Viertelstundenbereich. Und Fahrzeitenberechnungen sind gegenüber Differentialgleichungen noch geradezu trivial zu nennen.
Was die Wirbelschleppen betrifft, so ist es eben ein Unterschied, ob man das für ein stabiles oder ein dynmisch sich veränderndes, bspw. konstant fließendes oder gar verwirbeltes Medium berechnet. Als Laie kennt man doch kaum die Relevanz einzelner Faktoren und sollte deshalb durchaus die Interessen des rechnenden Fachmanns einkalkulieren, schließlich wurden die Folgen von Tabak, Zucker, CO2 u.v.a.m. auch jahrzehntelang durch viele seriöse Studien schön gerechnet.
Beitrag vom 07.04.2025 - 19:39 Uhr
@ Weideblitz. Niemand hat behauptet, dass die Simulationen per se fehlerhaft sind. Es wird aber darauf hingewiesen, dass die quantitativen Werte der Parameter durchaus einen erheblichen Einfluss auf die Vaildität des Ergebnisses haben. Und sorry, in dem Pottbouri aus Messfehlern, Zeitverzögerungen, Unschärfen der Simulation kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass sich eine Situation wie die in Rede stehenden mit hinreichender Validität abbilden lässt. Mit Sicherheit nach bestem Wissen und Gewissen, aber mit Sicherheit nicht 1:1.
Ich habe von Suggestion gesprochen, nicht von Behauptung. Der Beitrag hat das zwar nicht behauptet, aber suggeriert.
Als Ingenieur weiss ich, dass das mit ausreichender Genauigkeit sehr wohl abbildbar ist. 1:1 ist auch nicht nötig, aber hinreichend genau für eine Aussage, ob die A350-Wirbelschleppen den A339 überhaupt treffen konnten oder nicht.
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Die bisherige Praxis, die Zellen immer kleinräuiger zu machen, erhöht den Berechnungsaufwand selbst bei gleichbleibender Granularität des Inputs (die Meßstationen z.B. werden dadurch ja nicht mehr und engmaschiger) exponentiell. Und selbst bei einem 10-km-Raster können damit noch immer nicht lokale Effekte berechnet werden, obwohl man doch seit Jahrzehnten daran herumomodeliert.
Deswegen gibt es Großrechner die das können. Und bei dem besagten Fall war das Raster schon weniger als 1.000 Fuß groß, also nur ein Bruchteil der 10km.
Was die Wirbelschleppen betrifft, so ist es eben ein Unterschied, ob man das für ein stabiles oder ein dynmisch sich veränderndes, bspw. konstant fließendes oder gar verwirbeltes Medium berechnet. Als Laie kennt man doch kaum die Relevanz einzelner Faktoren und sollte deshalb durchaus die Interessen des rechnenden Fachmanns einkalkulieren, schließlich wurden die Folgen von Tabak, Zucker, CO2 u.v.a.m. auch jahrzehntelang durch viele seriöse Studien schön gerechnet.
Simulationsmodelle sind in der Lage komplexe Parameter hinreichend abzubilden, sei es stabil oder dynamisch, selbst wenn letzteres erhöhten Rechenaufwand erfordert. Es geht hier auch nicht darum, was ein Laie erkennen kann: Airbus Fachleute haben die Wirbelschleppen simuliert und anhand des Ergebnisse besagte Aussage getroffen. Es ist rein an der BFU, die Korrektheit zu bewerten. Und daran sollte man such als Laie dann auch halten.
Wenn man selbst ein Thema nicht (ausreichend) durchdringt, kann man daraus niemals seriös ableiten, das der behauptete Sachverhalt unzutreffend sei.
Dieser Beitrag wurde am 07.04.2025 19:42 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 07.04.2025 - 21:37 Uhr
@ Weideblitz
es gibt auch Ingenieure, die von dem, was sie tu, derart überzeugt sind, dass sie die Bedingungen der Realität auszublenden beginnen.
Sie glauben doch nicht etwa, dass Sie hier der einzige Ingenieur sind
Beitrag vom 07.04.2025 - 22:53 Uhr
Mal was aus der Praxis: Über dem Atlantik fliegt man oft offset um den Wakes des vorausfliegenden Flugzeugs zu entgehen. Manchmal ist man 7NM dahinter und es rappelte spürbar, manchmal fliegt man direkt darunter durch und merkt überhaupt nichts. Ob man das jetzt hinreichend simulieren kann, I doubt it...
Zum verbauten Wetterradar sei bemerkt, dass es nicht einfach tatsächliche Echos abbildet, sondern abhängig von der geographischen Position die Echos auswertet und dann eben daraus ein Bild ableitet. Das führt in den Tropen regelmäßig dazu, dass es völlig überzeichnet und das ganze Display bunt leuchtet. Manchmal aber auch das komplette Gegenteil: Man sieht aus dem Fenster einen ordentlichen Kaventsmann, das Display bleibt aber schwarz. Nachts natürlich keine Chance. Kurz vorher zeigt es ihn zwar meist an, für eine koordinierte Umfahrung ist es dann aber manchmal schon zu spät.
Bei meiner Airline benutzen wir auch Turbulenzvorhersagekarten, die eine hoch detaillierte Auflösung haben. Hier in etwa das gleiche Spiel: Manchmal ist nichts eingezeichnet aber es wackelt über Stunden, manchmal stimmt es haargenau.
Wenn man in manchen Gebieten der Welt auf jede Warnung oder Vorhersage mit einem Manöver reagieren würde, man käme nie an.
Beitrag vom 07.04.2025 - 22:53 Uhr
Mal was aus der Praxis: Über dem Atlantik fliegt man oft offset um den Wakes des vorausfliegenden Flugzeugs zu entgehen. Manchmal ist man 7NM dahinter und es rappelte spürbar, manchmal fliegt man direkt darunter durch und merkt überhaupt nichts. Ob man das jetzt hinreichend simulieren kann, I doubt it...
Zum verbauten Wetterradar sei bemerkt, dass es nicht einfach tatsächliche Echos abbildet, sondern abhängig von der geographischen Position die Echos auswertet und dann eben daraus ein Bild ableitet. Das führt in den Tropen regelmäßig dazu, dass es völlig überzeichnet und das ganze Display bunt leuchtet. Manchmal aber auch das komplette Gegenteil: Man sieht aus dem Fenster einen ordentlichen Kaventsmann, das Display bleibt aber schwarz. Nachts natürlich keine Chance. Kurz vorher zeigt es ihn zwar meist an, für eine koordinierte Umfahrung ist es dann aber manchmal schon zu spät.
Bei meiner Airline benutzen wir auch Turbulenzvorhersagekarten, die eine hoch detaillierte Auflösung haben. Hier in etwa das gleiche Spiel: Manchmal ist nichts eingezeichnet aber es wackelt über Stunden, manchmal stimmt es haargenau.
Wenn man in manchen Gebieten der Welt auf jede Warnung oder Vorhersage mit einem Manöver reagieren würde, man käme nie an.