Konsolidierung der Regionalmärkte
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Austro-Carrier: Neues Wachstum durch Zusammenarbeit

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Flughafen Innsbruck, © Ingo Lang, Edition Airside

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WIEN - Österreich Regional: Im Land der Berge fliegen fast nur noch Zwerge. Während im Flachland die beiden Homecarrier Austrian und FlyNiki gemeinsam jährlich über 12 Millionen Passagiere einsammeln, bringen im Gelände vier regionale Airlines mit zusammen neun Flugzeugen auf 350 Ledersitzen gerade mal 350.000 Flugäste in die Luft, vorwiegend im eigenen Lande und in die deutschsprachige Nachbarschaft.

Nachdem in den 90er Jahren praktisch alle aktiven Austro-Carrier in der neu formierten Austrian Airlines Group aufgingen (AUA, Tyrolean, Laudaair und Rheintalflug), machten sich auf Österreichs Regionalflughäfen neben der deutschen Lufthansa mit Ryanair, Hapag Express, Air Berlin, Transavia und Easyjet vor allem ausländische Lowcost-Airlines breit. Mit großem Erfolg, für die neue AUA war Wien das Maß der Dinge.

Post Tyrolean: Aller Anfang ist schwer

Dennoch glückte Rolf Seewald und Renate Moser, ex-Betreiber der Vorarlberger Rheintalflug ein frisch gewagter Neustart in einer lukrativen Nische: Seit 2002 'beflügelt' Intersky den Bodensee. Mit fünf 50-sitzigen Turboprops ist Intersky heute unter den Kleinen mit Abstand der Größte. Und schreibt von Beginn an schwarze Zahlen. Mit täglich 18 Flügen zu sieben Zielen im austro-deutschen Grenzverkehr, im Sommer auch zu den schönsten Plätzen am Mittelmeer, ist der Homecarrier vom 'Ländle' (Österreichs kleinstes Bundesland) heute um einiges leistungsfähiger als die nationale AUA bei ihrem Marktantritt vor 50 Jahren.

Landung unter Minimum

Um einiges weniger Glück hatten die ambitionierten Versuche in Österreichs stärkster Industrieregion einen unabhängigen 'Tyrolean'-Nachfolger in die Luft zu bringen. Die Grazer Styrian brachte es zwar auf fünf Regionaljets, die in ihren besten Zeiten fünf Ziele in Westeuropa anflogen, gegen die Netzwerkcarrier hatte sie aber nur eine marginale Chance. Nach drei Jahren gab sie auf.

Erst gar nicht vom Boden hoch kam der nächste Versuch: Die Grazer Fairline wollte nonstop nach Italien, letztendlich warteten ihre drei Saabs aber vergeblich auf die Passagiere. Im zweiten Versuch wollten Gründer Georg Pommer und ein paar mutige Investoren es besser machen. Nach der Styrian-Pleite standen mit Robin Hood diesmal zwei kleinere Saabs am Grazer Vorfeld, die zunächst nach Zürich und, was kaum einer verstand, im Wettbewerb zur AUA nach Stuttgart flogen. Beides rechnete sich nicht, im Winter 2010 drohte auch Robin Hood ein frühes Ende. Immerhin gelang den Grazern ein Ausgleich, die Steiermark und der Airport Graz beharren auf 'ihren' Fliegern.

Ähnlich erging's den Tiroler Kollegen, die zunächst ab Innsbruck und Salzburg für KLM und später ab Bozen und anderen italienischen Minimärkten für Alitalia flogen. Das Aus der Italiener war auch das Aus für die Tiroler. Was von Air Alps und ihren neun Regiolinern übrig blieb, sind sechs Tagesflüge von Bozen nach Rom und drei flotten-kompatible Flieger, die nun in der Welcome Air aufgingen.

Nachbarschaftshilfe

Die im Jahr 2000 von Jakob Ringler, Ambulanzflieger und Gründer von Christophorus und Tyrolean, gestartete Welcome Air fand neben ihren weltweiten Ambulanzflügen im Werksverkehr des automobilen Magna-Umfelds auch eine lukrative Liniennische, und mit der Schweizer Lions Air Group inzwischen einen neuen Eigentümer. Was denen noch fehlt, ist ein attraktiver Markt mit Zukunft, vor allem für ihren Neuzugang Air Alps.

Ebenfalls im Austro-Regionalgeschäft ist auch der Österreich-Ableger der deutschen Cirrus Airways: Sie fliegt mit einer einzigen Dornier auf einer alten Swissairstrecke: Salzburg-Zürich, im Codeshare mit der Swiss.

Tyrolean NextGen

Kaum übersehbar, der ostalpine Regionalmarkt ächzt nach Konsolidierung. Von einigem Einfluß ist dabei die künftige Rolle des altvorderen Pioniers im alpinen Regionalgeschäft: Tyrolean. Als Austrian Arrows hat Tyrolean heute im Europasystem der Lufthansa-Gruppe einen strategisch wichtigen Job, vor allem am neuen Lufthansa-Drehkreuz Wien. Mit dem Abbau der gesamten 50-Sitzerflotte (12 CRJ und 8 Dash-8/300) und der Umstellung auf 80 bis 100-sitziges Gerät beginnt bei den Tirolern eine neue Ära: Sie fliegt künftig nur noch in gehobenen Märkten. Ihr Umstieg  auf hochvolumigen Verkehr eröffnet freilich den privaten Carriern neue Chancen: Den Ausbau ihrer Märkte im Segment der 50-Sitzer.

Neuordnung im Regionalverkehr

Mit einem Marktanteil von zusammen rund 1,5 Prozent scheint das auch dringend nötig. Das Objekt der Begierde: Der dezentrale Regionalverkehr in die Schweiz, nach Stuttgart, ins Rheinland und nach Norddeutschland, aber auch der niedervolumige Zubringerverkehr zu den umliegenden Lufthansa-Hubs in Zürich, München und Wien. Die Neuordnung der regionalen Märkte verlangt fast zwingend nach Kooperation, im Flugbetrieb, im Marketing und in der Technik, sowohl zwischen den Regionalcarriern als auch mit den Netzwerkcarriern. Von der Kosteneffizienz der 'Kleinen' und der Vertriebskraft der Großen würden alle profitieren, vor allem aber die Kunden. Das Angebot der Stunde: Neues Wachstum durch Zusammenarbeit. Eine durchaus 'machbare' Realität oder wie Claus Bernatzik, Chef der Intersky in einem aero-Gespräch meinte, gäb's dazu eigentlich gar keine Alternative.
© Bob Gedat, edition airside / red aero.at | Abb.: Flughafen Graz | 24.05.2010 12:20


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