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Boeing und Airbus legen Single Aisle-Strategien fest

Boeing 737
Boeing 737-Auslieferungen in Everett, © The Boeing Company

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HAMBURG - In diesem Herbst werden Airbus und Boeing ihre Antworten auf neue Konkurrenz im Single Aisle-Markt geben. Mit der CSeries dringt Bombardier ab 2013 in das bislang zwischen Airbus A320 und Boeing 737 aufgeteilte Revier. Vor den Airlines werden nur Angebote mit optmierter Betriebskostenbilanz bestehen. Nach einem Jahr intensiver Planungsarbeit zeichnen sich in Toulouse und Seattle aber unterschiedliche Strategien auf dem Weg zu mehr Effizienz ab.

Die Erwartungen der Kunden und die von Bombardier gesteckte Messlatte liegen hoch. Um weiterhin attraktiv zu bleiben, sollten an A320 und 737 bis Mitte des Jahrzehnts Effizienzsteigerungen im zweistelligen Prozentbereich errungen werden. Neue Triebwerkstechnologien - insbesondere der mit der CSeries eingeführte PW1000G-Antrieb - könnten den technologischen Löwenanteil zur Erfüllung dieser Aufgabe leisten.

Beide Hersteller haben den Triebwerksmarkt im letzten Jahr sorgfältig studiert. Airbus wird sein Brot-und-Butter Programm mit hoher Wahrscheinlichkeit als A320EX / NEO ab 2015 über ein Engine-Upgrade aufwerten. Die PW1000G und die CFM Leap-X könnten parallel angeboten werden. Die neuen Triebwerke würden den Treibstoffverbrauch der A320-Serie zusammen mit den ab 2012 eingeführten Sharklets an den Tragflächen um bis zu 16 Prozent senken.

Ein wichtiges Verkaufsargument gegenüber den Fluggesellschaften, bei denen Aufwendungen für Treibstoffe inzwischen die Personalkosten übersteigen. Die Investitionen für die Einführung neuer Triebwerke werden bei Airbus auf rund eine Milliarde Euro geschätzt. Steigender Absatz in der Airbus Single Aisle-Serie aber auch eine Verlängerung des aktuellen A320-Programms in den Zeitraum 2020 bis 2025 sollen die Rechnung aufgehen lassen.

Boeing tendiert zu neuem Flugzeug

Boeing rückt unterdessen von neuen Triebwerken für die 737 immer weiter ab. "Unsere Kunden haben wenig Interesse an einem Re-Engining gezeigt", sagte Boeing Finanzvorstand James Bell unlängst gegenüber Finanzanalysten in New York.

Neue Antriebstechnologien könnten die Effizienz der Triebwerke zwar um "10 bis 15 Prozent" erhöhen, fasste Bell die Erkenntnisse seiner Ingenieure zusammen. Ein höheres Gewicht der Flugzeuge und Kosten unterschiedlicher Flotten bei den Airlines würden die tatsächlichen Einsparungen aber geringer ausfallen lassen. Unter dem Strich verbliebe nach Berechnungen Boeings lediglich eine "Verbesserung im einstelligen Prozentbereich".

Allerdings hat Boeing gegenüber Airbus auch weniger Freiraum bei seiner Entscheidungsfindung. Die 737 ist tiefbauend ausgelegt – bereits jetzt muss Boeing asymetrische Triebwerke unter den Tragflächen montieren. Ein Re-Engining würde erhebliche Änderungen an der Konstruktion nach sich ziehen.

Auch kommerziell steht Boeing vor einem Problem. Einem Einsatz der attraktiven PW1000G am akutellen Modell steht nicht zuletzt ein exklusiver Lieferantenvertrag mit CFM im Wege. Die Bindung an CFM könnte Boeing allenfalls mit der Einführung einer gänzlich neuen 737 aufbrechen.

Die Idee einer vorgezogenen Ablösung der aktuellen 737 mit einem von Grund auf neu konstruierten Nachfolger scheint bei Boeing immer mehr Gefallen zu finden. Der Konzern arbeite weiter an Maßnahmen, um an der 737 eine "durchgängige Steigerung der Effizienz von 10 bis 15 Prozent" zu erreichen, sagte Bell. Die Modifikation der 737 allein über neue Triebwerke wäre nur dann eine wirkliche Option, wenn "die Technologie für eine grundlegend neue 737 noch 30 Jahre entfernt" läge. "Aber ich sehe nicht, dass dies der Fall ist."

Ab 2015 könnte Boeing mit der Entwicklung einer neuen 737 beginnen, die dann um 2020 am Markt verfügbar wäre. Für dieses Vorgehen spricht auch, dass Boeing die Fertigungsraten der aktuellen 737 nur vorsichtig erhöht. Von jetzt 31,5 Flugzeugen im Monat soll die Produktion ab Anfang 2012 auf 35 Maschinen monatlich steigen.

Airbus hatte bereits im März angekündigt, die Fertigung in seinem Single Aisle-Programm A320 ab Dezember von 34 wieder auf 36 Einheiten im Monat einzuspielen. Ab 2012 soll die Produktion sogar auf 40 Flugzeuge monatlich steigen.

Auch bei Boeing ließe sich eine weitere Erhöhung der 737-Produktion angesichts wieder anziehender Auftragseingänge und erwarteten Bestellungen auf dem nordamerikanischen Heimatmarkt rechtfertigen. Bell warnte allerdings vor "hohen Kosten", die mit diesem Schritt verbunden sind – und blickt dabei auch auf seine Zulieferkette.

Boeing selbst verfügt am Werk Renton über eine Kapazitätsreserve, die die Ausweitung der Fertigung auf bis zu 40 Flugzeuge im Monat ohne strukturelle Investitionen ermöglichen würde. Mehrere der am Programm beteiligten Zulieferer haben diesen Spielraum nicht und müssten zusätzliche Kapazität erst aufbauen. Bei einer kurzen Restlaufzeit der aktuellen 737 würden sich diese Investitionen für die Partnerunternehmen kaum amortisieren.

Viele Zeichen deuten inzwischen darauf hin, dass Boeing tatsächlich eher zu einer Neuentwicklung tendiert und ein grundlegendes Upgrade der 737 verwirft. Dennoch muss Seattle einen Spagat finden, um bis zur ersten Auslieferung einer neuen 737 nicht zu viele Marktanteile an Airbus und Bombardier zu verlieren.

Brückenmodell 737NG+

Ab Mitte 2011 bietet Boeing für die 737 die weiterentwickelten CFM56-7BE Triebwerke an, die zwei Prozent weniger Treibstoff verbrauchen sollen. Ein Anknüpfung an die bereits eingeleitete Modellpflege im Programm bietet Boeing mittelfristig eine durchaus attraktive Perspektive.

Die Alternative einer um vier bis fünf Prozent verbrauchsoptimierten 737NG+ als Übergangsmodell wurde in der vergangenen Woche von Flightblogger Jon Ostrower unter Berufung auf einen Boeing-internen Webcast von Commercial Airplanes Vorstand Jim Albaugh in Spiel gebracht. Als möglicher Erstkunde des Fliegers wird Ryanair gehandelt. Ryanair prüft aktuell eine Bestellung von bis zu 300 neuen Flugzeugen. Bei einem Auftrag in dieser Größe könnte Boeing den Weg zu mehr Effizienz auch in kleinen Schritten gehen.
© aero.de | Abb.: The Boeing Company | 14.09.2010 15:37

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Beitrag vom 14.09.2010 - 20:57 Uhr
Das einzige neue an dem Artikel ist für mich das Airbus vielleicht beide Triebwerke anbieten will.
Kann aber auch seien das ich da was verpasst hab.
Ist bei dem ganzen eigentlich auch geplant die Wartungsintervalle zu verlängern?
Beitrag vom 14.09.2010 - 16:30 Uhr
"Boeing und Airbus legen Single Aisle-Strategien fest"

Der formilierte Titel suggeriert etwas zweideutig auch die Gegenwartsform, so als würde erwartet werden können, dass im Artikel berichtet wird, auf welche Single Aisle-Strategie sich Boeing und Airbus nun bereits festgelegt hätten.

Der Artikel selbst erscheint als gute Zusammenfassung bisher bekannter Meldungen.

Bei "Verwandte Themen" wäre dazu doch durchaus auch noch auf folgenden unlängst im Forum kommentierten Artikel hinzuweisen, vom "27.07.2010 12:11":

 http://www.at.aero.de/news-10805/Boeing-stellt-ihre-neue-37-Next-Generation-vor.html


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