Frühe ETOPS-Zulassung in Frage
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Boeing 787 bereitet Verantwortlichen weiter Kopfschmerzen

Boeing 787
Boeing 787 während des Erstflugs, © Boeing

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EVERETT - Es steht schlecht um den Dauerpatienten 787. Seit mittlerweile sechs Wochen finden keine Testflüge mehr statt. Ein Bordfeuer in der Testmaschine ZA002 hält die Flotte seit November in den Hangars. Seither kündet die Funkstille um die 787 von der Katerstimmung, die ein Jahr nach dem Erstflug am Puget Sound eingekehrt ist. Das erste neue Flugzeugprogramm seit Mitte der 90er Jahre hat sich für Boeing endgültig zu einem Desaster entwickelt.

Mittlerweile liegt die 787 gut drei Jahre hinter ihrem einstigen Plan zurück. Mehrere Personalwechsel im Programm und sogar in der Leitung der verantwortlichen Konzernsparte Boeing Commercial Airplanes konnten immer neue Rückschläge nicht verhindern. Die Probleme der 787 gehen dabei über die einzelnen Ereignisse hinaus, die Boeing zu einer sechsfachen Korrektur der Planungen zwangen.

"Das Programm ist mit nichts vergleichbar, das wir bislang gekannt haben", zitierte die "Seattle Times" am Wochenende einen mit der 787 eng vertrauten Boeing-Mitarbeiter. "Es ist ein gänzlich verkorkstes Durcheinander."

Eine erneut angepasste Lieferplanung wird das EIS der 787 nach Einschätzung von Beobachtern in das zweite Halbjahr 2011 verlegen. Bereits vor dem Zwischenfall mit ZA002 hatten sich aber Spekulationen über eine siebte Programmverzögerung gemehrt. Ein Triebwerksschaden im Teststand bei Rolls-Royce und der mehrfach verzögerte Aufbau der Testflotte galten vielen als Vorbote neuen Ärgers für die 787.

Schlampig verarbeitete Höhenleitwerke des Herstellers Alenia Aeronautica warfen im Sommer ein schlechtes Licht auf das gesamte Programm und verlangsamten die Flugerprobung. Ein Jahr zuvor musste Boeing den Programmplan schon einmal wegen notwendiger Nacharbeiten an der Tragflächenkonstruktion korrigieren.

Eine unter Belastung vorzeitige Delamination der Tragflächenstringer am Übergang zur Wingbox hatte das 787-Programm im Juni 2009 um sechs Monate zurückgeworfen. Die Panne schloss bereits 2009 an eine Serie von Problemen an, die von der Knappheit spezieller Niete für den Composit-Rumpf tief in Logistik der komplexen internationalen Lieferkette reichte.

Auch heute arbeiten Zulieferer und Boeing Endmontage noch nicht synchron. Ende November schnitt Boeing einen dreiwöchigen Zeitpuffer in die Endfertigung. Zulieferer sollten mehr Zeit erhalten, um Teile nicht unfertig an das Werk Everett zu liefern.

FAA stellt ETOPS-Zulassung in Frage

 
Vor den Toren der Montagehalle drängen sich inzwischen 20 halbfertige 787 ohne Kabinenausstattung und Triebwerke. Allein die Abschlussarbeiten an diesen Flugzeugen dürften Boeing weitere Monate kosten. Erstkunden der 787 planen ihre Flotten und Netzwerke bereits um. Im Dezember kündigte United Continental die Verlegung ihres 787-EIS von November 2011 auf das erste Quartal 2012 an.

Die Aufnahme einer Linie zwischen dem United Continental-Hub Houston und dem neuseeländischen Auckland wurde ebenfalls auf 2012 vertagt. Inzwischen ist sogar fraglich, ob die ersten 787 überhaupt für derartige Langstrecken über Wasser zugelassen werden.

Nach dem Bericht der "Seattle Times" stellte FAA Sicherheitsadminstrator John Hickey bei einem Besuch in Seattle Anfang des Monats die ETOPS-Zulassung der ersten 787 im Lichte des aktuellem Stands im Programm in Frage. Ohne ETOPS-Zertifikat könnten frühe Betreiber ihre 787 nur auf Strecken einsetzen, in denen ein Landeflughafen stets in Reichweite von höchstens 60 Minuten liegt.

Für alle Fluggesellschaften, die ab 2011 erste Maschinen erhalten sollen - darunter ANA, JAL, Air India und United Continental -, wäre dies eine weitere bittere Pille. Klarheit sollen die Kunden mit einem überarbeiteten Programm- und Lieferplan erhalten. Dessen Vorlage hatte Boeing am 24. November "innerhalb der nächsten Wochen" angekündigt.
© aero.de | Abb.: The Boeing Company | 20.12.2010 10:40

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Beitrag vom 24.12.2010 - 12:18 Uhr
Boeing 787 bereitet "Verantwortlichen" weiter Kopfschmerzen

hat eigentlich schon mal jemand darüber nachgedacht welche Kopfschmerzen dieser Flieger seinen zukünftigen Passagieren mittlerweile bereitet? Zumindest denjenigen, die außer von A nach B damit befördert werden möchten sich auch mit den Meldungen um dieses Flugzeugs befassen. Als zivilflugzeugbegeisterten Laien, der sich brennend für die genialen Ingenieursleistungen in der gesamten Flugbranche interessiet, muß ich leider sagen, dass ich dieses Modell mindestens bis zur MSN 500 meiden möchte. Ich verstehe momentan nicht, wie die Chefs der Airlines, die 787 bestellt haben, so ruhig bleiben (wenn sie es denn intern bleiben). Ein "Fastabsturz", dauernde Nachbesserungen, die den Zulieferern in die Schuhe geschoben werden, Geschichten mit den Zulassungsbehörden, usw. usw.
Sollte ich mal in dieses Flugzeug einsteigen müssen, so werde ich die betreffende Airline vorher wegen einer Erhöhung des Hinterbliebenenschutzes kontaktieren, und ich bin Weissgott kein fliegerischer Angsthase.
Beitrag vom 24.12.2010 - 10:36 Uhr
Ich denke auch, das B das irgendwann mal hin bekommt. Nur zu welchem Preis ist die Frage. Wenn man bedenkt für welchen Kurs die ersten Kontingente verschleudert wurden. Naja, wir werden sehen wie es weitergeht. Neues Jahr, neues Glück. ;-)
So long....

Frohe Festtage und einen guten Rutsch ins neue Jahr
Alex
Beitrag vom 24.12.2010 - 09:29 Uhr
Vielleicht noch ein wichtiges Detail:

Bevor die FAA-Leute wieder in den Flieger steigen dürfen, teste Boeing erstmal selbst alles!

Muß man so etwas erwähnen?

Frohe Weihnachten!


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