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Flugkapitän rechnet mit Primera Air ab

Primera Air Airbus A321neo
Primera Air Airbus A321neo, © Stansted Airport

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KOPENHAGEN - Jens Anker Nielsen hat 33 Jahre Flugerfahrung, davon zwölf im Militär und neun als Kapitän. Zuletzt arbeitete Nielsen für Primera Air, die sich 2018 mit Billigtickets für Langstrecken insolvent flog. Der Kapitän geht hart mit Arbeitsbedingungen und Sicherheitsstandards der Airline ins Gericht.

"Das ist die erste Firma, für die ich gearbeitet habe, bei der ich Bekannten von Flügen abgeraten habe (...) - sowohl in Hinblick auf das Konkursrisiko, vor allem aber auch vor dem Hintergrund der Flugsicherheit", sagte Nielsen der dänischen Tageszeitung "JydskeVestkysten".

Primera Air meldete am 02. Oktober Insolvenz an und hat den Flugbetrieb eingestellt. Der Flughafen Stansted legte vier Flugzeuge der Airline wegen offener Gebühren an die Kette. Den Mitarbeitern flatterte am 03. Oktober eine fristlose Kündigung der in Malta gemeldeten Personalagentur Aviation Staffing (ASTA) ins Postfach.

Über ASTA hatte Primera Air Flugpersonal angestellt. "Leider sollte ich noch klarstellen, dass die Firma über keine Mittel verfügt, um Ihr Gehalt bis zum letzten Tag des Arbeitsverhältnisses zu bezahlen", informierte der ASTA-Geschäftsführer die Adressaten des blauen Briefs aus Malta über das Ausbleiben ihrer September-Löhne.

Nielsen kritisiert "Flight-Pay"-Verträge von ASTA, die viele Piloten zu selbstständigen Auftragnehmern deklarierten.

"Ich weiß, dass Piloten geflogen sind, obwohl sie krank waren", sagte der Kapitän, der im März 2018 bei Primera Air anheuerte. Da es einen direkten Zusammenhang von Flugstunden und Gehaltszettel gegeben habe, seien Kollegen selbst bei Zweifeln an der "Einsatzfähigkeit des Fluggeräts" gestartet.

Wenn er früher mit Missständen bei Primera Air an die Öffentlichkeit getreten wäre, hätte ihn das den Job gekostet, ist Nielsen überzeugt. Der Kapitän will heute nicht gegen seinen bisherigen Arbeitgeber nachtreten, sondern davor warnen, dass 99-Euro-Flüge über den Atlantik auch mit Kompromissen bei der Flugsicherheit bezahlt werden.

"An wem sollte ich mich heute rächen - Primera Air ist bankrott", sagte der 52-Jährige. "Im Gegenteil, ich riskiere ein Eigentor. Meine Jobchancen steigen (mit diesem Interview) sicher nicht".

Primera Air flog 13 Jahre erfolgreich als Charterairline durch Europa, bevor sich die Airline an billigen Langstrecken versuchte und verhob. Nächstes Jahr wollte Primera Air Nordamerikaflüge auch von Frankfurt und Berlin ins Programm nehmen.
© aero.de | Abb.: Stansted Airport | 10.10.2018 15:10

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Beitrag vom 11.10.2018 - 11:53 Uhr
@ NeilArmstrong
Ich glaube mit „Reserven“ war Hardware, sprich Flugzeuge gemeint - wegen der verspäteten Auslieferung von neuen Airbussen an Primera usw.
Die Unterstellung dass auch etablierte Carrier die gleichen Missstände hätten ist allerdings tatsächlich aus der Luft gegriffen. Sicher läuft nicht überall alles perfekt, aber grundsätzlich kann sich z.B. ein nach deutschem Recht fest angestellter Kapitän mit angemessenem Fixgehalt viel einfacher dazu entscheiden einen kaputten Flieger stehen zu lassen oder sich nach einer schlaflosen Nacht krank zu melden. Dem Zeitarbeiter mit dem maltesischen Freelancevertrag, der nichts verdient wenn er nicht fliegt und der kein Einkommen mehr hat wenn er keine Aufträge mehr bekommt nachdem er sich beim Arbeitgeber unbeliebt gemacht hat, fällt eine solche Entscheidung schon schwerer.
Beitrag vom 11.10.2018 - 01:03 Uhr
Ein LCC ist weder per SE ein Sicherheitsrisiko noch führt dies zu schlechten Standards. Einzig schweigende Mitarbeiter bewerkstelligen das. Wer so viel Erfahrungen hat und Schweigt sollte besser immer schweigen. Genauso gut kann er auch durch PR gekauft sein. Auch bei großen Fluglinien mit teuren Tickets gibt es die selben Misstände.

Haben Sie dafür Beweise? Ansonsten ist es Verleumdung und Geschäftsschädigung, insbesondere bei den Airlines, die nicht für 99 € über den Atlantik fliegen.


"Und Isolvent gingen die nicht wegen bestimmter Ticket Preise sondern wegen fehlenden Reserven."

Wow diesen Satz hätten Sie weglassen sollen, denn Ihnen ist noch nicht einmal der Zusammenhang zwischen Ticketpreis, Umsatz, Liqudität und Gewinn klar.

Selbst wenn Sie keine Reserven haben aber hinreichende Ticketpreise können sie weiterfliegen. Das ist das bekannte "von der Hand in den Mind leben". Aber wenn es schon beim Eigenkapital mangelt, dann ist der Bankrott vorprogrammiert.
Beitrag vom 10.10.2018 - 20:34 Uhr
Ein LCC ist weder per SE ein Sicherheitsrisiko noch führt dies zu schlechten Standards. Einzig schweigende Mitarbeiter bewerkstelligen das. Wer so viel Erfahrungen hat und Schweigt sollte besser immer schweigen. Genauso gut kann er auch durch PR gekauft sein. Auch bei großen Fluglinien mit teuren Tickets gibt es die selben Misstände. Und Isolvent gingen die nicht wegen bestimmter Ticket Preise sondern wegen fehlenden Reserven.


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