
Aufsichtsratsvorsitzender von Austrian Airlines Stefan H. Lauer, Austrian CEO Jaan Albrecht, © Gerhard Vysocan
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Auch AUA-Chef Jaan Albrecht ist ein versierter Pilot und als ehemaliger Chefflieger der Anden-Airline Aero-Peru mit schwierigem Gelände durchaus vertraut. Zu dem jetzt fix beschlossenen Abflug zu Tyrolean weist aber kein GPS den sicheren Kurs. Der Weg führt auf gut Glück durch dichte juristische Nebel und eine sichere Landung ist alles andere als gewiss. In Albrechts Zuversicht auf ein "Happy End" steckt eine gute Portion Zweckoptimismus, der auf Jahre hinaus Jobs bei den Juristen sichert.
Die einseitige Kündigung von 300 Alt-Verträgen durch das AUA-Management, die zwangsweise Versetzung der (teuren) AUA-Piloten zur (billigeren) Tyrolean, und die prompte Kündigung der Tyrolean-Verträge durch die Gewerkschaft, ohne Zustimmung der Betroffenen, haben im auf Sozialpartnerschaft erzogenen Alpenland eine einmalige Situation geschaffen. De facto steht die im März zwecks Umbau des Flugbetriebs gebildete Expertengruppe jetzt ohne vertraglich abgestütztes Fundament da. Statt konzernweit harmonisierter Kollektivverträge herrscht erst Mal kollektives Chaos. Und in den AUA-Cockpits wohl demnächst ein Pilotenmangel.
Nach ihrem Abflug muss die Mainline dennoch nicht zwingend bei der Regionaltochter landen, vertraglich hat sie bis 1. Juli immer noch die Chance zur Umkehr. Doch selbst die Rücklandung im Wiener Hauptquartier ist alles andere als gesichert. Die alten Verträge gelten nicht mehr, und über die Neuen wird allseits noch gestritten. Was fehlt, ist eine strategische Steuerung dieses abenteuerlichen Rundflugs, und Rechtssicherheit. Angetrieben von der Kraft des Faktischen wird am Ende zwar eine erneuerte AUA stehen, das ist so gut wie sicher, schon weil sie am Standort unverzichtbar ist, völlig unsicher ist hingegen, wie die dann aussehen wird.
Unüberbrückbar diametral scheinen die Fronten und Ziele der Konfliktparteien. Während AUA-intern (Vorstand und Betriebsrat) zwar durchaus ein 'guter' Wille erkennbar ist, den ehemaligen Staatsbetrieb gemeinsam auf die Reihe zu bringen, blockieren externe Interessen die Umsetzung. Die Gewerkschaft kämpft mit Zähnen und Klauen um ihren Einfluß und die Wahrung historischer Errungenschaften, ihr strategischer Gegner ist aber vor allem die Eigentümerin der AUA: Das Beispiel AUA darf landesweit nicht Schule machen. Die Lufthansa beharrt dagegen konzernweit auf ihrem milliardenschweren Sparprogramm "Score", und das funktioniert nur mit sanierten Töchtern.
Echt in der Zwickmühle: AUA-Präsident und Lufthansa-Personalvorstand Stefan Lauer. Schafft er den Spagat nicht, droht der Lufthansatochter, was ihre Erst-Vorstände Andreas Bierwirth und Peter Malanik mit allen Mitteln zu verhindern suchten, die Schrumpfung zu einer Regionalairline. De facto arbeitet die AUA bereits an einem neuen Flugplan. Mit strategischem Fokus auf den österreichischen Heimatmarkt. Und "starke" (!) Oststrecken. Der operative Umstieg zur Tyrolean könnte damit durchaus richtungsweisend werden.
© Bob Gedat | Abb.: Ingo Lang | 21.04.2012 15:06
Kommentare (10) Zur Startseite
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Natürlich wird weiterverhandelt, weder kann die AUA sich die Übertgangskosten von bis zu 160m leisten, noch einen substantiellen Abgang von Crews. Angeblich hat sich BR und Management heute vormittag über einen neuen Firmen-KV geeinigt. Damit wär freilich der Betriebsübergang vom Tisch. Und wahrscheinlich auch die Scopeklausel und die Marke Austrian Arrows. Dann hat Albrecht doch Recht behalten: "Setze auf Vernunft".