Flug UX1094
Älter als 7 Tage  

Wie es zum Fehlalarm aus dem Air-Europa-Cockpit kam

Air Europa Airbus A330
Air Europa Airbus A330, © Mark Harkin

Verwandte Themen

AMSTERDAM -  Weil er einem jungen Kollegen die Funktion der Transpondercodes erklären wollte, hat der Kapitän von Air Europa-Flug UX1094 vergangene Woche in Amsterdam für einen Großeinsatz der Militärpolizei gesorgt. Er sendete versehentlich den Notfall-Code 7500 - das Signal für eine Flugzeugentführung.

Es gibt Tage, an denen wäre man im Nachhinein besser im Bett geblieben. Für den Piloten des Air Europa-Fluges UX1094 von Amsterdam nach Madrid war der 6. November genau solch ein Tag. Zwar erreichte der Airbus A330-200 der spanischen Airline letztlich sein Ziel, hob allerdings mit viereinhalb Stunden Verspätung in Schiphol ab.

Viereinhalb Stunden, in denen der Air Europa-Kapitän wohl gern vor Scham im Boden versunken wäre. Denn es war sein Fehler, der die Verspätung auslöste - und einen Großeinsatz der niederländischen Militärpolizei noch dazu. Was war passiert?

"Seven-five, man with a knife"

An sich hatte alles begonnen wie immer. Um kurz nach halb sieben Uhr abends begann Flug UX1094 an Gate D5 des Amsterdamer Flughafens mit dem Boarding. Um 19:10 Uhr sollte es losgehen nach Madrid. Angesetzte Flugdauer: zwei Stunden. Während die Passagiere nach und nach das Flugzeug bestiegen und auf den zugewiesenen Sitzen Platz nahmen, befasste sich die Flight Crew mit den letzten Checks vor dem Start.

Laut neuen Angaben von Air Europa befand sich an diesem Abend auch ein Pilot in Ausbildung mit im Cockpit. Jenem Auszubildenden wollte der Captain offenbar in einer ruhigen Minute die Funktion der Transpondercodes (englisch: Squawks) erläutern. Dabei handelt es sich um vierstellige Notfallcodes, mit denen Piloten die Flugsicherung über eine Notlage informieren können.

Das kann zum Beispiel eine Entführung sein, dargestellt mittels Squawk 7500. Merkspruch: "Seven-five, man with a knife."

Großeinsatz durch "Fehlalarm"

Diesen Merkspruch werden sowohl der Captain von UX1094 als auch der mitfliegende Azubi sicher nie wieder vergessen. Denn beim bloßen Erklären des Codes blieb es an diesem Abend nicht: ohne es zu merken sendete der Pilot im Übereifer seiner Lehrstunde den Alarm auch ab - und der Fluglotse, der ihn empfing, tat das, was man als Fluglotse in einem solchen Fall tun muss: Er alarmierte die Polizei.

Die rückte kurz darauf am Flugsteig D an, sperrte den gesamten Sektor erst einmal vollständig ab. Auch ein Sondereinsatzkommando ging in Stellung - schwerbewaffnet und auf das Signal zum Einsatz wartend. "Wir untersuchen derzeit eine verdächtige Situation an Bord eines Flugzeugs in Schiphol. Weitere Ankündigungen folgen", verkündete die niederländische Militärpolizei um 19:31 Uhr über Twitter.

Zu dieser Zeit war der Flughafen wegen des Entführungsalarms bereits lahmgelegt: Kein Flugzeug durfte in Schiphol starten. Unterdessen waren sich die Piloten des Air Europa-Fluges anscheinend völlig im Unklaren, was genau denn nun ihren Aufbruch nach Madrid immer weiter nach hinten schob.

Dann hieß es plötzlich Aussteigen: alle Passagiere von UX1094 mussten den Flieger wieder verlassen. Erst nach und nach stellte sich der tatsächliche Auslöser für die fatale Kettenreaktion heraus: später am Abend twitterte Air Europa, dass es sich bei dem Einsatz in Schiphol um "falschen Alarm" gehandelt habe und bat ihre Fluggäste um Entschuldigung.

Nachdem die Passagiere wieder zurück an Bord waren, entschuldigte sich auch der Pilot selbst für seinen Fehler und erklärte reumütig, dass er selbst die konfuse Situation verschuldet habe. Um 23:42 Uhr konnte Flug UX1094 schließlich doch noch abheben und erreichte um 1:42 Uhr sein Ziel, den Madrider Flughafen Barajas. Wie es nun für den Piloten weitergeht, ist noch unklar. Air Europa hat eine Untersuchung angeordnet.

Eine Rechnung für den Großeinsatz erhält er aber voraussichtlich nicht: Die Kosten übernimmt ersten Verlautbarungen nach die Gemeinde Haarlemmermeer, auf dessen Gebiet der Flughafen Schiphol liegt.
© FLUG REVUE - PZ | Abb.: Air Europa | 12.11.2019 16:16

Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich bei aero.de registrieren oder einloggen.


Warning: mysql_fetch_array() expects parameter 1 to be resource, boolean given in /homepages/18/d506720601/htdocs/_aero_de/pages/news_details.php on line 2793
Beitrag vom 14.11.2019 - 13:13 Uhr
Andererseits kann ich mir sehr gut erklären, wie so etwas passieren konnte
Ich nicht. Sonst käme so etwas öfter vor. Zum Glück ist es aber nicht so.
Im konkreten Fall bestand außerdem tatsächlich null Gefährdung für Menschen.
Erstens kommt es darauf eher gar nicht an und zweitens kann man das auch anders sehen. Beispielsweise wenn einer der schwer bewaffneten Sicherheitskräfte seinem unerfahrenen Kollegen "etwas zeigen will", dann sehe ich durchaus eine nicht zu unterschätzende Gefahr.
Statt einer "Rasur" hoffe ich deshalb hier eher auf ein gutes weiteres CRM ...
Die ganze Geschichte ist bestenfalls noch als sehr grob fahrlässig zu bewerten. Offenbar fehlt dem Kapitän die persönliche Reife um gewisse Entscheidungen selbstständig zu treffen. An einen Kommandanten eines A330 habe ich einen etwas differenzierten Anspruch.
"A good pilot is always learning."
Ein guter Kapitän kann mit seiner Erfahrung Problemsituationen lösen. Daher wird man auch erst Kapitän wenn diese vorhanden ist. Dieser Kapitän hat keine Problemsituation gelöst, sondern durch sein Verhalten eine Gefahrenlage geschaffen. Herumblödeln eben.

Dieser Beitrag wurde am 14.11.2019 13:14 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 14.11.2019 - 12:51 Uhr
Pilotenausbildung ist natürlich Aufgabe der Flugschule und nicht während des Linienbetriebs - und ich kann mir auch gut vorstellen, dass die ganzen Passagiere (nicht nur diejenigen dieses Fluges sondern alle, die in Amsterdam an diesem Abend dadurch "hängenblieben" - und das dürften nicht wenige gewesen sein), die davon betroffen waren, die Sache ziemlich humorbefreit aufnahmen - wenn man mit sich ehrlich ist: ich hätte auch so reagiert.

Andererseits kann ich mir sehr gut erklären, wie so etwas passieren konnte - das hat nichts mit einem "unterqualifizierten" Kapitän zu tun und auch nichts mit "herumblödeln". Im konkreten Fall bestand außerdem tatsächlich null Gefährdung für Menschen. Statt einer "Rasur" hoffe ich deshalb hier eher auf ein gutes weiteres CRM - oder wie es der Youtuber und Pilot "Captain Joe" am Ende seiner Videos immer zu sagen pflegt: "A good pilot is always learning."

Dieser Beitrag wurde am 14.11.2019 12:53 Uhr bearbeitet.

Warning: mysql_fetch_array() expects parameter 1 to be resource, boolean given in /homepages/18/d506720601/htdocs/_aero_de/pages/news_details.php on line 2793
Beitrag vom 14.11.2019 - 09:25 Uhr
Kann es sein dass es in der Fliegerei nicht anders ist als im restlichen Leben? Erst kommt die Theorie und danach die Praxis. Oder meinen Sie da hatte ein Lehrling im zweiten Lehrjahr einen Tag Berufsschule?
Pilotenausbildung ist Aufgabe der Flugschule und nicht während des Linienbetriebes.


Stellenmarkt

Schlagzeilen

aero.uk

schiene.de

Meistgelesene Artikel

Community

Thema: Pilotenausbildung

FLUGREVUE 03/2024

Shop

Es gibt neue
Nachrichten bei aero.de

Startseite neu laden