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Schwere Turbulenzen erschüttern Indiens Luftfahrtbranche

Indigo
Indigo Airbus A320, © Airbus S.A.S.

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NEU DELHI - Der Wachstumsmarkt Indien ist hart umkämpft: Nach kräftigen Zuwächsen der Vergangenheit steckt die Luftfahrt-Branche in dem Land jetzt in einer schweren Krise. Das Minus der staatlichen Gesellschaft Air India und fünf privater Wettbewerber habe im Ende März abgeschlossenen Finanzjahr wohl bis zu zwei Milliarden Dollar (rund 1,6 Milliarden Euro) betragen, sagte Luftverkehrsminister Ajit Singh kürzlich vor dem Parlament.

Das Branchen-Schwergewicht Air India ächzt zudem unter einer Schuldenlast von umgerechnet beinahe 9,8 Milliarden Euro.

Zwischen 2006 und 2011 erlebte die Branche jährliche Zuwachsraten bei den Passagierzahlen von 12 bis 17 Prozent. Und es scheint noch viel Luft nach oben zu geben: Bislang fliegen gerade einmal drei Prozent der indischen Bevölkerung, wie der Finanzinformationsdienst ICRA in Mumbai berichtet.

Was ist also schief gelaufen seit 2005, als gleich mehrere Privatunternehmen mit hohen Hoffnungen und günstigen Tarifen den Markteinstieg wagten? Tony Tyler, der Chef des internationalen Branchenverbandes IATA, sieht eine ganze Reihe von Gründen: "nicht zuletzt die aggressive Expansion der Fluggesellschaften des Landes just als die Welt zwei massive Wirtschaftsschocks direkt nacheinander durchstand" - die Ölpreisexplosion im Jahr 2008 und die Weltfinanzkrise. Der hohe Kerosinpreis kombiniert mit geringem Spielraum für höhere Ticketpreise ließen die indischen Fluggesellschaften in die Krise schlittern.

Tony Tyler
Tony Tyler, © IATA
Dazu kommen Überkapazitäten, marode Infrastruktur, hohe Steuern, und häufig schlechtes Management. Auch der Kurssturz der Landeswährung belastet die Branche: Die Rupie hat seit August 2011 im Vergleich zum Dollar ein Viertel ihres Wertes verloren. Zudem belegen die einzelnen Bundesstaaten Kerosin mit einer Mehrwertsteuer von 20 bis 30 Prozent. Kosteten 1000 Liter Flugzeugkraftstoff im März in Singapur 808 Dollar (643 Euro), so mussten die Fluggesellschaften in Mumbai dafür 1207 Dollar (960 Euro) bezahlen. Die Flughäfen sind überlastet, und es gibt zu wenig Piloten.

Tyler sieht dennoch weiterhin großes Wachstumspotenzial für die Luftfahrtbranche in Indien. Auch Platz für ausländische Marktteilnehmer sei da - wenn sich die Rahmenbedingungen deutlich verbesserten. "Unter den derzeitigen Bedingungen ist es unwahrscheinlich, dass Investitionen in den indischen Luftfahrtsektor sich für irgendeinen Investor auszahlen", sagt er. Branchenkenner fordern deshalb eine nationale Luftfahrtstrategie, bei der auch die einzelnen Bundesstaaten mitziehen. Dann, so Tyler, könnten sich die hohen Erwartungen des Jahres 2005 vielleicht doch noch erfüllen.
© Sunrita Sen, dpa | Abb.: Airbus, Archiv | 09.06.2012 09:08


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