Wege aus der Krise
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Fraport-Chef rechnet mit längerer Durststrecke

Flughafen Frankfurt
Flughafen Frankfurt, © Fraport

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FRANKFURT - Fraport-Chef Stefan Schulte stellt sich infolge der Corona-Krise auf eine jahrelange Durststrecke im Passagierverkehr ein. Möglicherweise werde 2023 ein "Jahr Null" mit einer neuen Normalität erreicht. Der Lufthansa-Hub sieht in der begonnen Kapazitätserweiterung gerade jetzt einen Vorteil.

In drei Jahren werde es aber wohl immer noch 15 bis 20 Prozent weniger Fluggäste geben als im Jahr 2019, sagte der Chef des Frankfurter Flughafenbetreibers am Montagabend in einer Videokonferenz mit dem Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten.

Den Bau des dritten Passagierterminals im Süden des Airports will er nicht drosseln. Um einen Stellenabbau kommt der MDax-Konzern aus seiner Sicht aber nicht herum.

Denn Schulte ist mit Blick auf eine schnelle Erholung des Luftverkehrs vorsichtig. "Wir hoffen, dass wir irgendwann im Sommer wieder ein stärkeres Hochfahren des Verkehrs sehen." Derzeit seien die wenigen Flüge schon wieder etwas besser ausgelastet als im April.

Allerdings wäre er "schon glücklich", wenn das Passagieraufkommen im Dezember wieder 30 oder 35 Prozent dessen erreicht, was Schulte als "normales Niveau" betrachtet. Für das kommende Jahr erwartet er gerade einmal die Hälfte, im Jahr darauf rund 80 Prozent des "neuen Jahr Null" 2023. Dabei dürfte der Urlaubsverkehr stärker wachsen als die Nachfrage von Geschäftsreisenden, sagte er.

Mehr Raum für Abstandsregeln

Im vergangenen Jahr hatte Fraport in Frankfurt erstmals mehr als 70 Millionen Passagiere gezählt - ein Rekord, den die Konzernführung ursprünglich deutlich früher erwartet hatte. Den Bau von Terminal 3 hatte das Management deshalb schon früher um mehrere Jahre verschoben. Inzwischen sind die Arbeiten aber weit fortgeschritten. Laut Plan soll der erste Abschnitt im Herbst 2021, der Rest Ende 2023 fertig sein.

Vielleicht verzögere sich die Fertigstellung jetzt bis 2024, sagte Schulte. Aber man werde das neue Terminal dann auf jeden Fall in Betrieb nehmen. Mit Blick auf die Abstandsregeln aufgrund der Pandemie zeigte er sich "über eine viel zu große Terminalkapazität" sichtlich froh. Anders wären solche Vorschriften kaum einzuhalten, sagte er.

So waren Terminal 1 und 2 im vergangenen Jahr wegen des hohen Passagieraufkommens aus allen Nähten geplatzt. Derzeit herrscht in den Hallen hingegen gähnende Leere: Meist kämen weniger als 10.000 Passagiere pro Tag, sagte Schulte - gerade einmal 2 bis 3 Prozent dessen, was vor der Krise üblich war.

Schulte erwartet weitere Airline-Pleiten und ein sinkendes Flugangebot in aller Welt - mit Konsequenzen für Fraport und die Mitarbeiter. "Wir werden uns darauf vorbereiten müssen, dass wir 15 Prozent weniger Volumen haben, und dann müssen wir auch die Ressourcen anpassen."

Der weitgehende Reisestopp infolge der Corona-Pandemie hat viele Fluggesellschaften in einen Existenzkampf gezwungen. So verhandelt etwa der Lufthansa-Konzern mit der Bundesregierung über ein neun Milliarden Euro schweres Rettungspaket und will seine Flotte um rund 100 Maschinen verkleinern.

Tausende Mitarbeiter in Kurzarbeit

Den Flughafenkonzern sieht Schulte im Gegensatz zu vielen Airlines gut aufgestellt, um die Krise ohne Staatshilfe zu überstehen. Fraport seien seit März 95 Prozent des Geschäfts weggebrochen, und der Konzern verliere pro Monat etwa 150 Millionen Euro.

Allerdings verfüge er samt Krediten über eine Liquidität von 2,5 Milliarden Euro. "Damit kommen wir noch viele Monate hin." Die Dividende für die Aktionäre habe Fraport nicht mit Blick auf mögliche Staatshilfe oder Kurzarbeit gestrichen, sondern um die Liquidität des Konzerns zu schützen.

Zum möglichen Umfang eines Stellenabbaus wollte sich Schulte nicht äußern. Dies hänge auch davon ab, wie schnell das Wachstum in der Luftfahrt zurückkomme, sagte er. Derzeit befänden sich etwa 18.000 der rund 22.000 Fraport-Beschäftigten in Kurzarbeit, hinzu komme der Abbau von Zeitguthaben und Urlaub. Schulte kündigte an, mit den Gewerkschaften über Lösungen zu sprechen - sobald sich die Entwicklung besser einschätzen lässt.

Unter welchen Abstands- und Sicherheitsregeln der Passagierverkehr wieder starten kann, ist laut Schulte auch Thema von Gesprächen des Konzerns mit der Bundesregierung. Fraport habe Plexiglaswände als Schutz an den Sicherheitskontrollen aufgestellt, um Passagiere stärker voneinander abzuschirmen.

Darüber, ob man vor dem Flug die Temperatur der Passagiere messe oder Antikörpertests durchführe, könne Fraport nicht eigenständig entscheiden. Dazu brauche es staatliche Regelungen.

Dass Fluggesellschaften wegen Abstandsregeln künftig regelmäßig mit halbvollen Flugzeugen durch die Gegend fliegen, hält Schulte nicht für realistisch. "Man müsste so hohe Ticketpreise verlangen, die könnte man am Markt aber nicht durchsetzen", sagte er. Lufthansa-Chef Carsten Spohr hatte bereits gesagt, man müsse die Mittelsitze im Flugzeug nicht freilassen, wenn alle Passagiere Masken trügen.
© dpa-AFX, aero.de | Abb.: Fraport | 12.05.2020 12:10

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Beitrag vom 12.05.2020 - 21:25 Uhr
Aussage Herr Schulte: „Fraport habe Plexiglaswände als Schutz an den Sicherheitskontrollen aufgestellt, um Passagiere stärker voneinander abzuschirmen. „
Aussage Herr Spohr: „...man müsse die Mittelsitze im Flugzeug nicht freilassen, wenn alle Passagiere Masken trügen“.
Es ergibt sich das Schauspiel, dass die Passagiere im Flughafen mit Terminal 3 sogar locker einen Abstand von 10m und mehr einhalten können, in der Sicherheitszone sogar zusätzlich durch Plexiglas geschützt werden, und dann im Flugzeug Schulter an Schulter sitzen müssen.
Bei einem Interkontinentalflug von 7 bis 12 und mehr Stunden folgt daraus zwingend die permanente Maskenpflicht von FFP2 und FFP3 Masken. Das abnehmen der Maske darf nicht erlaubt werden, denn sonst hätten Viren wieder freien Lauf für neue Infektionen. Schadensersatzklagen gegen die Airlines bei einer Infektion während eines Fluges würden gewaltige Summen kosten.
Was ist mit Essen und Getränke, gibt es dann Masken mit Nahrungsmittelöffnungen und oder Schleusen?
Solange der Schutz im Flugzeug nicht nachvollziehbar, ich wiederhole nachvollziehbar gesichert ist, wird sich der Flugverkehr sowohl im Touruismus- wie auch im Geschäftsbereich nicht nachhaltig erholen.
Wie rechtfertigt Herr Schulte das Terminal 3 aus betriebswirtschaftlicher Sicht?
Wenn Herr Schulte als neuen Normalfall eine Verringerung des Flugbetriebes um 15 % gegenüber der VOR-CORONA Zeit prognostiziert, dann wird es schlicht nicht benötigt, genauso wie die Landebahn Nordwest. Beide Investitionen kosten Fraport zusammen ca. 8 Milliarden € , für die es in Zukunft keinen wirklichen Bedarf geben wird und damit hat Fraport ein großes Kostenproblem.
Auch die Auslandsbeteiligungen werden nicht mehr die Gewinne einfahren, wie z.B. Antalya.
Aber vielleicht wandelt dann Fraport das T3 in ein Shopping-Center um, um mehr Einnahmen zu generieren, darin hat Frport Erfahrung, denn wesentliche Einnahmen des Frankfurter Flughafens entstehen durch Vermietung und Verpachtung.

Da spricht ja wohl der Pessimist. Die Logik mit der Kabinennähe vs. Terminalweite kann ich zwar nachvollziehen, jedoch gehe ich von einem ganz anderen Szenario aus. Der Verkehr wird sich tatsächlich nur langsam erholen und manche Gäste werden das Fliegen aufgrund gefühlten Risikos lieber sein lassen. Diese Beschreibung einer Dystopie in unserer Gesellschaft wird meines Erachtens jedoch bald ein Ende haben und zwar dann wenn sich manifestiert, dass der ganze Lockdown eine Überreaktion war und die Maskenpflicht Null Komma Null an der Gefährlichkeit, bzw. Nichtgefährlichkeit des Virus für den Großteil der Bevölkerung änderte. Dazu kommt auch das wir uns als Gesellschaft und Wirtschaft ein weiter so wie jetzt nicht mehr lange leisten können, es sei denn wir wollen unsere Gesellschaften wirtschaftlich und sozial sowie politisch komplett aus den Angeln heben. Der Cornaschock war groß und wirkt noch lange nach, aber wir werden ihn alle überwinden müssen ohne die sogenannte normale Normalität als solches zu akzeptieren. Wer jetzt die Situation zu nutzen hofft um der Branche eine Auszuwischen oder ihr schlechtes zu wünschen sollte lieber mal nachdenken, was das langfristig für unsere Demokratie, Freiheitsrechte und Sozialstaat macht. Da wird es dann nämlich auch kein weiter so geben. Alles andere sind rot-grüne Phantasien von der perfekten Welt. Für mich wäre eine solche Vorstellung eine Dystopie, wie man sie aus Hollywoodfilmen kennt, die aber in keiner Weise erstrebenswert sind. Übrigens auch in der Bahn sitzt man eng und braucht profitable Auslastung nur mal so nebenbei.
Beitrag vom 12.05.2020 - 17:09 Uhr
Ich habe gerade gehört, alles was Sie schreiben wird morgen beschlossen.

Das setzt leider ein Vernunft- und Zukunft orientiertes Management bei Fraport voraus.


Ernsthaft? Sie bezeichnen das als vernünftig und zukunftsorientiert? Vielleicht gar visionär?
Ich hab das tatsächlich als Ironie verstanden ...

Die Klimaveränderungen werden den Flugverkehr auch nach der Corona-Pandemie einschränken.
Wenn Fraport ein Hochgeschwindigkeitsbahnhof - Terminal betreibt, dann verdient Fraport an jedem Zugpassagier und an jeder Zugverbindung mit.
Selbst eine Hochgeschwindigkeitsverbindung nach London ist dann realisierbar, das Sicherheitsterminal für diese Zugpassagiere ist Kernkompetenz von Fraport und leichter umsetzbar, als am Frankfurter Hauptbahnhof.
Man sollte auch LH für ein solches Konzept gewinnen, das würde das getrübte Verhältnis zischen LH und Fraport verbessern, und LH kann bei Bahnstrecken wie Frankfurt Paris ,
Frankfurt Basel , Frankfurt Berlin , Frankfurt London und viele andere verdienen, evtl. mit eigenen Zügen.
Die lästige Diskussion um die Umweltschäden des Flugverkehrs würde auch einfacher.


Ehrlich? Noch mehr Ironie?
Beitrag vom 12.05.2020 - 16:55 Uhr
Ich habe gerade gehört, alles was Sie schreiben wird morgen beschlossen.

Das setzt leider ein Vernunft- und Zukunft orientiertes Management bei Fraport voraus.


Ernsthaft? Sie bezeichnen das als vernünftig und zukunftsorientiert? Vielleicht gar visionär?
Ich hab das tatsächlich als Ironie verstanden ...

Die Klimaveränderungen werden den Flugverkehr auch nach der Corona-Pandemie einschränken.
Wenn Fraport ein Hochgeschwindigkeitsbahnhof - Terminal betreibt, dann verdient Fraport an jedem Zugpassagier und an jeder Zugverbindung mit.
Selbst eine Hochgeschwindigkeitsverbindung nach London ist dann realisierbar, das Sicherheitsterminal für diese Zugpassagiere ist Kernkompetenz von Fraport und leichter umsetzbar, als am Frankfurter Hauptbahnhof.
Man sollte auch LH für ein solches Konzept gewinnen, das würde das getrübte Verhältnis zischen LH und Fraport verbessern, und LH kann bei Bahnstrecken wie Frankfurt Paris ,
Frankfurt Basel , Frankfurt Berlin , Frankfurt London und viele andere verdienen, evtl. mit eigenen Zügen.
Die lästige Diskussion um die Umweltschäden des Flugverkehrs würde auch einfacher.


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