Keine Leiharbeit in Berlin
Älter als 7 Tage

Lufthansa und Flugbegleiter vereinbaren Schlichtung

Lufthansa Airbus A319 in TXL
Lufthansa Airbus A319 in TXL, © Deutsche Lufthansa AG

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FRANKFURT - Die Lufthansa und ihre Passagiere können aufatmen: Von Samstag an wird es keine weiteren Streiks der Flugbegleiter geben. Deren Gewerkschaft Ufo einigte sich mit der Airline darauf, den Tarifkonflikt in einer Schlichtung zu lösen. Das teilten beide Seiten übereinstimmend in Frankfurt mit. Wer die Rolle des Schlichters übernimmt, darüber soll laut Lufthansa "möglichst bis Ende kommender Woche Einvernehmen erzielt werden".

Damit zeigt der Ausstand der Flugbegleiter eine Woche nach Beginn Wirkung. Am bislang letzten Streiktag musste Europas größte Fluggesellschaft am Freitag weit mehr als die Hälfte ihrer Flüge streichen, rund 100 000 Reisende waren von dem beispiellosen Ausstand betroffen. Selbst die Pilotenstreiks aus den Jahren 2001 und 2010 hatten nicht eine derart durchschlagende Wirkung. Chaos gab es aber weder an Flughäfen, Bahnhöfen noch auf den Autobahnen.

Nach Angaben der Tarifparteien geht es im Schlichtungsverfahren in erster Linie um die Vergütungen und eine Ergebnisbeteiligung für die rund 18.000 Flugbegleiter. Ein Schlichtungsabkommen über die Modalitäten des Verfahrens soll bis zum kommenden Mittwoch vorliegen.

"Ab morgen herrscht bis zur endgültigen Annahme oder Ablehnung des Schlichtungsspruches eine uneingeschränkte Friedenspflicht, so dass Fluggäste der Lufthansa vorerst nicht mit weiteren streikbedingten Flugausfällen rechnen müssen", teilte Lufthansa weiter mit. Der Vereinbarung waren bereits seit längerem Sondierungsgespräche hinter den Kulissen vorausgegangen.

Keine Fremdbereederung in Berlin


Auch alle anderen strittigen Fragen sollen auf den Tischkommen, wie zum Beispiel das Thema Leiharbeit. "Beide Seiten sind sich darüber einig, dass auch die im Schlichtungsverfahren nicht regelbaren Themen rasch gelöst werden müssen", heißt es in einer Lufthansa-Mitteilung. "Damit ist die Ufo sehr zufrieden", sagte deren Vorsitzender Nicoley Baublies. Es sei der Gewerkschaft immer um ein Gesamtpaket gegangen. Die Ankündigung der Lufthansa, künftig keine Leih-Stewardessen mehr auf ihren Berlin-Verbindungen einzusetzen, sei ein "wichtiges Signal" gewesen.

Das Unternehmen verzichte "einseitig, auf absehbare Zeit und ohne weitere Vorbedingungen auf den Einsatz von externen Kabinencrews in Berlin", so Lufthansa-Chef Christoph Franz. Die rund 200 betroffenen Stewardessen der Zeitarbeitsfirma Aviation Power sollen im kommenden Jahr Jobangebote der Lufthansa erhalten. Noch am Freitag hatten die Leiharbeiter dafür gesorgt, dass Lufthansa aus Berlin Europaflüge anbieten konnte, während die Lufthansa-Crews streikten.

Die Streiks hatten am vorigen Freitag begonnen und waren zunächst auf Frankfurt und auf mehrere Stunden beschränkt. In einer zweiten Welle hatte Ufo dann neben Frankfurt auch die Lufthansa-Standorte Berlin und München bestreikt.

Ufo fordert in dem seit 13 Monaten währenden Tarifkonflikt fünf Prozent mehr Lohn, das Ende der Leiharbeit und Schutz gegen die Auslagerung von Jobs. Lufthansa bietet bei einer längeren Laufzeit 3,5 Prozent Lohnerhöhung, plant aber eine große konzerninterne Billigtochter mit niedrigeren Gehaltstarifen. Für die verbleibenden Mitarbeiter will das Unternehmen die Gehaltsstufen abflachen und für Neueinsteiger niedrigere Bedingungen durchsetzen.
© dpa-AFX | Abb.: Deutsche Lufthansa AG | 07.09.2012 18:13

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Beitrag vom 09.09.2012 - 21:14 Uhr
@A330 -
Die Hansa kann ihre Tarifstruktur sehr wohl stemmen. Was sie hingegen derzeit nicht stemmen kann, ist das Wachstum, das ihr die Airlines (und Märkte!) in Asien und Nahost vorlegen. Sprich mit der jetzigen Struktur würde sie (mit Sicherheit !) Marktanteile verlieren. Die von LH-Chef Franz angepeilte 8% Rendite verlangen nicht die Eigentümer (Aktionäre), sondern der Markt, will die LH dort mithalten.

Auf externe Kräfte wird sie dennoch zurückgreifen müssen, nicht über 'Rent a pilot, oder FA (das dürfte vom Tisch sein)', sondern via strategische Beteiligungen an Partnerairlines. Anders wird ihr Wachstum nicht schaffen sein. Die neuen Kooperationen wie Emirates/Qantas, Etihad/Virgin/AB werden den (globalen) Markt komplett aufmischen, und das wird auch Effekte auf die Konzernstruktur der LH haben und damit auch auf ihr Personal.

Ich glaube allerdings nicht, dass eine konzerninterne Mehrklassengesellschaft auf Dauer Bestand haben wird. M.E. ist ein konzernweit durchgehender Kollektivvertrag unumgänglich, der sich einerseits an der Größe des geflogenen Geräts orientiert, anderseits aber auch an einem offenen Karriereweg, von der CRJ bis hin zur 380. Kein Kriterium darf das jeweilig bediente Marktsegment sein. Absurd wenn GW-Crews (Cockpit wie Kabine) auf gleichem Gerät niedrigerer dotiert werden wie ihre Kollegen bei der Mainline. Nicht mal eine Ryanair oder Easyjet können sich Lowcost-Piloten leisten. Und schon gar keine 'Lowcost'-Leistung'.

Dieser Beitrag wurde am 10.09.2012 13:26 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 09.09.2012 - 09:58 Uhr
Grundsätzliche finde ich es schwierig Jobs auszulagern, weil man die Kosten der derzetigen Tarifstruktur nicht mehr stemmen kann/will. Statt dessen sollte man wohl eher versuchen, dass Gehaltsgefüge zukünftig dahingehend anzupassen, dass es wirtschaftlich sinnvoll is mit eigenem Personal zu fliegen. Das mag für die Betroffenen im ersten Moment vielleicht hart sein, dürfte am Ende aber für alle sinnvoller sein als langfristig mehr und mehr auf externe Kräfte zurückzugreifen.
Beitrag vom 08.09.2012 - 21:14 Uhr
„Keine Leiharbeiter" und „ein unbefristeter Arbeitsvertrag innerhalb der Lufthansa-Gruppe" kann aber auch bedeuten: abgestellt bei Direct4u....
Gut möglich. Die Furcht der UFO vor Auslagerungen ist einerseits verständlich (und begründet!), anderseits muss man aber auch das Ganze in Relation sehen. Wenn die 'Neue' (direct4U) nur dezentralen Verkehr übernimmt, ist der Personaltransfer überschaubar. Substantiellen Dezentralverkehr gibt es ja nur ab HAM, DUS und TXL/BER. Im Verhältnis zur Gesamtleistung (Europa) reden wir hier von einem Verkehrsanteil im einstelligen Bereich, also weniger als 2.000 FAs, die von einer Auslagerung betroffen wären. Die Alternative ist aber auch klar: Fliegt die Mainline die Strecken nicht mehr, entfallen auch die Jobs.

Dagegen ist der Rest des Disputs aus Kostensicht Peanuts. Dazu eine (grobe) Kostenanalyse: Ein(e) FA kostet pro Passagier und Flugstunde rund 1 Euro, gegen einen Durchschnittserlös von rund 100 Euro. Geradezu lächerlich, wieviel UFO und LH da auseinander liegen: Die Differenz zwischen 3,5% (Angebot) und 5% (Forderung) beträgt rund 1,5 Cent pro Passagierstunde. Bei 100 Euro Umsatz.

In einem hat Herr Baublies sein Ziel erreicht: Der Schaden bei LH war echt deftig. Die Umsatzeinbußen von rund 20 - 25 Millionen machen in der Jahresbilanz der LH jetzt ziemlich genau das aus, was die UFO für ihre FAs zusätzlich zum Angebot wollte. Hätte die LH das gleich als Bonus ausgeschüttet, wären jetzt alle happy, sogar die Kunden. Und wenn die künftig pro Ticket im Schnitt 3 Cent mehr bezahlen, auf Jahre hinaus auch die FAs.


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