Rettungspaket
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EU-Kommission verteidigt Auflagen für Lufthansa

Lufthansa Airbus A330-300
Lufthansa Airbus A330-300, © Lufthansa

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BRÜSSEL - Die EU-Kommission hat ihre Forderung nach Auflagen für das Lufthansa-Rettungspaket der Bundesregierung verteidigt. Es gehe nicht darum, zusätzliche Hindernisse zu schaffen, sondern darum, Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern, sagte die zuständige Vizepräsidentin Margrethe Vestager am Freitag in Brüssel.

Zu Details der laufenden Gespräche äußerte sie sich nicht, sagte aber: "Es hat hohe Priorität, eine Einigung zu erzielen. Wir sind in sehr engem Kontakt, aber ich kann nicht sagen, wann wir fertig sein werden."

Für die Lufthansa-Aktie, die nach den herben Kursverlusten der vergangenen Monate am Mittwoch zeitweise wieder die Marke von 10 Euro überschritten hatte, ging es am Freitag wieder abwärts. Am frühen Nachmittag lag sie zuletzt mit 4,72 Prozent im Minus bei 9,308 Euro und kostete damit immer noch rund 43 Prozent weniger als zum Jahreswechsel.

Vestager betonte, dass die Bedingungen für alle gleich seien. Jeder Mitgliedstaat, der ein marktmächtiges Unternehmen mit mehr als 250 Millionen Euro rekapitalisieren wolle, werde sicherstellen müssen, dass weiter gleiche Ausgangsbedingungen im Binnenmarkt herrschten.

Dass die EU-Kommission von der Lufthansa fordert, im Gegenzug für die Staatshilfen Start- und Landerechte abzugeben, erklärte Vestager mit der Bedeutung der sogenannten Slots für den Wettbewerb. "Wenn jemand mit ihnen konkurrieren will, braucht er Slots an einem Flughafen", sagte die Dänin.

Die Bundesregierung will die in der Coronakrise schwer angeschlagene Lufthansa mit einem neun Milliarden Euro umfassenden Hilfspaket stützen. Die EU-Kommission soll Wettbewerbsverzerrungen im Zuge von Staatshilfen verhindern.

Der Rettungsplan für die Lufthansa sieht vor, dass der staatliche Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) im Zuge einer Kapitalerhöhung Aktien zeichnet, um eine Beteiligung von 20 Prozent am Grundkapital der Fluggesellschaft aufzubauen. Zudem sind stille Einlagen von insgesamt bis zu 5,7 Milliarden Euro sowie ein Kredit in Höhe von bis zu 3 Milliarden Euro geplant.

Notwendig sind die Hilfen für die Lufthansa, weil die Corona-Pandemie mit den folgenden Reisebeschränkungen die Geschäfte des Unternehmens mit Ausnahme der Fracht nahezu zum Erliegen gebracht hat. In dem Konzern mit rund 138 000 Beschäftigten stehen deswegen Zehntausende Arbeitsplätze auf der Kippe.

Auch der Aufsichtsrat der Lufthansa hat dem Rettungspakt bisher noch nicht zugestimmt. Als Grund nannte das Unternehmen die möglichen Auflagen der EU-Kommission.

Deutsche Politiker fordern die EU-Kommission deswegen schon seit Tagen zum Einlenken auf. Regierungssprecher Steffen Seibert betonte am Freitag noch einmal, das Rettungspaket sei ausgewogen und trage sowohl den Bedürfnissen des Unternehmens als auch denen der Steuerzahler sowie der Beschäftigten Rechnung.

Noch deutlicher wurde Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). "Die EU-Kommission muss die Einschränkungen für die Lufthansa verwerfen und genauso unkompliziert agieren wie beispielsweise mit Air France oder Alitalia", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Vestager entgegnete am Freitag, es gebe einen fundamentalen Unterschied zwischen den geplanten Liquiditätsbeihilfen für die Lufthansa und Krediten für Alitalia und Air France. Ein Kredit führe zu steigender Verschuldung, zusätzliches Kapital könne es hingegen sogar einfacher für ein Unternehmen machen, am Kapitalmarkt Geld aufzunehmen.

"Zudem kommt ein sehr starker Aktionär an Bord", betonte Vestager mit Blick auf den deutschen Staat. Es sei sehr wahrscheinlich, dass andere Investoren und Wettbewerber dies als Stärkung des Unternehmens sehen würden. Die Kommissionsvizepräsidentin wies zudem darauf hin, dass die Mitgliedstaaten der EU vor dem Erlass der Regeln für Staatshilfen in der Corona-Krise ausgiebig konsultiert worden seien.

Zu einem Appell der Personalvertreter der rund 23 000 Lufthansa-Flugbegleiter äußerte sich Vestager nicht. Diese hatten die EU-Kommission zuletzt in einem Schreiben auf "prekäre Arbeitsverhältnisse" bei Billiganbietern hingewiesen, die zum Nutznießer von Lufthansa-Beschränkungen werden könnten.

Lufthansa biete Beschäftigten hingegen faire und adäquate Arbeitsbedingungen, hieß es in dem Brief an Vestager und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Die Vereinigung Cockpit und weitere Gewerkschaften aus dem Lufthansa-Umfeld warnten die Kommissionschefinen davor, intensiveres Sozialdumping und Scheinselbstständigkeit zu verantworten.

Der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, Daniel Caspary, zeigte sich nach den Äußerungen von Vestager empört. "Es ist ein Armutszeugnis, dass Frau Vestager regelmäßig europäische Unternehmen im globalen Wettbewerb schwächt wie jetzt wahrscheinlich die Lufthansa oder vor kurzem die Zughersteller Alstom und Bombardier", kommentierte der CDU-Politiker. Die Kommission sollte die geplante Lufthansa-Rettung dringend ohne weitere Auflagen genehmigen.

Die Bundesregierung rechnet bei den Verhandlungen mit der EU-Kommission nach dpa-Informationen erst nach Pfingsten mit einem Ergebnis.
© dpa-AFX, aero.de | Abb.: Lufthansa | 29.05.2020 12:13

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Beitrag vom 30.05.2020 - 22:02 Uhr
Dann lassen wir doch mal die gescholtene zu Wort kommen.

 https://www.tagesschau.de/wirtschaft/interview-vestager-lufthansa-101.html
Beitrag vom 30.05.2020 - 21:54 Uhr
@viri und EricM

Zu den Target Salden ist in den verlinkten Artikeln, übrigen schon älter, nichts zu finden.

Haben Sie sich mal ernsthaft mit den Ausführungen von Sinn auseinander gesetzt? Da fängt die Kurve 2007 an und zur Zeit der verlinkten Ausführungen der "Welt" war das noch kein Problem. Ganz dumm ist er nicht.

Das wollte ich auch nicht ausdrücken.
Sondern lediglich, dass die Target Salden nur im Falle einer Terminierung des Euro reale Konsequenzen haben. Und in diesem Fall haben wir glaube ich ganz andere Probleme, nämlich eine europaweite Wirtschaftskrise mit entsprechenden Unruhen, Währungreform, etc.
Da jucken auch niemanden mehr irgendwelche Salden der ehemaligen EU.

Und @b2000 hat ja auch zu Recht die Schweiz als Gegenbeispiel angeführt.

Ich hatte es als Beispiel verstanden - denn die Schweiz hat ja genau das Problem, dass ihr Export aufgrund des starken Franken richtig schlecht läuft.
Zum Glück ist die Schweiz ist deutlich weniger vom Export abhängig als Deutschland.

Ja, unsere Wirtschaft ist wegen der Bindung an den Euro sehr stark. Hätten wir noch DM wäre es zu mehreren Anpassungen der Wechselkurs gekommen die unsere Produkte in den andern Ländern verteuert. Aber dafür wären wir nicht so unbeliebt wegen unserer Wirtschaftsmacht die sich für mich auch in der Bewertung der EU Kommision LH im Vergleich Airfrance und Alitalia zeigt.

In den USA, ein Bund von 50 Staaten, gleichen die Staaaten einmal im Jahr ihre Zahlungsverpflichtungen untereinander aus. Nein die müssen das. Das fehlt in Europa. Ich habe das Buch vom Sinn (ist von 2012) nur als Leihgabe vor 7 Jahren gelesen, dort hat er sehr genau beschrieben wie das dort gemacht wird. Das müsste in Europa auch so gemacht werden.

Die Frage ist: Was passiert, wenn wir es ncith ( nie ) tun?
Wo ist das Problem solange der Euro wie bisher existiert?

Ein Beispiel noch wie man die Konjunktu rauf Schulden Basis ankurbeln kann und dann die Rechnung später bekommt: Als vor 30 Jahre die Wiedervereinigung kam, wurde quasi Monopoly Geld in richtiges Geld umgetauscht. Statt 7:1 -> 1:1 bzw. ab 10.000 Mark 2:1. Damit wurd hier bei uns im Westen die Komjunktur auf Pump angekurbelt. Ich höre noch die Begeisterten Kommentare wie toll das auch für uns ist mit der dollen Nachfragesteigerung. Das dicke Ende kam 3-5 Jahre später, da war Deutschand der kranke Mann Europas und die Inflation ging hoch.

Nur vom defizit spending ist noch keine Wirtschaft auf dauer erfolgreich gewesen. Grichenland vor 10 Jahren und Italien heute lassen grüßen. Die Zeit der Schulden Rückzahlung muss (oder wird) irgendwann kommen.

Ja, Konjunktur auf Schuldenbasis ist ei Problem.
Allerdins ist wie gesagt die Interpreatation der Target Salden als "Schulden" durchaus nicht unumstritten.
Beitrag vom 30.05.2020 - 21:11 Uhr
Ein Deutschland mit starker D-Mark wäre längste in Fall für den Insolvenzverwalter, da unsere Produkte auf dem Weltmarkt nicht mehr wettbewerbsfähig, wären wenn sie in D-Mark bezahlt werden müssten.
So wie die Schweiz mit dem Franken?

So ähnlich. Nur schlimmer, da DE deutlich stärker vom Export abhängig ist.


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