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Lufthansa-Aufsichtsrat nimmt Auflagen für Staatshilfen an

Teile der geparkten Lufthansa-Flotte auf der Frankfurter Landebahn Nordwest
Teile der geparkten Lufthansa-Flotte auf der Frankfurter Landebahn Nordwest, © Konstantin von Wedelstädt

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FRANKFURT - Der Aufsichtsrat der Lufthansa hat die Auflagen der EU-Kommission für ein milliardenschweres Hilfspaket des Staates akzeptiert. "Es war eine sehr schwierige Entscheidung", sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Karl-Ludwig Kley laut einer Pressemitteilung am Montag nach der Sitzung des Gremiums.

Lufthansa muss Start- und Landerechte in Frankfurt und München an die Konkurrenz abgeben. Die Hauptversammlung muss dem noch zustimmen.

"Wir empfehlen unseren Aktionären, diesen Weg mitzugehen, auch wenn er ihnen substanzielle Beiträge zur Stabilisierung ihres Unternehmens abverlangt", sagte Kley. Anleger scheinen der Aufforderung Folge zu leisten. Auf der Handelsplattform Tradegate legte der Aktienkurs von Lufthansa zuletzt um knapp vier Prozent zu. Belastbare Reaktionen der Börse sind allerdings erst am Dienstag zu erwarten. Wegen Pfingstmontag findet in Frankfurt kein Handel statt.

Die Anteilseigner der Lufthansa sind für den 25. Juni zur Hauptversammlung eingeladen - wegen der Corona-Pandemie via Livestream. Auch die Notifizierung durch die Bundesregierung in Brüssel und die förmliche Genehmigung der EU-Kommission stehen noch aus.

Der Rettungsplan sieht vor, dass der staatliche Wirtschaftsstabilisierungsfonds im Zuge einer Kapitalerhöhung Aktien zeichnet, um eine Beteiligung von 20 Prozent am Grundkapital der Fluggesellschaft aufzubauen. Zudem sind stille Einlagen von insgesamt bis zu 5,7 Milliarden Euro sowie ein Kredit in Höhe von bis zu 3 Milliarden Euro geplant.

Vorstandschef Carsten Spohr sagte der Mitteilung zufolge, die Stabilisierung der Lufthansa sei kein Selbstzweck. "Gemeinsam mit der Bundesregierung muss es unser Ziel sein, unsere Spitzenposition im globalen Luftverkehr zu verteidigen."

Damit ist der Konzern einen großen Schritt weiter gekommen. In der letzten Aufsichtsratssitzung am vergangenen Mittwoch hatte der Aufsichtsrat die Entscheidung zur Annahme des staatlichen Rettungspakets über neun Milliarden Euro noch vertagt. Als Grund hatte das Unternehmen in Frankfurt mögliche Auflagen der EU-Kommission genannt, die bei einer Staatshilfe die Start- und Landerechte an verschiedenen Flughäfen überprüfen könnte.

Kurz vor Pfingsten war bekanntgeworden, dass der Vorstand einen zuvor zwischen Berlin und Brüssel ausgehandelten Kompromiss über die Auflagen akzeptieren wolle. Dieser sieht vor, dass Lufthansa 24 Start- und Landerechte - sogenannte Slots - an ihren wichtigsten Flughäfen München und Frankfurt an Wettbewerber abgeben muss.

Slots sind eine wichtige Größe in der Branche - daher waren die Verhandlungen um diese Zahl hart: Anfänglich war von 20 Flugzeugen mit bis zu 80 Slots die Rede, dann war die EU auf knapp 50 Slots runtergegangen. Lufthansa hatte zunächst nur angeboten, temporär auf 3 Start- und Landepaare zu verzichten. Geeinigt hat man sich nun auf besagte 24 Slots.

Weitere Einschnitte

Je mehr Slots, desto größer die Marktmacht: Die Staatshilfe für Lufthansa könnte aus Sicht der EU-Kommission im schlimmsten Fall den Wettbewerb im Markt schwächen. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager argumentiert, dass letztlich die Preise für Flugtickets steigen und Verbraucher leiden könnten.

Nicht nur bei der Lufthansa, sondern in der ganzen Branche sieht die Lage derzeit düster aus. Lockdown, Reisewarnungen, Geldsorgen der Bürger: Die Corona-Krise hat kaum eine Branche so schwer getroffen wie die Luftfahrt. Die Lufthansa-Geschäfte sind mit Ausnahme der Fracht nahezu zum Erliegen gekommen. In dem Konzern mit rund 138 000 Beschäftigten stehen Zehntausende Arbeitsplätze auf der Kippe.

Die jüngste Mitteilung des Aufsichtsrats gibt ebenfalls keinen rosigen Blick in die Zukunft: "Bereits heute ist absehbar, dass der internationale Flugverkehr auch in den kommenden Jahren nicht das Vorkrisenniveau erreichen wird", heißt es darin.

Spohr deutet Einschnitte an: "Die zu erwartende, langsame Markterholung im globalen Luftverkehr macht eine Anpassung unserer Kapazitäten unausweichlich. Mit unseren Tarif- und Sozialpartnern wollen wir unter anderem darüber sprechen, wie die Auswirkungen dieser Entwicklung möglichst sozialverträglich abgefedert werden können."
© dpa-AFX | Abb.: Lufthansa | 01.06.2020 16:03

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Beitrag vom 02.06.2020 - 16:54 Uhr
... Und das DLH-Gesetz, welches u.a. mittels vinkulierter Namensaktien die Übernahme durch Heuschrecken verhindert, hat unverändert Gültigkeit. Es besteht also keine reale Gefahr.

Das LuftNaSiG bietet keinen vollkommenen Schutz. Es sichert nur, dass über 50% der Aktien in deutschen Händen verbleiben müssen und dass die LH bei Kauf ein entsprechendes Mitspracherecht hat. Aktiv eingreifen muss die LH ab einer Quote von 40%.
Die Masse der LH-Aktien sind in Streubesitz. Vom Rettungspaket abgesehen, hält glaube ich nur ein Einziger Investor 10%, alle Andere weniger. Damit hält auch niemand ein Vetorecht.
Wenn man 40% hält, muss man nur 11% finden, die man überzeugen kann, dass eine Zerschlagung kurzfristig am gewinnbringensten ist. Und das ist bei Konzernen so, wenn der Börsenwert deutlich unter dem Unternehmensvermögen liegt.
Ich weiß, dass auch das nur sehr verkürzt dargestellt ist. Aber umsonst hat sich der Bund nicht die 25%+1 abgesichert. Damit wird das beschriebene Szenario natürlich wider sehr unwahrscheinlich.

Dieser Beitrag wurde am 02.06.2020 16:55 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 02.06.2020 - 13:58 Uhr
Außerdem besteht immer die Möglichkeit dass der Bund mit irgendeiner dreisten Begründung die 5% + 1x Aktie kauft und die restlichen Eigentümer hinaus mobbt.

Wie ist denn das bei VW mit den restlichen Eigentümern? Da scheint das mit dem Mobbing seit Jahren gar nicht bemerkt zu werden, wie?
Beitrag vom 02.06.2020 - 13:55 Uhr
Was für eine Schmierenkömödie, die hier aufgeführt wird. Welchen "substantiellen" Beitrag leisten die Eigentümer denn im Vergleich zur Alternative, welche den Totalverlust ihres Kapitaleinsatzes bedeutet hätte?

Auch Aktionäre wollen bei Laune gehalten werden, wenn sie in den nächsten Jahren keine Dividende bekommen.
Schlimmstes Szenario: Wenn jetzt alle verkaufen, sinkt der Kurs, Heuschrecken aus Übersee kaufen billig, der Staat muss seine Option von 25% + eine Aktie ziehen, um die Zerschlagung zu verhindern. Sehr verkürzt dargestellt, aber die Gefahr besteht.

Alle Aktionäre, die jetzt noch in DLH investiert sind, wissen schon seit Wochen, daß sie sich auf einen mehrjährigen Dividendenverzicht einstellen müssen und hoffen mittelfristig auf Kursgewinne. Alle anderen haben längst verkauft. Und das DLH-Gesetz, welches u.a. mittels vinkulierter Namensaktien die Übernahme durch Heuschrecken verhindert, hat unverändert Gültigkeit. Es besteht also keine reale Gefahr.


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