Luftfahrtkrise
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Airbus erleidet im zweiten Quartal Milliardenverlust

Airbus A350-1000
Airbus A350-1000, © Airbus

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HAMBURG - Die Corona-Krise hat den Luftfahrt- und Rüstungskonzern Airbus tief in die roten Zahlen gerissen. Weil die Zahl der Flugzeugauslieferungen einbrach, stand im zweiten Quartal unterm Strich ein Verlust von mehr als 1,4 Milliarden Euro, wie Airbus am Donnerstag in Toulouse mitteilte.

Der Flugzeugbauer drosselt zudem die Produktion seines erfolgreichen Langstreckenjets A350 weiter. "Diese Ergebnisse spiegeln die Auswirkungen von Corona wider, die durch unsere Anpassungsmaßnahmen abgemildert worden", sagte Chef Guillaume Faury und gab sich trotz Krise betont positiv.

An der Börse wurden die Nachrichten mit Erleichterung aufgenommen. Die Airbus-Aktie legte am Vormittag um mehr als vier Prozent zu und gehörte damit zu den stärksten Werten im deutschen MDax und im französischen Leitindex Cac-40.

Seit dem Jahreswechsel hat das Papier allerdings immer noch rund die Hälfte an Wert eingebüßt. Derzeit wird der Airbus-Konzern an der Börse daher nur noch mit rund 50 Milliarden Euro bewertet.

Im ersten Halbjahr fiel der Nettoverlust zwar noch deutlich höher aus als von Branchenexperten erwartet. Aktienhändler wie Analysten werteten jedoch positiv, dass der Flugzeugbauer inzwischen weniger Barmittel verbrennt und den Mittelabfluss im zweiten Halbjahr weitgehend stoppen will.

Es handle sich um eine schwierige Situation mit viel Ungewissheit, so der 52-Jährige Franzose Faury, der seit knapp anderthalb Jahren an der Spitze von Airbus steht. "Mit den Entscheidungen, die wir getroffen und nun umgesetzt haben, glauben wir, dass wir uns in unserer Branche in einer angemessenen Position befinden, um diese herausfordernden Zeiten zu meistern", sagte er in einer Telefonkonferenz.

Airbus hatte bereits angekündigt, weltweit rund 15.000 Stellen in der Verkehrsflugzeugsparte zu streichen. Eine Überraschung war das nicht. Der Konzern hatte zuvor erklärt, seine Produktion und die Auslieferungen für zwei Jahre um 40 Prozent zu drosseln.

Die Produktion des jüngsten Langstreckenjets A350 soll nun noch stärker zurückfahren werden als geplant. Statt sechs sollen nur noch fünf Maschinen des Typs pro Monat die Werkshallen verlassen. Das entspricht rund der Hälfte des Vorkrisenniveaus.

Bei der meistgefragten Airbus-Modellfamilie A320neo soll es keine weiteren Kürzungen geben. Faury hatte bereits im April angekündigt, dass der Konzern monatlich vorerst nur noch 40 statt 60 Exemplare der Reihe bauen wird.

Möglicherweise könne man die Produktion in dem Segment im Jahr 2022 wieder ein Stück hochfahren, sagte er nun. Bei den Langstreckenjets A350 und A330neo werde es voraussichtlich länger dauern, bis sich die Nachfrage erhole.

Keine Prognose

Faury will nun vor allem den Geldabfluss im Konzern stoppen. Übernahmen und Finanzierungen für Kunden herausgerechnet, solle im zweiten Halbjahr unter dem Strich kein Geld mehr aus dem Konzern abfließen. Eine neue Prognose für Umsatz und Ergebnis im laufenden Jahr wagte der Manager aber weiterhin nicht.

Der Flugverkehr war wegen der Corona-Pandemie zusammengebrochen, Faury hatte immer wieder von der schwersten Krise seit dem Bestehen der Luftfahrtindustrie gesprochen.

Derzeit parkt Airbus massenhaft fabrikneue Maschinen auf Flughäfen, weil die Kunden sie nicht abnehmen. Ziel sei es nun, die Auslieferungs- und Produktionsraten auf ein ähnliches Niveau zu bringen, sagte Finanzchef Dominik Asam.

Anhaltende Bestellflaute

Noch im vergangenen Jahr hatte es für Airbus rosig ausgesehen. Im ersten Halbjahr Halbjahr 2019 hatte der Konzern noch einen Gewinn von knapp 1,2 Milliarden Euro eingefahren. Schließlich konnte der europäische Hersteller seinem US-Konkurrenten Boeing sogar den Titel als weltgrößter Flugzeugbauer abjagen.

Davon ist nun nicht mehr viel übrig - die Bestellflaute setzt dem Konzern zu. Faury versuchte nun aber, trotz Krise optimistisch in die Zukunft zu schauen. "Wir bereiten weiterhin die Zukunft vor", sagte er.

Man schütze Schlüsselprojekte wie etwa den neuen kleinen Langstreckenjet A321XLR, den der Konzern auf Basis des Mittelstreckenjets A321neo entwickelt. "Wir glauben an eine lange und langsame Genesung", sagte er mit Blick auf die gesamte Branche.

Auch der Handelsstreit mit den USA belastet den Flugzeugbauer. Dieser dauert seit mehr als 15 Jahren, die USA und die EU beschuldigen sich gegenseitig illegaler Beihilfen für die Luftfahrtkonzerne Airbus und Boeing.

Die Welthandelsorganisation WTO hatte den USA Strafzölle auf europäische Exporte im Wert von bis zu 7,5 Milliarden Dollar pro Jahr genehmigt. Die USA machen davon kräftig Gebrauch - so gilt etwa auf Flugzeugimporte eine Sonderabgabe in Höhe von 15 Prozent.

Überraschend war Airbus in der vergangenen Woche einen Schritt auf die USA zugegangen. Der Konzern einigte sich mit den Regierungen Frankreichs und Spaniens darauf, Änderungen an den Verträgen über die rückzahlbare Startinvestition für den Langstreckenflieger A350 vorzunehmen. So will Airbus die USA dazu bewegen, einzulenken und die belastenden Strafzölle aufzuheben.

Es gebe nun "absolut keinen Zweifel" daran, dass man im Einklang mit den WTO-Regeln stehe, sagte Faury. Man habe die Bedingungen sogar noch mehr erfüllt, als man es zuvor für nötig gehalten habe. "Das liegt daran, dass wir wirklich alles tun wollen, um diesen Konflikt zu beenden, den wir in der gegenwärtigen Umgebung für völlig unangebracht halten."
© dpa-AFX, aero.de | Abb.: Airbus | 30.07.2020 07:11

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Beitrag vom 30.07.2020 - 10:15 Uhr
Und die Nettoliquidität ende 2019 belief sich auf 12,5 Milliarden. Somit sind wir bei 10 % der Nettoliquidität. Für so ein Jahr wie 2020 ist es doch erst mal nicht so schlecht... Jetzt muss man die Ärmel hoch krempeln und an die Arbeit gehen... Mit den Mitarbeitern Regelungen finden, mit dem man keinen entlassen muss aber trotzdem die Kosten senken kann. Mit den Zulieferer neue Liefertermine aushandeln ohne diese in die Pleite zu treiben... Und zuguter letzt mit den Kunden sprechen, wann Sie der Meinung sind ihre Ware abholen zu können. Eigentlich ganz einfach, aber alles braucht seine Zeit...

Gut gebrüllt Löwe. Nur welche Kunden sind in der Lage ihre Flieger zu bezahlen. Ausnahmen mag es geben. Die weitaus überwiegende Anzahl könnte eher Flieger abgeben als neue abholen. Da gilt insbesonders für Langstreckler aber auch SA braucht derzeit fast niemand.

Wer das nicht glaubt sollte sich auf einem Flugportal mal die Länder mit totaler oder eingeschränkter Einreise ansehen. Wo gibt es außerhalb der EU überhaupt noch Möglichkeiten. Und wenn ja teilweise mit unendlichen Bestimungen und Schikanen. Bei den rasant steigenden Infektionszahlungen weltweit wird das eher viel mehr als weniger. Das kann noch Jahre so weiter gehen solang kein Impfstoff in ausreichender Menge vorhanden ist. Klingt pessimistisch ist aber leider ein reales Scenario.
Beitrag vom 30.07.2020 - 09:08 Uhr
Und die Nettoliquidität ende 2019 belief sich auf 12,5 Milliarden. Somit sind wir bei 10 % der Nettoliquidität. Für so ein Jahr wie 2020 ist es doch erst mal nicht so schlecht... Jetzt muss man die Ärmel hoch krempeln und an die Arbeit gehen... Mit den Mitarbeitern Regelungen finden, mit dem man keinen entlassen muss aber trotzdem die Kosten senken kann. Mit den Zulieferer neue Liefertermine aushandeln ohne diese in die Pleite zu treiben... Und zuguter letzt mit den Kunden sprechen, wann Sie der Meinung sind ihre Ware abholen zu können. Eigentlich ganz einfach, aber alles braucht seine Zeit...
Beitrag vom 30.07.2020 - 08:47 Uhr
War nicht 2019 ein netto Verlust bei Airbus zu verbuchen? Da war doch das Skandal wegen Schmiergeld Zahlungen...


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