Störung von Funkfeuer
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Wem gehören die Höhen? Streit zwischen Windmüllern und Flugsicherung

ILS München
ILS am Flughafen München, © DFS

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FRANKFURT - Rund um den Frankfurter Flughafen und in anderen deutschen Ballungsgebieten wird es eng für neue Windkraftanlagen. Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) hat am Donnerstag noch einmal klargemacht, dass es bei seinem strengen Kurs bleiben will, der um jedes der bundesweit 64 Funkfeuer eine Schutzzone von 15 Kilometern vorsieht.

Wegen möglicher Störungen der Flugnavigation dürfen hier nur im genehmigten Einzelfall neue Windräder aufgestellt werden, was Energiewende-Fans erbost. An den Funkfeuern orientieren sich die Piloten nach Vorgaben der Lotsen.

Der Frankfurter Energieversorger Mainova beispielsweise sieht nahezu seine kompletten Pläne gefährdet: Von neun geplanten Windparks lägen allein sieben in den Verbotszonen der Flugsicherung, die faktisch die Windkraftnutzung in Südhessen untersage. Kurios werde es beim geplanten Windpark Nieder-Erlenbach, sagt Unternehmenssprecher Thomas Breuer. Zwischen dem angeblich störanfälligen Funkfeuer und dem geplanten Standort schlucke ein Hügel sämtliche Signale und nur wenige hundert Meter weiter drehen sich munter bereits die Windräder eines anderen Betreibers.

"Irgendwann ist das Fass voll", sagt Axel Raab von der bundeseigenen Deutschen Flugsicherung (DSF), die das Aufsichtsamt fachlich berät. Die Signale würden durch allerlei äußere Einflüsse gestört, seien es Hochhäuser, Gewässer, Hügel oder 60 Meter lange Rotorblätter. Sämtliche Fehler addierten sich zu Abweichungen in den Navigationssystemen auf, die Piloten könnten die von den Lotsen vorgebenen Routen nicht mehr verlässlich ansteuern. Rund 20 der 64 UKW-Funkfeuer in Deutschland seien am Rand der Belastbarkeit. "Da geht nichts mehr."

BAF-Direktor Nikolaus Herrmann will zwar nicht als Feind der Energiewende dastehen, hat aber die 2009 verschärften Vorschriften der internationalen Luftverkehrsorganisation ICAO fest im Blick. Konflikte seien schon wegen der stark steigenden Zahl beantragter Windräder fast unausweichlich. "Der natürliche Standort von Flugsicherungsanlagen ist oben auf dem Berg." Von dort können sich die elektromagnetischen Wellen gut ausbreiten, wenig kann den Kontakt zu Flugzeugen und Kontrollstationen am Boden stören. Dass auf den Höhen meist auch die einzigen lukrativen Standorte für Windräder im Binnenland zu finden sind, macht die Sache nicht einfacher.

Im dicht besiedelten Rhein-Main-Gebiet stehen die Funkfeuer rund um den größten deutschen Flughafen so dicht, dass ihre 15-Kilometer-Zonen nahezu die komplette Fläche Südhessens abdecken. Im hinteren Odenwald oder auf dem Taunuskamm könne man vielleicht noch Windräder bauen, sagt Herrmann. Nicht viel besser sieht es rund um München sowie an Rhein und Ruhr aus.

Der Bundesverband Windenergie sieht die Situation naturgemäß ganz anders. 208 Projekte mit einer Gesamtleistung von knapp 3500 Megawatt würden von Luftfahrt- und Wetterbehörden blockiert, die Schutzzonen um die Funkfeuer allein verhinderten 1700 Megawatt Windleistung, regionale Schwerpunkte seien Niedersachsen und Hessen. Das allein entspricht der Leistung zweier größerer Atomkraftwerke. Selbst der Ausbau bereits bestehender Windparks, das sogenannte Re-Powering mit größeren und leistungsfähigeren Anlagen, werde von den Flugaufsehern blockiert, klagt Verbandssprecher Wolfram Axthelm.

Betreiber und Wind-Lobby stellen die wissenschaftliche Notwendigkeit der Verbotszonen in Frage und verlangen Prüfungen in jedem Einzelfall. Diese würden bereits durchgeführt, kontern Raab und Herrmann. Überhaupt werde gar nicht so viel abgelehnt, wie behauptet: Seit 2004 seien von 4402 Anträgen nur 129 abgelehnt worden. Allzu große Hoffnungen, dass die veraltete UKW-Technik bald aufgegeben werden kann, sollten sich die Windmüller zudem nicht machen. Noch sei die alternative Satelliten-Navigation zu ungenau und in den Flugzeugen nicht weit genug verbreitet, sagen die Experten. Und das alte System müsse später immer noch als Backup herhalten.
© Christian Ebner, dpa | 14.10.2013 07:24


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