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Niki Lauda: Computer sind sicherer als Piloten

WIEN - Im Interview mit dem Magazin "Zeit Wissen" kann sich Niki Lauda eine Zukunft mit computergesteuerten Flugzeugen ohne Piloten vorstellen: Junge Piloten haben oft kein Gefühl mehr fürs Fliegen. Man übt brenzlige Situationen am Simulator, aber in Wirklichkeit fehle dann das Grundgefühl. Das Problem im Fliegen sei der Mensch.

Gefragt, ob er in einem vollautomatischen Flugzeug ohne Piloten mitfliegen würde, antwortet Lauda spontan mit Ja: "Das wird irgendwann kommen. Der Autopilot kann heute ja schon alles, bis aufs Abheben. Dafür gibt es noch keine Automatik, aber die kann man bauen", ist der Pilot und Ex-Airliner gegenüber "Zeit Wissen" überzeugt.

Niki Lauda
Niki Lauda, © Ingo Lang

Laudas Credo zum Thema Risiko: Technik ist kalkulierbar, der Mensch nicht. Er setzt auf eine fortschreitende Verbesserung der Technik und Lernen aus Fehlern: "Wenn der Mensch etwas erfindet, gibt es am Anfang Probleme. Aber wenn ich einen Fehler finde, muss ich den beheben können".

So geschehen nach Absturz der Lauda Boeing 767 in Thailand vor fast 20 Jahren. Nach einer fehlerhaften Schubumkehr im Reiseflug verloren 223 Menschen ihr Leben. Seither verhindert ein mechanisches System die Wiederholung solcher Fehler, nicht nur bei Boeing, sondern auf allen Triebwerken mit Schubumkehr.

Für Lauda wäre der Absturz des Air France Airbus über dem Südatlantik vermeidbar gewesen, hätten die Piloten sich auf die Computer verlassen.

Seine Analyse: Airbus habe seinerzeit Probleme mit vereisten Pitotrohren (Geschwindigkeitsmesser) gehabt, die aber nie zu einem Absturz führen können, wenn die Piloten richtig trainiert sind. "Wir haben ja nicht nur ein Pitotrohr für das ganze Flugzeug, sondern vier, die alle das Gleiche machen. Die linke Seite zeigte plötzlich wegen der vereisten Sonde einen Overspeed an und der Flieger signalisiert: ich bin links viel zu schnell."

Laut Lauda hätten die Piloten eigentlich nichts anderes tun müssen, als die Instrumente zu vergleichen: "Wenn der mittlere und rechte Sensor übereinstimmen, ist der linke falsch. Ganz einfach. Dafür gibt es eine Checkliste, und wenn man das erkennt, schaltet man den Computer nach rechts, sodass das Flugzeug mit den Sensoren der rechten Seite fliegt. Du schaltest den Autopiloten wieder ein und fliegst weiter nach Paris."

Stattdessen zogen die Piloten die Maschine nach oben, weil sie der fehlerhaften Meldung folgten. Ein fataler Irrtum, der den Airbus zum Absturz brachte.

Als Gegenbeispiel verweist Lauda auf einen Lufthansaflug von Bilbao nach München: "Da saßen zwei Piloten im Sinkflug und wussten erst mal nicht, was los ist. Das waren sehr gut geschulte Airbus-Piloten, die haben dann ein System nach dem anderen ausgeschaltet und sind ohne Probleme bis nach München weitergeflogen. Die Checklisten wurden dann neu geschrieben, weil es wieder eine neue Erfahrung war."

Zweifel an der Verlässlichkeit der Technik plagen Lauda demnach nicht, auch nicht der Einwand, auch technisches Versagen sei am Ende immer ein menschliches, weil der Mensch die Technik baut. Das Dilemma sei die zunehmende Entfremdung von einer Technik, die gerade viele Unfälle verhindern könne.
© aero.at | Abb.: Ingo Lang | 23.08.2015 13:41

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Beitrag vom 26.08.2015 - 19:22 Uhr
Bevor man überhaupt Gedanken verschwendet, ein Flugzeug mit ahnungslosen Passagieren völlig autonom in der dritten Dimension herumfliegen zu lassen, sollte man erst einmal dafür sorgen, dass ein besagtes Fluggerät nicht ins völlige Nirvana verschwinden kann. MH370 lässt Grüßen!
Beitrag vom 26.08.2015 - 15:11 Uhr
@chris7891,
"Der sollte aber schon wissen,wie man landet."
nein, das muss der überhaupt nicht wissen!

Er muss entscheiden, ob(!) und wo(!) er landen will.
Die Computer (plus Sensoren) überprüfen die Eingabe und setzen sie um, oder unterbreiten Vorschläge!
(Er kann es auch nicht wissen, weil er praktisch nie mit dem Flugzeug fliegt! Er weiss "nur", wie er das Flugzeug zu dirigieren ist! Er hat natürlich Erfahrungen in der Luft-Bodenkommunikation.)
Beitrag vom 26.08.2015 - 14:36 Uhr
Ich habe bereits während meines (luftfahrttechnischen) Studiums ein Projekt bearbeitet, was zum Ziel hatte, den Piloten im Flugzeug komplett aus der Verantwortung zu nehmen und seinen Handlungsspielraum im Cockpit auf ein absolutes Minimum zu beschränken.
Mit einem Team von 20 Ingenieuren, Technikern und 2 Testpiloten ließ sich das innerhalb von 3 Jahren für ein einmotoriges Flugzeug zulassungsfähig durchsetzen.
Ich sehe keine technischen Hindernisse, dass es auch mittelfristig auf ein Transportflugzeug anwendbar wäre.

Zuerst werden wahrscheinlich Frachtflugzeuge ohne zwei klassische Piloten fliegen, da dort nicht die Akzeptanz der Passagiere notwendig ist.

Und zum Thema, dass es aufgrund der ganzen fehlenden ILS-Einrichtungen und der Beschränkungen bei CAT III Betrieb eh nicht möglich wäre:
ILS ist eine auslaufende Technik. Die Zukunft in der Flugnavigation heißt Galileo.
Die mir bekannten Entwicklungsprojekte basieren alle auf Galileo-Satellitennavigation.

Dennoch benötigen die Flughäfen doch ein System ,dass Landungen ermöglicht.

Galileo ist doch nur die europäische Antwort auf GPS.

Eben die Landungen werden auch mit Galileo ohne bodenseitige Einrichtungen möglich sein.
Schon jetzt gab es Versuche mit Air Berlin in Tegel, wo automatische Landungen nur mit GPS und geostationären Ergänzungssatelliten, bei denen die Landung so reproduzierbar genau war, dass nach wenigen Versuchen der Gummiabrieb von der Runway entfernt werden musste, da er sich zu hoch aufschichtete.

Das funktioniert im kommerziellen Dauerbetrieb natürlich noch nicht, da GPS zu unzuverlässig ist und amerikanischer Willkür unterliegt.
Das europäische Äquivalent Galileo wird aber eben eine Flugnavigation inkl. automatischer Präzisionslandung ermöglichen, ohne auf Bodenstationen angewiesen zu sein.

Natürlich möchte auch ich in dem Fall noch jemanden vorne drin sitzen haben, der aufpasst. Aber das ist dann eine Person und die muss nicht mehr zwangsläufig ein Pilot sein. Da ginge auch der Purser 2.0....

Der sollte aber schon wissen,wie man landet.


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