Strukturwandel
Älter als 7 Tage

Spohr: Privatreisen treiben Weltluftverkehr

WIEN - Bei Lufthansa flammt die Auseinandersetzung mit den Konzernpiloten an Eurowings Europe neu auf. Konzernchef Carsten Spohr verweist im Kontext der neuen Günstigstrategie auf eine wachsende Bedeutung privater Flugreisen - nur noch ein Viertel aller Passagiere seien Geschäftsreisende, erklärte Spohr am Dienstag in Wien.

Inzwischen zeige der dezentrale Direktverkehr der Günstigflieger bedeutend mehr Dynamik als der Drehscheibenverkehr der traditionellen Airlines. Als Europas Marktführer müsse Lufthansa diese Herausforderung in einem preissensiblen Markt annehmen. Spohr: "Okay, wir machen mit."

Lufthansa will mit ihrer neuen Plattform Eurowings Europe im Günstigflugsegment die Nummer drei in Europa werden, "wenn nötig mit Partnern".

Den Auftritt beim Luftfahrtsymposium in Wien nutzte Spohr, um bessere Infrastrukturen im europäischen Luftraum anzumahnen. So seien gut zehn Prozent aller Flugkilometer durch Europa vermeidbare Umwege, die Airlines mehr kosten als erreichbare Einsparungen durch effizientere Antriebe. "Das muss sich ändern", so Spohr.

Lufthansa-Chef Carsten Spohr
Lufthansa-Chef Carsten Spohr, © Ingo Lang

Spohr warnte auch vor den Folgen der zunehmenden Nachtflugverbote, vor allem im zeitsensiblen Frachtverkehr, und einmal mehr vor den untragbaren Effekten der Flugabgabe. So würden der Lufthansa im Europaverkehr Verluste von rund 300 Millionen Euro entstehen, in gleicher Höhe der Belastungen durch die Flugsteuer.

Lob erntet hingegen die österreichische Lufthansa-Tochter. Mit ihrer konzernweit günstigsten Kostenstruktur wird Austrian Airlines für ihre ebenfalls in Wien angesiedelte Konzernschwester Eurowings Europe zunächst zwei Airbus A320 Flugzeuge bereedern, die ab Herbst auf Strecken mit starkem Preiswettbewerb zum Einsatz kommen.

Den weiteren Ausbau der ersten Basis von Eurowings Europe wollte Spohr nicht konkretisieren. Dies hänge von deren Entwicklung ab. In Wien sei aber "noch viel herauszuholen".

Insgesamt will Eurowings mit rund 100 Airbus A320 ins Rennen gehen. Immerhin habe die künftig unter der neuen Dachmarke fliegende Germanwings in Deutschland im Geschäft abseits der Hubs inzwischen einen Marktanteil von 38 Prozent erreicht.

Anders als im leistungsgeprägten Wettbewerb mit Lowfare-Konkurrenten wie Easyjet oder Ryanair, setzt Spohr im globalen Markt auf die Durchsetzung fairer Rahmenbedingungen.

Appell an Legislative

Nach einer Phase globaler Liberalisierung müsse der Wettbewerb zwischen staatlichen und privaten Flugkonzernen neu geregelt werden. Spohr sieht in der Welthandelsorganisation WTO eine mögliche Schiedsinstanz, die bisher aber noch nicht für die Luftfahrt zuständig ist. Zwei Dekaden nach Privatisierung der Lufthansa räumt ihr Konzernchef ein: "Wir brauchen wieder Politik im Luftverkehr".

Einmal mehr wies Spohr auf Wettbewerbsverzerrungen durch Golfairlines hin, die von ihren staatlichen Eignern finanziell umfänglich unterstützt würden.

Aus wirtschaftlichen Gründen habe sich Lufthansa allein in Südostasien in nur acht Jahren von ursprünglich 27 Zielen auf drei zurückgezogen, so Spohr. Fast halbiert habe sich auch ihr Verkehr nach Indien.

Die stark wachsende Nachfrage, vor allem bei den auch in Asien boomenden Privatreisen, bedienen die Golfairlines mit einem massiven Kapazitätsausbau, sowohl luft- als auch landseitig. So stehen Flugzeugbestellungen der Lufthansa für rund 36 Milliarden Euro bei den Golfairlines Aufträge von über 200 Milliarden Euro gegenüber, davon allein bei Emirates für Neugerät mit einem Listenwert von rund 115 Milliarden Euro.

Mit gewaltigen Investionen forcieren die Emirate auch den Ausbau ihrer Infrastruktur. Bis 2030 sollen dort Jahreskapazitäten für über 300 Millionen Passagiere entstehen.
© Bob Gedat, aero.at | Abb.: Lufthansa | 04.09.2015 09:39

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Beitrag vom 05.09.2015 - 11:05 Uhr
vielleicht interessant, weil es sich ständig wiederholt:
'Die Mehrheit der Wirtschaftswissenschaftler hält es allerdings für wenig sinnvoll, dass Länder ihre Wirtschaft abschotten.
...
"Immer wenn es auf dem Weltmarkt bergab geht, versuchen die Länder sich abzuschotten", beobachtet Wirtschaftshistoriker Werner Abelshauser von der Universität Bielefeld.
...
Wenn die Länder sich in der Krise abschotten, verschlimmert das die Lage, lautet die Lehre. Dennoch wiederholt sich dasselbe Muster immer wieder
...
Gefährlich werde es, wenn eine Vergeltungsspirale in Gang gerate, nach dem Motto: Auge um Auge, ... "Wenn ein solcher Mechanismus erst einmal ausgelöst wurde, ist er kaum zu stoppen", warnt der Historiker.'
 Raus mit den Rivalen
Beitrag vom 04.09.2015 - 11:04 Uhr
Beitrag von @Guido3 10:39 hier übernommen
wegen Doppelteröffnung des gleichen Themas
Fly-Away
Moderator
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Über eines muss man sich im Klaren sein: Die Scheichs sind geduldige strategische Investoren, was sie im Übrigen auch bei europäischen Firmen zu beliebten Investoren macht. Anders als angelsächsische Investoren drängen sie nicht darauf, kurzfristig das letzte bisschen Substanz herauszupressen, um Quartalszahlen oder kurzfristige Dividende aufzubessern.

Aber man kann sicher sein, dass die Scheichs keine Lust haben, auf Jahrzehnte dauerhaft Geld in ihren Airlines zu versenken. Emirates ist nach allem was man weiß hochprofitabel und überweist Gewinne an seinen Eigner das Emirat Dubai. Etihad und Qatar sind später gestartet als Emirates, entsprechend in einer früheren Unternehmensphase und bekommen nach allem was man weiß noch Subventionen von ihren staatlichen Eignern. Das war bei der Lufthansa in jungen Jahren nicht anders. Bei der Übernahme von Austrian vor wenigen Jahren hat Lufthansa auch von eine halben Milliarde Euro an Steuergeld aus Österreich profitiert. Aber Subventionen sieht man immer nur bei den Golf-Airlines.

Die meisten Vorteile der Golfairlines werden auch ohne Subventionen bleiben. Es wird dort weiter keine Nachtflugverbote geben. Sie werden weiter geostrategisch ideal am Drehpunkt zwischen Asien, Afrika und Europa liegen. Airlines werden da weiter keine Steuern zahlen (nicht weil das eine Airline-Subvention ist, sondern weil da kein Unternehmen Steuern zahlt). Es wird weiter keine Gewerkschaften geben.
Emirates und Qatar werden weiter gedeihen. Bei Etihad ist fraglich, ob die Strategie aufgeht, sich eine marode Airline nach der anderen ans Bein zu binden.

Es ist für das Management der Lufthansa bequem, immer die Golfairlines als Entschuldigung anzuführen. Wenn es die Golfairlines nicht gäbe, wäre es für Lufthansa auch nicht gemütlicher. Es gibt dann nach Asien immer noch Unmengen an Konkurrenz (Turkish, Singapore, Cathay, die ganzen China-Carrier, ...). Lufthansa wäre meines Erachtens gut beraten, seine bislang miserable Flottenpolitik zu verbessern und mutiger bei der Routenpolitik zu werden. Statt sich an den Golfairlines abzuarbeiten, sollte Lufthansa lieber Turkish Airlines im Auge behalten. Die unterliegen hier keinerlei Beschränkungen, bieten bald 300 Flüge pro Woche ab Deutschland und wenn der neue Flughafen erst da ist, wird Turkish eine größere Bedrohung für die Lufthansa sein, als die 3 Golfairlines zusammen.

Auch sollte die Lufthansa bei Ihrer vermeintlichen Premiummarke "Lufthansa" am Produkt arbeiten. Es gibt da nur noch den Programmpunkt Kostensenkung. Immer mehr Services und Leistungen werden gestrichen oder sind neuerdings kostenplichtiges Extra. Kostensenkung allein ist keine Geschäftsstrategie. Und spannenderweise ist eine Ryanair dabei, seinen Kundenservice und sein Produkt aufzuwerten. Das läuft dann auf einen reinen Preiskampf hinaus, den Lufthansa unmöglich gewinnen kann.

Die nahe Zukunft wird für Lufthansa durch fortgesetzte Pilotenstreiks wahrscheinlich so oder so sehr turbulent.


Beitrag vom 04.09.2015 - 10:15 Uhr
Mein Gott, dieses Gejammere kann man sich langsam echt nicht mehr anhören! Spohr sollte sich für mal die für faire Bedinungen in Europa einsetzen. Eine Tarom ist auch staatlich, leider (Gott sei Dank für LH!) hat der Staat dort kein Geld. Der Ostasiate und der Inder dürfen nur LH fliegen, egal, was sie verdienen und die Chinesen müssen BMW und andere deutsche Autos fahren. Hoffentlich kommen andere Länder nicht auf die Idee Autos zu bauen, sonst müssten schnell wieder Zölle her! faire Bedingungen werden halt in Deutschland definiert!!


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