Air-Berlin-Insolvenz
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Lufthansa wehrt sich gegen Vorwurf der Preistreiberei

Harry Hohmeister
Harry Hohmeister, © Deutsche Lufthansa AG

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BERLIN - Die Deutsche Lufthansa wehrt sich nach dem Aus des Konkurrenten Air Berlin gegen Vorwürfe der Preistreiberei. "Was kolportiert wird über angebliche Preissteigerungen, ist nachweisbar nicht zutreffend", sagte Lufthansa-Vorstand Harry Hohmeister der Zeitung "Welt am Sonntag"

Es handele sich um Einzelfälle, die es auch früher montagmorgens und freitagnachmittags gegeben habe. "Für etwa 95 Prozent der Passagiere hat sich beim Preis nichts geändert."

Das Bundeskartellamt nimmt die Preise beim Branchenprimus unter die Lupe. "Wir haben die Deutsche Lufthansa gebeten, uns Informationen über ihre Preissetzung zur Verfügung zu stellen. Wir werden uns die Daten ansehen und dann darüber entscheiden, ob wir ein Verfahren einleiten", hatte der Chef der Behörde, Andreas Mundt, am Freitag der Deutschen Presse-Agentur gesagt.

Hohmeister sagte dazu, man habe keine Geheimnisse, gute Argumente und nichts zu verbergen. "Wir können dem Kartellamt alles zeigen", sagte er der "Welt am Sonntag". Der Lufthansa-Manager zog einen Vergleich zur Deutschen Bahn, deren Preissystem auch keine festen Tarife habe, sondern auf eine steigende Nachfrage flexibel reagiere. "Wir können aber nachweisen, dass sich bei uns im Preissystem nichts geändert hat. Auch nicht innerhalb der Zwischenstufen in den Preisklassen."

Nach dem Ausscheiden von Air Berlin fehlen jeden Tag Zehntausende Plätze im Flugverkehr. Die Preise sind nach Einschätzung von Branchenfachleuten im Durchschnitt auf manchen Strecken um bis zu 30 Prozent gestiegen.

Die Lufthansa hatte schon mehrfach betont, dass sie ihre Preisstruktur nicht verändert habe. Die höheren Durchschnittspreise entstünden durch die deutlich größere Nachfrage. Die vollautomatischen Buchungssysteme riefen dadurch wesentlich schneller höhere Preisklassen für Tickets auf.

Bei der Lufthansa gibt es - je nach Buchungszeitpunkt und Auslastung - 26 verschiedene Preisklassen für ein Ticket.

"Der Wegfall von Air Berlin schadet dem Wettbewerb und verknappt momentan das Angebot insbesondere auf vielen innerdeutschen Flugstrecken. Uns liegen Beschwerden über erhebliche Preiserhöhungen zum Nachteil der Kunden vor", hatte Mundt indes erklärt. Im Fokus stehe dabei die Preispolitik der Deutschen Lufthansa.

Die Lufthansa verweist außerdem darauf, dass sie Kapazitäten aufgestockt habe und trotz hoher Kosten sogar Jumbos im Inlandsverkehr einsetze, um den Mangel auszugleichen. Der Chef der Fluglinie, Carsten Spohr, hatte vor kurzem 1000 neue innerdeutsche Flügen pro Monat angekündigt, sobald die EU-Wettbewerbsbehörde grünes Licht gebe. Dann würden sich auch die Preise wieder stabilisieren.

Die Zustimmung aus Brüssel ist erforderlich für den geplanten Verkauf großer Teile der insolventen Air Berlin an die Lufthansa-Tochter Eurowings und den britischen Konkurrenten Easyjet. Eine erste Entscheidung in Brüssel könnte nach Einschätzung aus Branchenkreisen schon am 7. Dezember fallen. Möglich ist aber auch, dass die EU-Kartellbehörde eine vertiefte Prüfung verlangt. Dann würde sich das Verfahren weitere 90 Arbeitstage hinziehen. Die Neuordnung des deutschen Luftverkehrs und damit die Normalisierung der Ticketpreise könnten sich so noch hinziehen.
© dpa | 26.11.2017 07:14

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Beitrag vom 26.11.2017 - 17:06 Uhr
Ich erinnere an die letzten Jahre des Tarifstreits.
Die, die jetzt "kann doch nicht sein, dass" rufen, haben damals auch nach dem Markt gerufen. "Der Markt" wird es schon richten mit den Gehältern der Piloten, sagten sie.
Jetzt regelt der Markt mal zu ungunsten derer, die damals so laut nach "dem Markt" gerufen haben ("marktgerecht" war damals gefühlt jedes zweite Wort), und direkt wird das Kartellamt bemüht und der Anpruch gefestigt, gefälligst für 60 Euro quer durch Europa zu fliegen zu können oder eine Obergrenze ber Gesetz für Flugtickets zu bestimmen. Die Tickets werden nun marktgerecht bepreist, und es ist wieder nicht gut.

Wenn "der Markt" regelt ist das immer toll, solange es einen nicht selbst trifft.

Danke! Das dachte ich mir auch schon. Nach Marktgerechtigkeit schreien, aber bitte nur dann, wenn es zum eigenen Vorteil oder der persönlichen Genugtuung dient.

Dieser Beitrag wurde am 27.11.2017 08:50 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 26.11.2017 - 16:58 Uhr
Ich erinnere an die letzten Jahre des Tarifstreits.
Die, die jetzt "kann doch nicht sein, dass" rufen, haben damals auch nach dem Markt gerufen. "Der Markt" wird es schon richten mit den Gehältern der Piloten, sagten sie.
Jetzt regelt der Markt mal zu ungunsten derer, die damals so laut nach "dem Markt" gerufen haben ("marktgerecht" war damals gefühlt jedes zweite Wort), und direkt wird das Kartellamt bemüht und der Anpruch gefestigt, gefälligst für 60 Euro quer durch Europa zu fliegen zu können oder eine Obergrenze ber Gesetz für Flugtickets zu bestimmen. Die Tickets werden nun marktgerecht bepreist, und es ist wieder nicht gut.

Wenn "der Markt" regelt ist das immer toll, solange es einen nicht selbst trifft.

Dieser Beitrag wurde am 26.11.2017 16:59 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 26.11.2017 - 16:41 Uhr
Lufthansa sollte der max. Preis für eine Strecke vorgeschrieben werden. Es kann nicht sein, dass plötzlich ein Ticket von München nach Berlin statt 59,90 nun plötzlich 399,50 Euro kosten soll. Hier muss "von oben" eine Grenze vorgeschrieben werden.
Ebenso bei Langstreckenflügen.

Interressantes Anspruchsdenken. 60€ Angebote waren die Reaktion des Marktes auf ein Überangebot. Dieses wird nun etwas kleiner, also steigen die Preise.
Economy 101.

"Es kann nicht sein" ist kein Argument. Doch klar, ganz simple Marktmechanismen führen dazu. Warum also sollten der LH Preise vorgeschrieben werden?
Und ist das geforderte "von oben" nicht genau jene Politik, die sonst hier fast jeder für unfähig erklärt?

Ich schließe mich FloCo an : Es kann nicht sein, dass eine S-Klasse mehr kostet als ein Ford Fiesta, Mercedes sollte der max. Preis für eine Auto vorgeschrieben werden...


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