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Neue Spielregeln für Ryanair

Ryanair Boeing 737-800
Ryanair Boeing 737-800, © Ingo Lang

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DUBLIN - In der europäischen Luftfahrtbranche werden die Karten neu gemischt. Dabei hat ausgerechnet Ryanair das schlechteste Blatt erwischt und die Konkurrenz hat plötzlich alle Trümpfe in der Hand. Dies legt der Ryanair-Konflikt mit den Piloten offen, in dem die erste Runde an die Gewerkschaften ging.

Dass insbesondere die Lufthansa bei Air Berlin den Joker gezogen und auch bei einer Übernahme von Alitalia-Assets gute Karten hat, ist indes nicht etwa nur die Folge eines "abgekarteten Spiels", mit dem der Expansionsdrang des Low Cost Carrier ausgebremst werden soll. Stattdessen zeigt sich immer deutlicher, dass Ryanair ihr Blatt überreizt hat.

Die Iren haben ihr rasantes Wachstum seit Jahren über ihre überragende Preis- und Kostenführerschaft vorangetrieben, wobei der Abstand der Lohnstückkosten im Vergleich zum Wettbewerb besonders deutlich ist. Das gilt nicht nur im Vergleich zu großen Netz-Carriern wie der Lufthansa, sondern sogar mit Blick auf Billigflieger-Konkurrenten wie Easyjet oder Norwegian.

Dabei spielten bisher sowohl die höhere Produktivität als auch Gehälter, die 40 Prozent unter denen von Easyjet lagen, die entscheidende Rolle.

Beide Vorteile drohen Ryanair aus der Hand zu gleiten. Die Gesellschaft ist bei ihrem Expansionskurs übers Ziel hinausgeschossen. Das belastet die Produktivität. Es fehlen zunehmend die Ressourcen, vor allem Crews und Piloten. Im September musste Ryanair deshalb Tausende Flüge streichen. Die Mitarbeiter haben ihre Chance erkannt.

Sie fordern nicht nur eine deutlich bessere Bezahlung, sondern wollen diese auch durch gewerkschaftliche Vertreter verhandeln lassen und damit Ryanair zur Anerkennung von offiziellen Tarifpartnern zwingen. Dadurch müsste der Billigflieger künftig nach neuen Spielregeln spielen, und zwar solchen, wie sie viele Wettbewerber schon seit langem beachten müssen. Dies könnte das Wettbewerbsumfeld à la longue nachhaltig verändern.

Die Ryanair-Aktionäre, die der Vorstand nach den Flugausfällen vom September mit einer Bestätigung der Jahresziele mühsam bei Laune gehalten hat, müssen sich darauf einstellen, dass sich die superfetten Jahre dem Ende zuneigen. Deshalb drohen nicht gleich magere Zeiten, denn die Luftfahrt bleibt ein wachsender Markt.

Allerdings kann auch Ryanair nicht auf Dauer einen Stakeholder im Unternehmen derart bevorzugen, indem sie einen anderen drückt. Die Mitarbeiter wurden kurzgehalten, damit die Gewinne sprudeln. Sie fordern nun höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen.

Die Chancen dafür stehen gut - allen voran für die Piloten, denn ein branchenweiter Mangel an Flugzeugführern treibt hier auch die Preise.
© dpa-AFX, OTS, aero.de | Abb.: Ingo Lang | 16.12.2017 09:51

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Beitrag vom 19.12.2017 - 12:06 Uhr
Ich kann das nicht mehr so schön gefärbt sehen wie der Autor dieses Artikels. Lufthansa hat erst die ganze Air Berlin übernommen um sie dann Stück für Stück in die Pleite zu schicken. Was für eine Glanz Leistung!! Und anstatt den eigenen Piloten einmal die TUI fly Bedingungen schmackhaft zu machen hetzt man fremde Piloten gegen die Ryanair, zahlt und behandelt aber seinen eigenen Eurowings Crews wie Dreck!
Was zahlt eigentlich die Lufthansa für diese positive Berichterstattung?
Gibt es noch wirklichen freien Journalismus?

Das ist leider großenteils falsch.
Es sind die FR Piloten, die sich von O’Leary nicht mehr drangsalieren lassen wollen und endlich anständige Tarifverhandlungen mit den Gewerkschaften fordern und dafür auch streiken würden. Es sind viele Piloten, die von FR wegen der Beschäftigungsverhältnisse geflüchtet sind und noch weiter flüchten.
Das hat nichts mit AB oder LH zu tun.

Dass LH gut daran getan hätte anständige Tarife bei EW anzubieten, steht außer Frage, das wird jetzt aber kommen.
Tarifverträge auf Basis der TuiFly sind aber Blödsinn. Die haben nämlich gerade das problem, dass sie im Vergleich zu teuer sind.
Beitrag vom 19.12.2017 - 11:59 Uhr
Aha - also ich glaube ja nicht das Rayanair durch dieses "kleine" Zugeständniss groß ausgebremst wird, allein schon weil die ja einiges auf der hohen Kante haben dürften.

Sie werden vielleicht nicht mehr ganz so aggressiv wachsen können aber eine große Gefahr für LH und co. bleiben sie auf jeden Fall.

Vielleicht wird Rayanair in Zukunft auch nicht mehr so stark auf den Preis setzen weil der ja eh etwas höher sein wird.
Wenn die eine Businessclass einführen muss sich LH wirklich was einfallen lassen...

Sie haben das Problem nicht verstanden.
Ryanair’s erfolg basiert darauf die meisten Piloten in Scheinselbständigkeit zu beschäftigen, um damit Sozialversicherung zu umgehen. Die aktuelle Situation ist von internen Drohungen gegen die eigenen Crews und miesen Spielchen (rechtzeitig in Standby versetzen, damit wechseln zu anderen Airlines verhindert wird oder Auflagen für Boni, die niemand bekommt, weil FR rechtzeitig dafür sorgt, dass die Auflagen nicht erreicht werden können usw.) geprägt. Behörden und Gerichte gehen gegen die illegalen Gerichtsstände für Fluggastrechte Und Arbeitsrechtsstreitigkeiten vor und fordern FR auf Urlaub und Freizeit zu gewähren. Weiter hat man auf Kosten der Allgemeinheit Flughäfen ausgequetscht und teilweise betrogen...
Dass Flüge seit September ausfallen hat den einfachen Grund, dass die Beschäftigungspolitik dort nicht mehr funktioniert und dass die Piloten weglaufen.
Man hat einfach viel zu wenig Piloten, deswegen auch die Nebelkerzen bzgl. AB und Alitalia.
FR wird massiv mehr Piloten benötigen und diese nach Tarifen als echte Angestellte beschäftigen müssen. Damit werden sich die Kosten aber massiv erhöhen und die Preise nicht mehr halten lassen.
Man könnte noch jede Menge mehr dazu schreiben.
Spätestens mit den Gewerkschaften wird es für FR jetzt unangenehm, denn Streiks werden kommen, wenn das Zugehen auf die Gewerkschaften nicht einen Tarifvertrag zum Ziel hat, sondern nur passiert ist, damit Streiks vor Weihnachten nicht stattfinden.
Beitrag vom 18.12.2017 - 05:32 Uhr
Die "contractors" werden also recht ordentlich für ihre Leistungen bezahlt?
Was ordentlich ist, ist subjektiv. Objektiv sieht’s so aus:
65,50€/sbh für FOs > 500h RYR.
70,50€/sbh für FOs > 1500 RYR.
Nach 3000h TT, also knapp vier Jahren gibt’s meist den vierten Streifen, dann:
145€/sbh für cpt
165€/sbh für Line Trainer
450€/d für SFIs (FOs)
800€/d für TRIs/TREs (CPTs)
Für neue Cadetten wird das Type Rating gezahlt, dafür gibt’s 5€ weniger die Stunde und nen fünfjährigen Bond.
Angaben sind Brutto. Was netto bleibt, hängt maßgeblich von den zu zahlenden SV Beiträgen des jeweiligen Staionierungslandes ab. Ob man dafür morgens aufsteht, hängt schlicht von der persönlichen Situation ab.

Die in D angestellten FR-Piloten haben deutsche Verträge (FR bezahlt die deutsche SV)?
Ja, FR zahlt den Arbeitgeberanteil.

Da gibt es im Grunde keinen Grund, sich über FR zu beklagen?
Doch. Ungefähr 1000! Die Sache ist aber komplexer, genau wie es das deutsche Arbeitsrecht ist. Arbeitnehmerrechte hören eben nicht beim Einsacken der Lohntüte auf.


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