Airbus
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Die Bilanz von Tom Enders

TOULOUSE - Der scheidende Airbus-Chef Tom Enders konnte seit seinem Amtsantritt 2012 einige Erfolge für sich verbuchen: zum Beispiel hat Airbus mit der A320neo Boeing kalt erwischt und tausende Aufträge an Land gezogen - dennoch fällt die Enders Erfolgsbilanz durchwachsen aus.

Unter Enders Regie gelang es dem EADS-Konzern, einen maroden militärischen Bereich zu verschlanken. Der Name "EADS" ist längst Geschichte - Enders hat das Airbus-Profil auf Entwicklung und Produktion von Verkehrsflugzeugen geschärft.

Tom Enders und Fabrice Brégier
Tom Enders und Fabrice Brégier, © Airbus

In jüngster Vergangenheit machte Airbus mit dem Coup in Form der Kooperation mit Bombardier bei der CSeries von sich reden.  Dennoch: für jeden Fortschritt gab es auch einen Rückschlag. Kurz nach Enders Amtsantritt scheiterte ein Fusionsversuch mit dem Rüstungsgiganten BAE Systems.

Der Verkauf des A380 läuft mehr als schleppend - und für Korruptionsvorwürfe sind in den vergangenen Jahren Beweise ans Licht gekommen, die das Unternehmen ernstlich in die Bredouille bringen können. Triebwerksprobleme beim A320neo führten zudem zu Lieferengpässen.

Zwar überdauert Enders seinen größten unternehmensinternen Rivalen Fabrice Brégier, der im Februar 2018 den Dienst bei Airbus quittiert, unbeschadet kommt er trotzdem nicht davon.

Korruptionsvorwürfe

Airbus-Aktionäre fragen sich derzeit, wieviel "bedeutend" in Bares umgerechnet ist. Das ist das Wort, mit dem Enders die Strafzahlungen beschrieb, die dem Unternehmen drohen, nachdem Untersuchungen zu Korruptionsvorwürfen ein Netz aus Mittelsmännern sichtbar gemacht haben.

Airbus könnte die Forderungen der Ankläger teilweise mit Rückstellungen decken - Summen, die den Konzern in jedem Fall schmerzen. Das Beratungsunternehmen Kepler Cheuvreux hält eine Strafzahlung von zirka 2,5 Milliarden Euro für möglich und warnt, dass diese Summe noch untertrieben sein könnte.

Als Indikator dafür führt es den Sturm an, der momentan durch die hohen Management-Etagen bei Airbus weht und der unerwartet auch Fabrice Brégier vom Stuhl fegt.

Das Superjumbo-Dilemma

Die Verkaufszahlen der A380 stagnieren und es deutet einiges darauf hin, dass Airbus das Programm in den 2020er Jahren auslaufen lässt. Gesagt hat das bisher so aber niemand.

Zwar ist der Superjumbo bei den Passagieren beliebt, Airlines hadern aber mit dem Vierstrahler in Zeiten, in denen leichtere Großraumflugzeuge mit zwei Turbinen das Sagen am Himmel haben.

Nur eine Airline ist nach wie vor ein enthusiastischer A380-Kunde. Emirates hat den Superjumbo 142 Mal bestellt und wäre bereit, mehr zu kaufen, wenn Airbus sich dauerhaft zu dem Programm bekennen würde.

Der Flugzeugbauer zögert jedoch, ein solches Versprechen zu geben und fragt sich, ob er den Giganten nicht einfach zu früh auf den Markt gebracht hat und ob der Reisemarkt sich zu Gunsten des Superjumbos entwickeln wird. Soll Enders das Programm auf unprofitablem Niveau am Laufen halten oder in den sauren Apfel beißen und die Reißleine ziehen?

Lieferengpässe

In den vergangenen Jahren war Airbus erfolgreicher darin, Flugzeuge zu verkaufen, als sie pünktlich an den Kunden zu liefern. Auf diese Weise hat sich bei dem Flugzeugbauern ein gewaltiger Stock an offenen Bestellungen für seine Erfolgsmodelle A350 und A320neo aufgestaut.

Die Produktion der A350 wurde durch Probleme mit der Innenausstattung ausgebremst, weil Zulieferer Schwierigkeiten haben, den straffen Zeitplan einzuhalten. Zugleich sind die Pratt&Whitney-Turbinen, mit denen die A320neo ausgestattet sind, von einer Panne in die nächste geschlittert.

Airbus sagt, dass beide Programme 2018 in ruhigeres Fahrwasser kommen. Enders muss sicherstellen, dass es keine weiteren Probleme gibt und den Korruptionsskandal lösen, um seinem Nachfolger einen besenreinen Konzern zu übergeben.

Der neue Favorit im Rennen um Enders Nachfolge ist Guillaume Faury, der momentan den Bereich Helikopter leitet. Endgültig entschieden ist bisher nichts.
© Bloomberg, aero.de | Abb.: Airbus | 19.12.2017 08:10

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Beitrag vom 22.12.2017 - 16:17 Uhr
Ich verstehe beim besten Willen nicht warum alle glauben in der Luftfahrt sind große Konzerne notwendig. Da wird immer argumentiert das die mit den finanziellen Risiken besser zurechtkommen könnten aber das tun sie nicht. Egal ob Boeing, AB oder Bombardier - allen muss der Staat mal unter die Arme greifen.
Wenn der Konzern größer wird werden auch die Risiken größer - da hat man dann halt den A400M UND A380 an der Backe.

Die A380 Entwicklung hat >20 Mrd.€ gekostet, der A350 >15 Mrd.€. Boeing hat bei der 787 über 30M.$ hingelegt. Eine solche Finanzierung kann niemals eine Firma alleine anstellen - auch kein Großkonzern. Eine solche Finanzierung - auch und gerade über die öffentliche Hand - funktioniert nur Sicherheiten bzgl. des Return-of-Invests. Und das lässt sich z:t. aus dem neuen produkt selbst, aber zum größeren Teil aus dem bestehenden Geschäft herleiten. Wenn man von Null anfängt, startet man nicht umsonst erst bei kleinen Flugzeugen. Bei größeren, bei denen der Invest extrem viel größer ist, läuft es nur über ein gut laufenden bestehendes Geschäft und/oder Kooperationen, auch zwischen Ländern. Gerade deswegen koopieren China und Russland bei dem geplanten Widebody zusammen, weil einer alleine es nicht auf die Beine stellen kann. Man braucht also schlicht Größe, um die Finanzierung (selbst+über Invstoren) aufstellen zu können. Zuden braucht es Größe, um eine Produktion am Laufen zu haben, die für die benötigen Verkaufszahlen realisieren zu können erforderlich ist. Und es braucht einfach auch schlicht Größe, um mtui einem weltweit schlagkräftigen Salesteam, verbindungen udn netzwerken diese benötigen Verkaufzahlen auch reinholen zu können. Nicht umsonst gibt BBD die CSeries in die Hände von Airbus....

Konclusio: die Vorstellung, nationale Einzelfirmen können große Zivilflugzeugprogramme über Konzept, Sales, Entwicklungen, Produktion und Support alleine stemmen, ist eine vollständige Illusion.


Ich hätte von AB auch erwartet das sie die Entwicklungkosten für den A350 komplett alleine stemmen können.
Aber als großer Konzern wagt man eben auch gerne großkotzige Dinge die einem dan hinterher ein riesen Loch in die Bilanz fressen.
Einen A380 hätte es mit einem getrennten AB nicht gegeben.

..möglich, aber auch keine A350, auch keine A330, kein A320 und keinen A300 - sicher dann gar kein Airbus. Wir hatten in Europa schon tausend kleine Firmen, die teilw. Pleite gegangen sind (Fokker, Dornier,...) oder einfach nur innerhalb eines Verbundes überlebensfähig gewesen sind (Aerospatiale, DASA,...). Außnahme: der Militärbereich (siehe BAE systems, aber auch hier war aus gutem grund ein Merger geplant).

Noch ein Beispiel: man schaue sich mal die Nase der A320 an. Es handelt sich hier um ein abgeleitetes Design von Fokker. Nicht zufällig sieht die A320-Nase der einer Fokker 100 täuschend ähnlich aus. Wo es also geht, wir versucht auf Lösungen aufzubauen und es wird kooperiert, um die immensen Kosten zu begrenzen. In der Kooperation liegt der Weg, nicht in der Separation!
Beitrag vom 22.12.2017 - 12:34 Uhr
Also trotz der sehr umfangreichen Argumentation erschließt sich mir nicht, warum man ein seit Jahren gewachsenes Konstrukt (AB), welches sehr erfolgreich und professionell im Markt agiert, zerschlagen sollte!?

Man hat in den vergangenen Jahren sehr viele, Veränderungen bei AB (die genau mit der Überwindung hemmender nationalen Interessen zu tun hatten) vorgenommen. Und das schlägt sich durchaus positiv zu Buche. Und nun zum Thema zurück: das hat auch viel mit dem Wirken von T.Enders zu tun.

Es wäre m.M. sehr gut, wenn Europa noch mehr solche gemeinsamen Projekte hätte.

Hätte, wäre, wenn dann hätte man das schon vor einiger Zeit machen müssen (bei der BAE Fusion oder besser noch früher).

Meine Idee wäre das man das zu dem Zeitpunkt bei dem klar war das der Laden läuft und keine oder kaum Unterstützung mehr benötigt hätte machen sollen.
Also einfach MBB und AB wieder trennen und jeder macht das was er am besten kann: MBB Helis und AB Flugzeuge.

Aber warum denn? Der Sinn erschließt sich mir immer noch nicht... !?



Les den Kommentar bitte komplett, ich denke das Messerschmitt Beispiel ist ganz gut.

Oder schau einfach auf AB:
Sicher ist Boeing da noch schlimmer aber beide verbauen einfach das von dem man glaubt das es Standart wird und gut is.

Kann sein das die tolle Renderings haben und vielleicht noch ein Akku-UL aber das wars.

Ich hab Ihre Beiträge gelesen, sogar mehrmals. Das einzige "Argument" welches ich herauslesen kann ist, das Sie ein erfolgreiches Unternehmen zerschlagen wollen, weil es - in kleineren, nationalen Einheiten- möglicherweise mehr Innovationen gibt. Richtig?

Das ist doch schon sehr spekulativ.

Ja im Fall von Airbus ist es das.
Hätte man das früher gemacht wären die Risiken aber noch nicht so groß gewesen weil die einzelnen Unternehmensteile ja noch nicht so stark integriert waren.

Es geht ja nichtmal darum die Unternehmensteile an sich zu trennen.
AB Helicopters und AB Verkehrsflugzeuge sind ja quasi schon getrennt. Das hilft denen aber nichts weil sie als Teil dieses Riesenkonzerns nicht die Vorteile eines kleinen und vorallem spezialisierten Unternehmens ausspielen können.
Und effizienter arbeiten könnten sie auch noch.

Auch spricht die Gerechtigkeit für eine Trennung da so jeder etwas und nicht Fr. langfristig alles bekommt.

Ich verstehe beim besten Willen nicht warum alle glauben in der Luftfahrt sind große Konzerne notwendig. Da wird immer argumentiert das die mit den finanziellen Risiken besser zurechtkommen könnten aber das tun sie nicht. Egal ob Boeing, AB oder Bombardier - allen muss der Staat mal unter die Arme greifen.
Wenn der Konzern größer wird werden auch die Risiken größer - da hat man dann halt den A400M UND A380 an der Backe.

Ich hätte von AB auch erwartet das sie die Entwicklungkosten für den A350 komplett alleine stemmen können.
Aber als großer Konzern wagt man eben auch gerne großkotzige Dinge die einem dan hinterher ein riesen Loch in die Bilanz fressen.
Einen A380 hätte es mit einem getrennten AB nicht gegeben.
Beitrag vom 22.12.2017 - 01:37 Uhr
Also trotz der sehr umfangreichen Argumentation erschließt sich mir nicht, warum man ein seit Jahren gewachsenes Konstrukt (AB), welches sehr erfolgreich und professionell im Markt agiert, zerschlagen sollte!?

Man hat in den vergangenen Jahren sehr viele, Veränderungen bei AB (die genau mit der Überwindung hemmender nationalen Interessen zu tun hatten) vorgenommen. Und das schlägt sich durchaus positiv zu Buche. Und nun zum Thema zurück: das hat auch viel mit dem Wirken von T.Enders zu tun.

Es wäre m.M. sehr gut, wenn Europa noch mehr solche gemeinsamen Projekte hätte.

Hätte, wäre, wenn dann hätte man das schon vor einiger Zeit machen müssen (bei der BAE Fusion oder besser noch früher).

Meine Idee wäre das man das zu dem Zeitpunkt bei dem klar war das der Laden läuft und keine oder kaum Unterstützung mehr benötigt hätte machen sollen.
Also einfach MBB und AB wieder trennen und jeder macht das was er am besten kann: MBB Helis und AB Flugzeuge.

Aber warum denn? Der Sinn erschließt sich mir immer noch nicht... !?



Les den Kommentar bitte komplett, ich denke das Messerschmitt Beispiel ist ganz gut.

Oder schau einfach auf AB:
Sicher ist Boeing da noch schlimmer aber beide verbauen einfach das von dem man glaubt das es Standart wird und gut is.

Kann sein das die tolle Renderings haben und vielleicht noch ein Akku-UL aber das wars.


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