Interview
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Mit der vierten Endmontage-Linie ins digitale Zeitalter

HAMBURG - Seit Juli 2017 ist eine vierte Endmontage-Linie für die Airbus-Bestsellerfamilie A320 im Werk Hamburg-Finkenwerder in Betrieb. Airbus will die Produktionsrate von 55 auf 60 pro Monat steigern. Frank Rocksien soll dabei helfen. Der Chef der vierten Hamburger A320-Endmontagelinie im Interview.

Bevor Airbus die vierte A320-Endmontagelinie in einer der Werkshallen in Finkenwerder eingerichtet hat, wurde dort der A380 gefertigt. Die Nachfrage nach dem Doppelstöcker ist gering, die nach dem A320 dagegen gewaltig.

Frank Rocksien, Chef der vierten A320 Endmontage-Linie in Hamburg Finkenwerder
Frank Rocksien, Chef der vierten A320 Endmontage-Linie in Hamburg Finkenwerder, © Andreas Spaeth

Seit 1988 hat Airbus über 8.200 A320 ausgeliefert, über 6.000 Lieferungen stehen derzeit noch aus. Die Produktionslinien befinden sich in Hamburg, Toulouse sowie in Tianjin/China und in Mobile/USA. aero.de hat in Hamburg den Leiter der modernsten vierten Endmontagelinie getroffen. Frank Rocksien (54) arbeitet seit über 30 Jahren bei Airbus.

aero.de: Welche Produktionsrate erreichen Sie auf der vierten Endmontage-Linie der A320-Familie in Finkenwerder nach einem Jahr?


Frank Rocksien:
Wir sind hier derzeit bei 2,5 Flugzeugen im Monat. Ab September planen wir, das zu verdoppeln und gehen damit auf Rate fünf. Bereits Mitte nächsten Jahres gehen wir auf den höchsten Takt mit einer Produktion von zehn Flugzeugen im Monat. Ein solcher Produktionshochlauf einer neuen Endmontage-Linie ist beispiellos. Im Moment produzieren wir wegen der hohen Nachfrage auf der vierten Linie in Hamburg ausschließlich die A321, können aber alle Typen der A320-Familie fertigen.

Wie sind die Raten der anderen Standorte der Endmontage-Linien?


Rocksien:
Insgesamt haben wir acht Endmontage-Linien für die A320-Familie, wobei in Hamburg der größte Teil produziert wird. Zehn pro Monat und Endmontage-Linie ist das maximal mögliche. Rein rechnerisch könnten also irgendwann 80 Flugzeuge der A320-Familie produziert werden, wenn eine unternehmerische Entscheidung dafür getroffen werden sollte.

Die vierte A320-Endmontage-Linie in Hamburg Finkenwerder arbeitet mit einem hohen Grad an Automatisierung
Die vierte A320-Endmontage-Linie in Hamburg Finkenwerder arbeitet mit einem hohen Grad an Automatisierung, © Airbus

Ist dieses phasenweise Hochfahren der Produktion in einer neuen Endlinie der Normalfall?

Rocksien: Sofort mit zehn Flugzeugen anzufangen wäre utopisch. Wir haben hier ganz viel neue Technik, die ist bisher nirgends verfügbar oder anderswo erprobt worden. Wir sind dabei, ein Flugzeug in das digitale Zeitalter zu führen, das seit 30 Jahren gebaut wird. Das heißt: Die Bauunterlagen auf Papier werden in 3D-Modelle übertragen. In Punkto Automatisierung und Digitalisierung ist die dies die modernste Endmontagelinie überhaupt.

Worin unterscheidet sich diese Linie im wesentlichen von anderen?

Rocksien: Die wichtigste Änderung ist das "Clean Floor"-Konzept mit mobilen Werkzeugplattformen und voll beweglichen Arbeitsstationen. Da ist nichts fest auf dem Boden installiert, wir könnten die Halle auch wieder für ein mögliches Hochfahren der A380-Produktion frei räumen wenn nötig.

Die Flugzeugrümpfe bewegen sich auf mobilen Transportgestellen durch die Halle, die Arbeitsstationen können auf Zehntel Millimeter genau ausgerichtet werden, das ist völlig neu.

Und wir haben unsere beiden Roboter "Renate" und "Luise", die die beiden Rumpfhälften vernieten. Das wird in den anderen Linien noch von Hand gemacht und ist eine ergonomisch sehr fordernde Aufgabe. Wir haben hier beide Möglichkeiten.

Die vierte A320-Endmontage-Linie in Hamburg Finkenwerder arbeitet mit einem hohen Grad an Automatisierung
Die vierte A320-Endmontage-Linie in Hamburg Finkenwerder arbeitet mit einem hohen Grad an Automatisierung, © Andreas Spaeth

Wie sind die Erfahrungen mit diesem hohen Grad der Automatisierung?

Rocksien: Wir sind in den letzten Zügen der Zertifizierung der Roboter, bisher sind die Ergebnisse sehr gut. Wir erreichen derzeit mit den Robotern etwa 75% aller möglichen Nietverbindungen. Viel mehr macht keinen Sinn. Aber wir arbeiten daran, die Geschwindigkeit der Roboter zu erhöhen.

Das Schöne ist: Hier treffen erfahrene Flugzeugbauer auf junge Mitarbeiter, die voneinander lernen und profitieren. Die jungen Kollegen bringen viel Begeisterung für die neue Technik mit. Die älteren Kollegen können beispielsweise hören, wenn mit einem Roboter etwas nicht rund läuft, weil ein Bohrer stumpf ist. Wir haben hier auf der vierten Linie derzeit rund 150 Mitarbeiter. Es gab bereits in den späten 1980er Jahren zu Beginn der A320-Produktion Nietroboter hier in Finkenwerder.

Was hat sich seitdem geändert?

Rocksien: Die Möglichkeiten der Roboter haben sich deutlich verändert. Wir setzen hier jetzt Sieben-Achsen-Roboter mit 22 Tonnen Grundgewicht ein, damit sie sich nicht verschieben egal bei welcher Arbeit. Deren Werkzeuge reichen bis in sieben Meter Höhe und sie arbeiten mit einer Präzision von 0,2 Millimetern, das ist eine bisher unerreichte Präzision.

Die vierte A320-Endmontage-Linie in Hamburg Finkenwerder arbeitet mit einem hohen Grad an Automatisierung
Die vierte A320-Endmontage-Linie in Hamburg Finkenwerder arbeitet mit einem hohen Grad an Automatisierung, © Airbus

Werden die digitalen Technologien, die Sie hier erstmals einsetzen, in Zukunft auch für die anderen Endmontagelinien übernommen?

Rocksien: Ja, auf jeden Fall. In Bereichen, wo wir den Effizienzgewinn nachweisen können, wie etwa bei Montagegeräten für Fahrwerke und Sharklets, die erstmals die automatisierte Installation dieser Bauteile erlauben. Das gibt es bisher nicht.

Ist dieser Grad an Automatisierung das Optimum oder ließe sich das noch weiter treiben?

Rocksien: Ich bin absolut überzeugt davon, dass das jetzt nicht das Ende der Fahnenstange ist. Keiner hat früher geglaubt, dass wir so viele Flugzeuge der A320-Familie würden verkaufen können und sie vor allem noch weitere Jahrzehnte auf dem Markt anbieten würden. Da lohnt sich jede Art von Investition und ich glaube, wir machen hier gerade den Anfang, ein bisheriges 2D-Modell jetzt 3D-fähig zu machen. Die Produktion wird jetzt nochmal gründlich auf den neuesten Stand gebracht – und dann sind wir für weitere 8.000 Flugzeuge gewappnet (lacht).
© Andreas Spaeth | Abb.: Airbus, Andreas Spaeth | 04.08.2018 08:48

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Beitrag vom 05.08.2018 - 02:07 Uhr
Dieser Bullshit regt mich so auf, es geht nur darum die Leute zu verunsichern sonst nichts.
Gerade die Behauptung die Jungen würden ohne Smartwatch App und BlingBling dieses und jenes nicht tun ist so lächerlich und es gibt (ältere)Leute die das glauben.

Schade das es sowas auf ein Fachportal schafft denn Technikthemen sind keine Modethemen sondern kennen wahr und falsch und gehören so präzise und konkret beschrieben/ formuliert (beides nicht der Fall) und nichtmal das Thema ist interessant.

Dieser Artikel ist lächerlich und nicht ernst zunehmen, sowas kann man im Wirtschaftsteil einer Tageszeitung bringen aber nicht hier.
Beitrag vom 05.08.2018 - 00:47 Uhr
Bis heute haben sie es trotz ihres permanenten Geschwätzes über Industrie 4.0, künstliche Intelligenz (die es ja gar nicht gibt, denn es ist nur Stochastik) und sonstige Digitalisierung nicht wieder geschafft auf den Mond zu fliegen. Der letzte Besuch des Menschen auf dem Erdtrabanten war übrigens am 11. Dezember 1972, also vor schlappen 45 Jahren.
Also ich war gestern oben. Nichts Neues. Es gibt zur Zeit kaum einen Grund auf den Mond zu fliegen.
Beitrag vom 05.08.2018 - 00:17 Uhr
Vor allem war der Plan vorher schon mal digital und 3D.

Interessant das seit die Bundesregierung die "Industrie 4.0" ausgerufen hat alle Medien wie wild von Industrie 4.0 und Digitalisierung berichten auch wenn die berichteten Entwicklungen schon seid Jahrzehnten so im Einsatz sind, immerhin wurde sogar der Trabi mit (west-) Roboterarmen montiert.

Just saying.

Sehe ich ähnlich. Man kann vielen Daten für den Beginn des digitalen Zeitalters benennen. Für mich war und ist es die erste Mondlandung. Diese war am 21. Juli 1969. Aber da waren diese heißluftproduzierenden Greenhorns oft noch nicht einmal geboren.

Bis heute haben sie es trotz ihres permanenten Geschwätzes über Industrie 4.0, künstliche Intelligenz (die es ja gar nicht gibt, denn es ist nur Stochastik) und sonstige Digitalisierung nicht wieder geschafft auf den Mond zu fliegen. Der letzte Besuch des Menschen auf dem Erdtrabanten war übrigens am 11. Dezember 1972, also vor schlappen 45 Jahren.

Heute scheitern sie schon daran einen Flugplatz zB in Berlin zu bauen. (lol). Der sollte nach 6 Jahren Bauzeit 2012 eröffnet werden. (lol) Jetzt haben wir 2018 (also weitere 6 Jahre) und er ist immer noch geschlossen. (lol)

Übrigens der Start zur Mondlandung (JFK's Rede) fand am 25. Mai 1961 statt. Also 8 Jahre zwischen Ankündigung und Erfüllung eines Ziels zu einer Zeit, wo keiner von Digitalisierung redete und ein Computer ein ganzes Wohnzimmer füllte. Aber was für Kerle, daß sie eine 4. Montagelinie im digitalen Zeitalter schaffen. Wow.

Dieser Beitrag wurde am 05.08.2018 00:21 Uhr bearbeitet.


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