Im August 2017 hat hier das neue Terminal seinen Betrieb aufgenommen - und über Nacht die Kapazität des Flughafens um 7,5 Millionen Passagiere erhöht. In dem lichtdurchfluteten Gebäude riecht es nach Holz. Die weitläufigen Decken sind zu einem großen Teil aus dem Naturmaterial, hohe Glasfassaden lassen den Blick auf die grüne Umgebung frei.
Vorbild für das Design waren laut dem verantwortlichen Architekturbüro nordic die umliegenden Berge und tiefen Fjorde. Der Flughafen Bergen passt sich in seine Umgebung ein - und er hat den Anspruch, sie so wenig wie möglich zu stören.
Unter der Landebahn fließt ein alter Wasserlauf, den der Flughafenbetreiber zur Treppe für Lachse und Forellen umgebaut hat. Sie können nun in den See auf der Nordseite des Flughafens wandern.
In den umliegenden Strömen hat der staatliche Flughafenbetreiber Avinor Sensoren angebracht, die in Echtzeit Daten an den Flughafen senden: wie hoch ist das Sauerstoffniveau? Gibt es irgendwelche Verschmutzungen? Hat sich etwas an der Fischdichte geändert?
"Wenn die Fische gesund sind wissen wir, dass wir das Richtige tun", sagt der Direktor des Flughafens Aslak Sverdrup. Keine Chemikalien, die etwa für die Enteisung verwendet werden, sollen in den Boden gelangen.
Nachhaltiger Flughafen
In dem neuen Terminal steuert eine Elektronikleitzentrale das Licht genauso, wie es gebraucht wird. Sind keine Menschen in einem bestimmten Bereich, geht es aus. Gekühlt und beheizt wird das Gebäude passiv mit Salzwasser.
So viele Flughafenfahrzeuge wie möglich fahren elektrisch - der Strom dazu kommt laut Sverdrup aus zertifizierten nachhaltigen Quellen wie Wasserkraft und Windenergie. Andere fahren mit Biodiesel aus Finnland.
Wie der Flughafen Oslo hält auch Bergen das Zertifikat des CO2-neutralen Flughafens, das im Auftrag des Flughafenverbands ACI vergeben wird.
Jede Airline, die in Bergen tankt, bekommt ein Prozent Biosprit beigemischt. Etwa 100 Millionen Euro hat Avinor in den Kauf des Biotreibstoffs investiert, der in Kalifornien aus gebrauchtem Speiseöl hergestellt wird. "Die Menge ist sehr gering, weil es nicht genug Nachschub gibt", sagt Sverdrup. "Wir würden sie gerne erhöhen."
Avinor lotet deshalb in Zusammenarbeit mit Airlines und der norwegischen Forstwirtschaft aus, ob die Reste der norwegischen Holzindustrie als Rohstoff für norwegischen Biosprit dienen können. Das Land, das einen großen Teil seines Einkommens aus der Ölindustrie bezieht, meint es ernst mit der nachhaltigen Luftfahrt.
Elektrische Inlandsflüge bis 2040
Avinor spielt dabei eine Schlüsselrolle. Der staatliche Flughafenbetreiber arbeitet im Auftrag der Regierung daran, das 2040-Ziel umzusetzen: bis dahin sollen Inlandsflüge größtenteils elektrisch betrieben werden.
"Norwegen ist der perfekte Ort, um einen Markt für elektrische Flugzeuge zu schaffen", sagt Sverdrup. Das Land ist auf den Flugverkehr angewiesen, um seine abgelegenen Gebiete und kleinen Orte miteinaner zu verbinden.
Viele der Routen werden vom Staat subventioniert. Macht er zur Bedingung, dass ein Teil davon mit elektrisch betriebenen Flugzeugen bedient wird, kann er deren Entwicklung beschleunigen.
"Wir können die Schaffung eines solchen Marktes vereinfachen", sagt Sverdrup. Avinor ist in Kontakt mit den Flugzeugherstellern, um deren Fortschritte im Bereich der ellektrischen Fliegerei zu beobachten.
"Wir haben mit Boeing, Airbus, Zunum und anderen gesprochen - im Kern haben uns die meisten von ihnen das Gleiche gesagt: dass sie in zehn Jahren etwa 100 Passagiere über 1.000 Kilometer (elektrisch, Red.) fliegen können."
Eine verlockende Vorstellung. "Wenn man mit einem Hundertsitzer an einem kleinen Flughafen landen kann, wo das heute noch nicht möglich ist, wird das die norwegische Luftfahrt verändern", sagt Sverdrup.
Infrastruktur, Vermittlung und Überzeugungsarbeit
Welche Infrastruktur werden die Flughäfen für diesen Wandel bereitstellen müssen? Woher wird der Strom dafür kommen? Wer muss daran mitarbeiten, damit er gelingt? Fragen, vor denen Avinor derzeit steht.
Denn bei ihr sollen die Fäden dieses Veränderungsprozesses zusammenlaufen. "Momentan besteht die wichtigste Aufgabe darin, eine umfassende Strategie dafür zu erarbeiten", sagt Sverdrup.
Etwas Greifbares hat der Flughafenbetreiber jedoch auch schon in petto: ein elektrisch betriebenes Mikroflugzeug. Darin flog der Avinor-Chef und Pilot Dag Falk-Petersen Mitte August politische und gesellschaftliche Entscheidungsträger in Rundflügen über die Stadt Arendal.
Mit einer klaren Botschaft: "Ich denke, dieses Flugzeug zu haben und den Norwegern zu zeigen, dass es funktioniert, dass es sicher und leise ist, ist der erste Schritt", so Sverdrup.
© aero.de | Abb.: Avinor, aero.de (boa) | 05.09.2018 05:27
Kommentare (6) Zur Startseite
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Das Problem der Dreamliner - Akkus haben wir schon wieder vergessen?
Nein ernsthaft betrachtet wird man auf lange Sicht kein rein elektrisch betriebenes Verkehrsflugzeug bekommen. Die Akkus sind zu schwer, die Kapazität zu schwach und das Risiko von Akkubränden zu hoch. Die Haltbarkeit der Akkus und die über die Nutzungsdauer abnehmende Kapazität wird man in den nächsten 10-20 mit Sicherheit nicht in den Griff bekommen. Die Frage ist dann auch noch welche Kosten wird das Flugzeug bei der Beschaffung und für den laufenden Unterhalt verursachen? Das wird dann entscheidend für die Wirtschaftlichkeit und die Verfügbarkeit der Flugzeuge sein.
Wahrscheinlicher ist es eher über das Airbus Konzept mit einer APU Strom zu erzeugen und für Notfälle einen Akku bereit zu halten. Alternativ wäre auch eine Brennstoffzelle denkbar, wobei die Erzeugung von Wasserstoff mehr Energie kostet, als die Stromgewinnung in der Brennstoffzelle bringt. Von Ökologie würde ich da nicht sprechen. Genauso wenig beim Bio Kerosin. Soviel Pommesfett kann man gar nicht produzieren, wie für Biokerosin in großen Mengen nötig wäre. Vom Preis mal ganz abgesehen.
Die Kosten und damit die Tickets werden bei jeder Alternative immens steigen.
Wenn man das ganze so offen und ehrlich benenn würde, wäre die Diskussion deutlich besser und nicht ideologisch verblendet.
Das ist ja auch der Grund, warum Virgin Galactic mit dem Sängerkonzept arbeitet. Transport des Raumschiffs mit einem luftbeatmeten Flugzeug in die Stratosphäre - und erst dann zündet man den Raketenantrieb.
Das Problem mit Volumen und Gewicht (und Reichweite) ist ja nicht neu: Volumen und Gewicht spielen bei Eisenbahnen eine geringere Rolle als bei Sraßenfahrzeugen. Und siehe da - Akkutriebwagen gibt es seit etwa 1900. Und mit dem 515 aus dem Jahr 1955 bin ich selbst schon gefahren. Reichweitenproblem? -> Einsatz auf Nahverkehrsstrecken.
Wenn man mal ganz platt die gleiche Zeitspanne zugrunde legt, fliegen wir in 100 Jahren in Europa elektrisch....
Und zum "Biosprit aus Kalifornien" (@A320Fam):
Schiffstransporte sind energetisch zieimlich effizient. Und bezüglich Schadstoffausstoff wurden in den letzten Jehren bei den 2-Takt-Frachtschiffsdieseln die Daumenschrauben stark angezogen. Das Problem ist, dass Schiffe recht lang halten und noch viele "Altleichen" rumschippern.
Wobei ich mich natürlch ähnlich wie Sie frage, ob es nicht auch in Norwegen genug altes Pommes-Frittierfett gibt...
Man will Erfahrungen zu einem elektrich betriebenen Flugzeug sammeln.
Das ist also noch ein langer Weg, ob mit Brennstoffzellen oder Akkus.
Dieser Beitrag wurde am 05.09.2018 21:50 Uhr bearbeitet.