Irkut MS-21
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Russland schielt auf Südostasien

Irkut MS-21
Irkut MS-21, © Irkut

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MOSKAU - Russland versucht, die Vertrauenskrise von Boeings 737 MAX zu nutzen und seinen Passagierjet MS-21 in Südostasien zu vermarkten. Das Programm hängt allerdings hinter dem Zeitplan. Dennoch könnten die Bemühungen Erfolg haben - und tragen bereits erste Früchte.

Auf dem Langkawi International Airport in Malaysia findet derzeit die LIMA 2019 statt. Die alle zwei Jahre ausgetragene Schiff- und Luftfahrtmesse gilt auch bei ihrer 15. Auflage als wichtigste Veranstaltung ihrer Art im Asien-Pazifik-Raum.

Traditionell stammt der Großteil der Aussteller aus dem militärischen Bereich, doch auch für die Anbieter ziviler Produkte ist die LIMA stets ein willkommenes Schaufenster, um neue Märkte zu erschließen.

Genau aus diesem Grund wirbt die russische United Aircraft Corporation (UAC) in Malaysia nicht nur für ihre aktuellen Fighter Su-35, MiG-35 und Co., sondern ebenso für die Irkut MS-21, Russlands Zukunftshoffnung im Passagierflugzeugbereich.

Die Gelegenheit scheint günstig, denn die Konkurrenz zeigt Schwächen: Zwei Abstürze innerhalb von fünf Monaten, darunter einer in Indonesien, haben das Vertrauen in Boeings Verkaufsschlager 737 MAX nachhaltig erschüttert. Als Antwort darauf erklärte Indonesiens Staatsairline Garuda Indonesia Ende letzter Woche, dass sie ihren Auftrag über 49 Boeing 737 MAX gerne stornieren möchte.

Garuda betonte zwar, dass man bevorzugt auf ein alternatives Boeing-Muster ausweichen wolle - blieb aber die Antwort schuldig, welche Alternativen damit genau gemeint sein könnten.

Indonesiens zweitgrößte Airline Lion Air, selbst vom ersten MAX-Absturz am 29. Oktober 2018 betroffen, hatte bereits Ende 2018 offen damit kokettiert, statt weiterer 737 MAX künftig Airbus A320neo kaufen zu wollen. Doch dieses Flugzeug ist auf Jahre hin ausverkauft, und bei einem Herstellerwechsel müsste sich Lion Air wohl oder übel hinten anstellen.

Großes Potenzial

Es verwundert daher wenig, dass Russland und der Staatskonzern UAC die Gemengelage in Südostasien genau beobachten. Schließlich ist die Irkut MS-21 für exakt jenes Segment gebaut, das bisher von 737 MAX und A320neo dominiert wird. Genau hier wittern die Russen nun ihre Chance - und versuchen, den abtrünnigen Asiaten ihre hauseigene Alternative schmackhaft zu machen.

Irkut
MS-21 - erstmals mit eingefahrenem Fahrwerk und ausgefahrenen Landeklappen über Irkutsk, © Irkut

Man führe derzeit diverse Gespräche über die Perspektiven der MS-21 im Asien-Pazifik-Raum, erklärte Russlands Industrie- und Handelsminister Sergey Manturow Anfang der Woche gegenüber der Agentur Interfax. Darunter seien auch Gesprächspartner aus Indonesien. Manturow nannte Südostasien gar einen "Schlüsselmarkt" für die Zukunft russischer Zivilflugzeuge.

Die MS-21 sei gegenüber vergleichbaren Mustern absolut wettbewerbsfähig und besitze großes Potenzial, betonte der Minister.

Dauerhaft niedrige Produktionsrate

Technologisch betrachtet trifft das sicher zu. Allerdings ließ Manturow die Frage offen, wie schnell Neukunden in Südostasien bei einer Entscheidung für die MS-21 mit ihren Flugzeugen rechnen könnten. Bis die ersten Maschinen die Hangars asiatischer Airlines bevölkern, dürfte nämlich einige Zeit ins Land streichen.

Russlands Stellvertretender Premierminister Yury Borisov erklärte am 22. März, allein auf dem heimischen Markt gebe es einen Bedarf für rund 860 MS-21. Laut Angaben von UAC liegen für die MS-21 derzeit 175 Festbestellungen vor. Die angestrebte maximale Produktionsrate wird aber planmäßig erst im siebten Jahr nach Beginn der Serienfertigung erreicht - und soll auch dann nur bei 72 Maschinen jährlich liegen.

Das wird auf absehbare Zeit kaum reichen, die eher kurzfristige Nachfrage von Garuda, Lion Air und Co. zu decken – zumal die Serienproduktion der MS-21 noch gar nicht angelaufen ist.

MS-21: Ab 2021 im Liniendienst

Derzeit befinden sich drei Prototypen des neuen Flugzeugs in der Erprobung. Mit der Zulassung durch die russische Luftfahrtbehörde rechnet UAC 2020, die Freigabe der europäischen EASA soll im Laufe desselben Jahres folgen. 2021 könnte die MS-21 dann in den Liniendienst gehen - wenn alles glatt läuft.

Selbst mit viel gutem Willen dürfte es dann aber mindestens drei bis vier weitere Jahre dauern, bis die ersten Kunden außerhalb Russlands ihre bestellten Maschinen abnehmen könnten.

Trotzdem mutet das Bestreben, mit der MS-21 in Südostasien Fuß zu fassen, sinnvoll an. Der dortige Markt ist auch langfristig vergleichsweise überschaubar, Russlands Beziehungen zu Staaten wie Indonesien, Malaysia, aber auch Vietnam oder Thailand sind traditionell gut, die MS-21 könnte zudem für viele Airlines preislich attraktiv sein.

Gleichzeitig wird der Jet in den USA oder Europa auf absehbare Zeit kaum einen Stich landen. Und China treibt mit der Comac C919 sein eigenes Flugzeugprojekt voran.

Die verstärkte Konzentration auf den Asien-Pazifik-Raum scheint sich für UAC außerdem bereits bezahlt zu machen. So verkündete Minister Manturow laut aviation21.ru am 25. März im Rahmen der LIMA, dass man in Südostasien einen Lieferanten für Verbundwerkstoffe gefunden habe, der nun die Lücke füllen soll, die der Rückzug US-amerikanischer Partner im Zuge der gegen Russland verhängten Sanktionen hinterlassen hat. Dies hatte den Zeitplan für das MS-21-Programm Ende 2018 weiter zurückgeworfen.
© FLUG REVUE - PZ | Abb.: Irkut | 31.03.2019 08:10

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Beitrag vom 31.03.2019 - 22:02 Uhr
Das große Problem ist in der Tat der AOG Service und der ist nicht über Nacht aufgebaut.

Es muß ein entsprechendes Ersatzteillager vorhanden sein mit entsprechenden Montageteams, die schnellstmöglich an jedem Punkt der Erde sein, ist das benötigte Teil nicht auf Lager kommen AOG-Teams in die Produktion der Werke und entnehmen das entsprechende Teil.
Beitrag vom 31.03.2019 - 19:07 Uhr
Zunächst - ich habe gesehen, die Autokorrektur hatte ein paar unbeabsichtigte Spielereien mit Worten eingefügt.

Wie angedeutet, was hilft es absolut nicht auf eine vermeintliche Alternative zu setzen (und zu glauben man wäre schlauer als die restliche Welt der Luftfahrt, wenn man sich damit sinnbildlich nachher operationell komplett ins Knie schießt. Das wäre ein totales Wagnis.

Wir erleben es aktuell bei der kleinen Suchoj-Flotte von CityJet in Belgien oder InterJet in Mexiko. Sympathischer günstiger und hochmoderner Flieger.

Aber - beide Airlines möchten die Flieger lieber heute als morgen durch andere Typen ersetzen.

Genau aus den genannten Gründen! Bei einem Schaden steht der Flieger eben erheblich länger am Boden und das kann sich keiner leisten. So sympathisch ich die russischen Flugzeuge finde, in Sachen Support ist man bei den russischen verstell Jahrzehnte zurück und begreift diesen Umstand bis heute nicht!

Salopp gesagt um das Dilemma bildlicher zu machen - zur Not bekommt man selbst komplizierte Komponenten für einen A320 für das nötige Geld in allen Ecken der Welt solide und rasch aufgetrieben und getauscht (mit Ausnahme des Irans eventuell gerade). Man stelle sich das ganze mit einem Superjet oder eben wie hier im Artikel angedeutet einer MS-21 vor. Der irgendwo in Südostasien mit einer kaputten Hydraulikpumpe steht. Im Leben geht das nicht so schnell! (als Beispiel)

Genau deswegen halte ich es für sehr sehr unwahrscheinlich, dass dort ein Segen an Bestellungen eingeht. Ein paar Abstandsbestellungen als freundliche diplomatische Geste wohl eher.
Beitrag vom 31.03.2019 - 19:07 Uhr
Zunächst - ich habe gesehen, die Autokorrektur hatte ein paar unbeabsichtigte Spielereien mit Worten eingefügt.

Wie angedeutet, was hilft es absolut nicht auf eine vermeintliche Alternative zu setzen (und zu glauben man wäre schlauer als die restliche Welt der Luftfahrt, wenn man sich damit sinnbildlich nachher operationell komplett ins Knie schießt. Das wäre ein totales Wagnis.

Wir erleben es aktuell bei der kleinen Suchoj-Flotte von CityJet in Belgien oder InterJet in Mexiko. Sympathischer günstiger und hochmoderner Flieger.

Aber - beide Airlines möchten die Flieger lieber heute als morgen durch andere Typen ersetzen.

Genau aus den genannten Gründen! Bei einem Schaden steht der Flieger eben erheblich länger am Boden und das kann sich keiner leisten. So sympathisch ich die russischen Flugzeuge finde, in Sachen Support ist man bei den russischen verstell Jahrzehnte zurück und begreift diesen Umstand bis heute nicht!

Salopp gesagt um das Dilemma bildlicher zu machen - zur Not bekommt man selbst komplizierte Komponenten für einen A320 für das nötige Geld in allen Ecken der Welt solide und rasch aufgetrieben und getauscht (mit Ausnahme des Irans eventuell gerade). Man stelle sich das ganze mit einem Superjet oder eben wie hier im Artikel angedeutet einer MS-21 vor. Der irgendwo in Südostasien mit einer kaputten Hydraulikpumpe steht. Im Leben geht das nicht so schnell! (als Beispiel)

Genau deswegen halte ich es für sehr sehr unwahrscheinlich, dass dort ein Segen an Bestellungen eingeht. Ein paar Abstandsbestellungen als freundliche diplomatische Geste wohl eher.


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