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Drei Interessenten für LSG Sky Chefs

LSG Sky Chefs
LSG Sky Chefs, © Deutsche Lufthansa AG

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FRANKFURT - Der Lufthansa-Konzern will nicht mehr selbst kochen und hat daher seine Catering-Tochter LSG Sky Chefs mit weltweit rund 35.000 Mitarbeitern offiziell zum Verkauf gestellt. Das Europageschäft soll an einen strategischen Investor gehen - es gibt bereits erste Interessenten.

LSG steckt mitten in einer aufwendigen Sanierung und hat trotzdem mit 115 Millionen Euro gerade eines der besten operativen Ergebnisse seiner Geschichte an den Mutterkonzern abgeliefert. In der Großküche am Frankfurter Flughafen und anderswo herrscht deshalb Unverständnis und große Unruhe.

Der Billigtrend beim Fliegen hat die Bordverpflegung zumindest auf Kurzstrecken fast obsolet gemacht. Die Passagiere zahlen meist nur noch den nackten Ticketpreis und nicht mehr das Rundum-Sorglos-Paket von früher. Wo jeder Snack und jeder Drink extra kostet, sinkt der Absatz und auch die verbleibenden Angebote werden unter hohem Kostendruck hergestellt.

Die LSG hat darauf unter anderem mit dem Bau eines neuen Produktionswerks im tschechischen Bor reagiert, um von den geringeren Lohnkosten zu profitieren. Trotzdem gibt es aus Sicht des Lufthansa-Vorstands bei der Bordverpflegung nicht mehr richtig viel zu verdienen.

Zumindest das Europa-Geschäft soll an einen strategischen Investor gehen, der das Handwerk verstehe, heißt es in Konzernkreisen. Mindestens drei Interessenten gebe es bereits - neben den europäischen Konkurrenten Do&Co und Gate Gourmet soll sich auch Dnata aus Dubai für die LSG-Küchen interessieren.

Die Unternehmensteile in mehr als 100 außereuropäischen Staaten könnten in einem zweiten Schritt auch an branchenfremde Finanzinvestoren gehen.

Die noch gut 7.000 deutschen Arbeitnehmer sind entsetzt über die Verkaufspläne. Schließlich hätten Betriebsräte und Gewerkschaft die Sanierungspläne samt der Auslagerung nach Tschechien mitgetragen, sagt Verdi-Vorstandsmitglied Christine Behle.

Für das geplante neue Zentralwerk im rheinland-pfälzischen Alzey habe man Tarifverträge abgeschlossen und insgesamt bei den Arbeitsplatzverlusten längst nicht so viel Krawall gemacht, wie es möglich gewesen wäre.

Laut Unternehmen sind in Deutschland immer noch rund 580 Vollzeitstellen zu viel an Bord, der mögliche Verkauf bringt weitere Unsicherheiten. "Viele wissen jetzt nicht, was auf sie zukommt", beschreibt Behle die Stimmung, die in den kommenden Wochen verschiedene Protestaktionen prägen werde.

Das Geschäft mit der Bordverpflegung ist kompliziert und personalintensiv, wie sich in der Frankfurter Zentralküche leicht beobachten lässt. Mehrköpfige Kochteams verschiedener Nationalitäten geben sich dort täglich die Löffel und Messer in die Hände, um nach engen Kostenvorgaben und streng nach dem Flugplan der Zielländer möglichst authentische Mahlzeiten zu bereiten.

Japanisch, thai, chinesisch, koreanisch, indisch, halal und die westliche Küche haben die Frankfurter Köche drauf. Nur koschere Speisen für strenggläubige Juden lässt sich die LSG lieber von einem Spezialisten zuliefern.

Bis zu 60.000 Einzelteile vom Joghurt über den Teelöffel bis zum vorbereiteten Hauptgang und den Limetten für die Caipirinha-Cocktails verlädt die Mannschaft in einen Langstrecken-Airbus A380. Zwischen Anlieferung der Waren und der Übergabe an die Flugzeug-Crew stehen Hunderte Arbeitsschritte. Trotz aller Industrialisierung bleibt eine Menge Handarbeit übrig, an vielen Arbeitstischen richten Männer und Frauen die Lebensmittel an.

Gewerkschaft macht gegen Verkaufspläne mobil

Verdi will den Verkauf der Sparte eigentlich verhindern oder mindestens Lufthansa als Mehrheitsgesellschafter behalten. Doch im Lufthansa-Vorstand ist die Entscheidung wohl bereits gefallen, sich in einen reinen Airline-Konzern zu wandeln und die margenschwache Catering-Tochter abzustoßen.

Obwohl bei einem Verkauf als Ganzes zunächst alle Verträge weiter gelten würden, fürchtet die Gewerkschaft einen Austritt aus dem von Lufthansa dominierten Arbeitgeberverband und mögliche Subunternehmens-Modelle, mit denen neue Eigner an den Start gehen könnten. Hier steht Lufthansa-Chef Carsten Spohr im Wort, bei dem Deal auf gute Bedingungen für die Beschäftigten achten zu wollen.
© dpa-AFX, aero.de | Abb.: Lufthansa | 20.05.2019 08:43

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Beitrag vom 20.05.2019 - 15:38 Uhr
Vielleicht hat Lufthansa die aktuellen Trends verpennt:
Boeing will mehr „vertikal integrieren“ und zum Beispiel APUs und Instrumente selber bauen. Das scheint auf der Erfahrung mit der 787-Entwicklung zu kommen, wo outsourcing über allem stand.

Was Boeing erfahren musste: Subunternehmer wollen auch Geld verdienen.

Klar kann man die Küche rauswerfen aber ich glaube nicht, dass das Essen dadurch günstiger wird.

Warum ist die Rendite beim Catering so schlecht? Rechnet sich Lufthansa vielleicht andere Bereiche übers Catering gut, wo keine Streuern in Deutschland anfallen?
Beitrag vom 20.05.2019 - 11:38 Uhr
Ich kann ja den Ärger vestehen, meine Familie ist auch betroffen, aber einiges hier wird falsch dargestellt oder zitiert. Der Gewinn ist global, nicht ex D. Wieviel und ob überhaupt hier etwas verdient wird ist völlig unbekannt. Die LHG ist nur für gut 20% des Umdatzes verantwortlich. Über verschiedene Töchter werden Leistung wie Sicherheitsdienste, Geschirrentwicklung oder Bordverkauflogistik betrieben. Vielleicht kommt der Gewinn ja auch daher?
Das Problem am Geschäft ist, dass egal wie gut oder billig ich anbiete, der Kunde (Airlines) entwickelt völlig unabhängig davon ein Geschäftsmodell und entscheidet ob er Catering braucht oder nicht. Dem ist man völlig ausgeliefert und hat ohnehin schon eine schwache Marge.
Leider bieten andere Anbieter in der Tat wesentlich günstiger an und große Accounts gingen bereits verloren. Die Qualität ist ja da, der Preis passt nur nicht.
Ja, vielleicht war die LSG eine gute Ergänzung, aber genau nur das war sie, eben eine Ergänzung. Wenn sie keinen Sinn mehr macht, siehe oben, was dann? Gleiches gilt für die anderen "Ergänzungen", macht es Inhouse Sinn oder nicht.
@bevol beschreibt es treffend, siehe auch Thomas Cook.
Beitrag vom 20.05.2019 - 10:58 Uhr
Am wichtigsten wird es nun sein, dass weitere "überflüssige" Geschäftsbereiche, die nichts direkt mit Flugbetrieb zu tun haben, ebenfalls den Konzern verlassen:
Lufthansa Systems
Lufthansa Industry Solutions
Delvag & Albatross
Miles & More
usw...

Wenn das nicht passiert, dann ist es doch offensichtlich ein abgekartetes Spiel, die LSG zu verscherbeln.
Meines Erachtens war die LSG immer eine gute Ergänzug in der LH, sehr besorgniserregende Entwicklungen.


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