V-Leitwerk, flacher Rumpf, lange Nase und ein Triebwerk huckepack: So stellen sich die Spezialisten des ZAGI laut einem Bericht des "Russian Aviation Insider" ihren künftigen Überschall-Geschäftsreisejet vor.
Mit einer Geschwindigkeit zwischen Mach 1,6 und Mach 1,8 soll der VIP-Jet nonstop von Moskau nach New York fliegen können. Bis zu 8000 Kilometer Reichweite sieht das ZAGI für seinen Entwurf einmal vor.
Auf dem Moskauer Aerosalon in Schukowski, der heute begonnen hat, präsentiert das Institut erstmals ein maßstabsgetreues Modell des Flugzeugs. Außerdem stellt das ZAGI ein Teil-Mockup der Frontpartie sowie eine schall- und wärmeisolierende Rumpfplatte aus.
Der Knall bleibt die größte Herausforderung
Ob der futuristische Bizjet jemals gebaut wird, lässt sich schwer vorhersagen. Aus technischer Sicht steht und fällt das Konzept gemäß seinen Entwicklern vor allem damit, wie stark sich im Flug der unvermeidliche Überschallknall reduzieren lässt. Zudem soll das Flugzeug im Reiseflug möglichst wenig Treibstoff verbrauchen.
Eine Quadratur des Kreises? Beim ZAGI scheint man zuversichtlich. Das nun vorgestellte Konzept soll alle zentralen Parameter optimal in Einklang bringen und gleichzeitig gute Flugeigenschaften garantieren.
Durch diese Konstellation erhofft sich das ZAGI offenbar schalldämpfende Wirkung, während die pfeilförmige Gesamtform mit der langgezogenen Frontpartie den "Sonic Boom" minmieren soll: Die Lautstärke des Überschallknalls haben die russischen Ingenieure mit 65 bis 70 dBA berechnet. Das entspräche in etwa dem Geräuschpegel einer Großstadt
Weitere offene Fragen
Ob sich dieser theoretisch ermittelte Wert einst auch in der Praxis bestätigt, muss sich zeigen. Noch sind auf dem Weg bis dahin ein paar grundlegende Hürden zu meistern. Da wäre zum Beispiel die Frage der Finanzierung, die laut "Russian Aviation Insider" noch völlig offen ist.
Auch ob es überhaupt eine relevante Nachfrage für ein solches Flugzeug gäbe, müsse noch erörtert werden. Technisch dürfte dagegen vor allem die Suche nach einem geeigneten Triebwerk Kopfzerbrechen bereiten. Vor einem ähnlichen Problem steht derzeit auch das US-Startup Boom, das für seinen geplanten Airliner Overture ebenfalls noch kein passendes Triebwerk präsentieren konnte.
Mehrere Partner mit an Bord
Im Fall, dass die offenen Punkte sich tatsächlich klären lassen, rechnet das ZAGI mit einem Produktionsstart des Überschall-Businessjets in den 2030er-Jahren. Bereits jetzt arbeite man intensiv mit dem russischen Zentralinstitut für Flugmotorenbau und dem ebenfalls in Schukowski angesiedelten Michail-Gromow-Institut für Flugforschung zusammen, schreibt der "Russian Aviation Insider".
Auch das Staatliche Luftfahrtinstitut in Moskau und die Zivilabteilung des Flugzeugbauers Suchoi seien mit an Bord. Ein Teil der Arbeit werde außerdem zusammen mit der Europäischen Union vorangetrieben – im Rahmen des Projekts "Rumble", das Schwellenwerte und Regeln für die Bewertung des Schallknalls festlegen soll.
© Patrick Zwerger, flugrevue.de | Abb.: ZAGI | 27.08.2019 22:06
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