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MTU-Chef Winkler: "Wir sehen keinen Zyklus"

Reiner Winkler
Reiner Winkler, © MTU

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MÜNCHEN - Der boomende Flugreiseverkehr hat MTU Aero Engines einen Platz im DAX beschert. Vorstandschef Reiner Winkler sieht kein Ende des langfristigen Trends - MTU surft auf Auftragswellen bei Airbus und Boeing mit und will das Wartungsgeschäft bis 2027 deutlich ausweiten.

"Wir sehen keinen Zyklus,” sagte Winkler im Interview in London am 16. September, bezogen auf die langfristige Nachfrage nach Flugreisen.

"Was wir in den letzten 20 Jahren gesehen haben waren kurzzeitige Rücksetzer durch externe Schocks, von denen sich die Branche stets schnell und deutlich erholt hat. Die Nachfrage wächst mit etwa vier bis fünf Prozent pro Jahr, dieser Trend ist intakt.”

Eventuelle Nachfragerückgänge im Westen aus Klimaschutzgründen dürften von der stark steigenden Nachfrage nach Flugverkehr insbesondere aus Asien überkompensiert werden.

Boeing hatte zuletzt eingestanden, dass die Auftragseingänge des Flugzeugbauers im zweiten Quartal deutlich geringer ausgefallen waren als der Umsatz - das erste mal seit der Rezession 2009. Das könnte für ein paar Jahre branchenweit so bleiben, sagte Winkler. Der Manager hält dies jedoch lediglich für eine Normalisierung der zuvor aggressiven Bestellungen und nicht für eine Trendwende.

Der Airbus-Auftragsbestand (im Programm A320neo, Red.) reiche derzeit etwa für 9 Jahre Produktion. Sorgen müsse man sich machen, wenn dieser Puffer auf 3 bis 4 Jahre abschmelze, so Winkler. Airbus werde früher oder später monatlich 70 A320neo ausliefern wollen. Für MTU beinhalte die entsprechende Kapazitätserhöhung eine Investition in zweistelliger Millionenhöhe.

Der Getriebefan für die A220 (ehemals CSerie) befindet sich laut Winkler "auf Kurs” trotz jüngster Zwischenfälle.

Turbinen für Passagiermaschinen werden normalerweise nicht mit nennenswertem Gewinn verkauft. Den generieren die Unternehmen später durch Reparatur und Instandsetzung über die Lebensdauer. MTU werde bis 2027 seine derzeitige Instandsetzungskapazität von gut 1.000 Turbinen pro Jahr um 50 Prozent ausweiten, sagte Winkler.

MTU baut selbst keine kompletten Triebwerke, ist jedoch bei deren Instandsetzung zusammen mit Rolls Royce der zweitgrößte Anbieter weltweit nach General Electric. Pratt & Whitney, eine Tochter von United Technologies, sowie Lufthansa Technik gehören ebenfalls zu den Branchengrößen.

Im aktuellen Betrieb ist der größte Umsatzbringer für MTU das Triebwerk V2500 für die A320-Familie von Airbus. MTU ist weiterhin Teil des Konsortiums unter Führung von Pratt & Whitney für den Getriebefan PW1100, der zukünftig insgesamt 11 verschiedene Flugzeuge antreibt, insbesondere den A320neo.

Das Umsatzpotenzial mit dem Getriebefan hat MTU mit sagenhaften 90 Milliarden Euro beziffert. MTU liefert weiterhin Teile für das GEnx-Triebwerk für Boeings 787 Dreamliner und für die GE9X-Turbine des Langstreckenjets 777X, der ab 2020 fliegen soll.

Nischenmodell "797" eröffnet Chancen

Das Boeing Management ist zwar derzeit damit beschäftigt, die 737 MAX wieder in die Luft zu bekommen. Dennoch dürfte das Unternehmen sein neues mittelgroßes "NMA”-Modell "797" auf den Markt bringen, jedoch wohl nicht vor 2025, glaubt Winkler. Als Nischenmodell dürfte es mit nur einer Triebwerksvariante angeboten werden, so der Vorstandschef.

Für MTUs Partner Pratt & Whitney ist das NMA auch deshalb interessant, weil die Amerikaner sich damit bei Boeing positionieren könnten, um in Zukunft auch ein Triebwerk für den Nachfolger der 737 anbieten zu dürfen. Die aktuelle Exklusivereinbarung mit GE für deren Triebwerke gilt nämlich nicht mehr für einen Nachfolger für Boeings Bestseller.
© Bloomberg News, aero.de | Abb.: MTU | 28.09.2019 09:18


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