Rückzug aus Nürnberg
Älter als 7 Tage

Ryanair rechnet mit weniger Wachstum im Sommer

Ryanair Boeing 737-800
Ryanair Boeing 737-800, © NUE, Archiv

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NÜRNBERG - Nach der Ankündigung zur Schließung seiner Basis am Flughafen Nürnberg wird der irische Billigflieger Ryanair auch seine Flugzeuge vom schwedischen Flughafen Stockholm Skavsta abziehen. Im Oktober hatte die Fluggesellschaft bereits die Schließung von Hamburg angekündigt, im vergangenen Jahr von Bremen.

Ryanair veröffentlichte am Mittwoch eine Information an Investoren, in der die Schritte ausschließlich mit Lieferengpässen bei der neuen Boeing 737 MAX begründet werden. Die Flugzeuge sind derzeit nach Abstürzen in Äthiopien und Indonesien mit insgesamt 346 Toten mit einem weltweiten Flugverbot belegt.

Ryanair hatte nach eigenen Angaben für Sommer nächsten Jahres 20 Maschinen bestellt und erhalte nur 10. Demnach habe man die erwartete Passagierzahl von 157 Millionen auf 156 Millionen Fluggäste zurücknehmen müssen. "Dieser Engpass bei der Lieferung von Max-Flugzeugen wird die Schließung zwei weiterer Basen im Sommer 2020 nötig machen - Nürnberg und Stockholm Skavsta", heißt es in der Mitteilung. An weiteren Standorten werde es zu kleineren Kapazitätseinschränkungen kommen.

Allein in Nürnberg sollen 120 Crewmitglieder betroffen sein. Über ihre Zukunft machte Ryanair keine Angaben. Nach Medienberichten sollen einzelne Crewmitglieder Angebote für Ausweich-Arbeitsplätze in Marokko bekommen haben. Eine Ryanair-Sprecherin war am Mittwoch nicht zu erreichen.

"Wir bedauern diese weiteren Basis-Schließungen und kleineren Kapazitätseinschnitte an anderen Basen, die ausschließlich auf weitere Lieferverspätungen unserer Boeing-MAX-Flugzeuge zurückzuführen sind", sagte der Vorstandschef von Ryanair DAC, Eddie Wilson. Ryanair wolle mit Boeing, seinem Personal, den Gewerkschaften und den Flughäfen zusammenarbeiten, um die Auswirkungen möglichst gering zu halten.

Der Geschäftsführer des Flughafens Nürnberg, Michael Hupe, bezeichnete die Entscheidung von Ryanair als "einen Schlag für die Metropolregion Nürnberg". Ryanair wollte im Sommerflugplan 20 Ziele von Nürnberg aus anfliegen. Nur ein Drittel davon werde wohl übrig bleiben. Das Gros der Ryanair-Flüge von und nach Nürnberg sei sehr gut ausgelastet. Im vergangenen Jahr zählte der Flughafen Nürnberg 4,47 Millionen Passagiere.

Hunderttausende dürften nun verloren gehen. Der Flughafen werde umgehend versuchen, Ersatz bei anderen Airlines zu suchen, sagte ein Sprecher.

ADV: Höhere Ticketsteuer vertreibt Airlines

Der Flughafenverband ADV hält die erhöhte Luftverkehrssteuer in Deutschland für den wahren Hintergrund der Entscheidung gegen die Ryanair-Basen in Hamburg und Nürnberg. Derzeit liege die Umsatzrentabilität einer Airline bei 2 bis 3 Prozent für eine europäische Strecke.

"Da der Zuschlag von 5,53 Euro im Europaverkehr nur in geringem Umfang durch Preissteigerungen weitergegeben werden kann, war damit zu rechnen, dass viele Direktverbindungen ab Deutschland für die Airlines unwirtschaftlich werden", sagte ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel. Die Bundesregierung hatte eine entsprechende Erhöhung pro Ticket beschlossen, die zum 1. April 2020 wirksam werden soll.

Ryanair gehört zu den größten Fluggesellschaften Europas mit nach eigenen Angaben mehr als 2.400 Flügen täglich zu 200 Zielen in 40 Ländern. Die Airline verfügt derzeit über eine Flotte von 475 Maschinen. Weitere 210 Flugzeuge seien bestellt.
© dpa-AFX | Abb.: Flughafen Nürnberg | 04.12.2019 13:37

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Beitrag vom 05.12.2019 - 14:04 Uhr
Trotzdem sollte man natürlich nicht übersehen, dass Ryanair auch in diesem Jahr wieder mindestens einen dreistelligen Millionengewinn einfahren wird - also finanziell nach wie vor ganz fest in den Schuhen steht und ihre Shareholder-Heuschrecken nach wie vor mit enormen Dividenden füttern kann - und natürlich nach wie vor auch die finanzielle Substanz hat, wieder auf "Wachstum" umzuschalten, sollte sich dafür die Marktsituation bieten.
Enorme Dividenden? Das gabs zuletzt 2016, seitdem - 0.
Das sieht da nicht so schwarz aus, FY20 H1 +11% Passagiere, +11% Umsatz, +1% Ertrag/Psgr., alles bei 22% höheren Treibstoffkosten dazu +5 neue Basen. Die gehen einfach da hin, wo es was zu verdienen gibt, und das sehr fix und agil.
Beitrag vom 05.12.2019 - 10:52 Uhr
Das liegt wohl eher daran, dass denen so langsam die Flieger ausgehen. Ein Geschäftsmodell ist ja, junge NGs 800er abzuverkaufen bevor die in teure Checks laufen und wo der Wert noch hoch ist.

Der Bestand an NGs nimmt kontinuierlich ab. Wohlmöglich kann Ryanair die Verträge des Abverkaufs nicht ändern bzw. will das auch nicht.
Diese Praxis ist mal etwas intensiver zu beleuchten.

Die Frage wird sein, ob sie mit Lauda und A320CEO genug Kompensation leisten können. Auch hier ist der Nebeneffekt von Lohn und sonstigen Kosten sicher ein "positiver" Nebeneffekt welcher nun "Betriebsbedingte" Umstellungen ermöglicht.

Die Frage wird sein was passiert wenn die MAX auch im Jahr 2020 nicht ankommen wird. Grasen die dann alles ab was A320CEO heißt für Lauda?

Das ist ein sehr interessanter Gedanke - und im Augenblick wohl tatsächlich eines der Hauptprobleme für Ryanair, dass dieser Teil des Geschäftsmodells, solange die 737 MAX nicht wieder in der Luft ist und als Organisations bedingter Nachlauf dann wohl auch noch einige Monate hinterher, im Augenblick tatsächlich nur bedingt funktioniert, weil die Alternative teure Checks oder Schrumpfen ist. Der B-Plan heißt da offensichtlich Lauda, aber Lauda befindet sich als Airline immer noch im Aufbau - und ganz so viele A 320 wie eigentlich nötig bekommt man dort im Augenblick auch nicht auf den Hof, weil mittelbar die 737MAX-Krise auch da Auswirkungen zeitigt, d.h. weil alle möglichen Airlines derzeit weltweit auf der Suche nach neuen und gebrauchten A 320 sind, um den Ausfall von eigentlich fest eingeplanten 737 MAX zu kompensieren und Airbus mit der Produktion von neuen Flugzeugen dem Bedarf nicht hinterher kommt.

Zwei weitere Hauptprobleme von Ryanair sehe ich noch: Das eine ist eine Fehleinschätzung des deutschen Marktes, der immerhin der drittstärkste Markt in Europa ist. Ich habe es noch genau im Ohr, wie vor Jahren der damalige Deutschland-Chef von Ryanair vollmundig ankündigte, Ryanair werde in nächster Zukunft 20% an Marktanteilen in Deutschland erobern. Heute - Jahre später - steht Ryanair bei gerade einmal 8% (was neben dem "Platzhirsch" Lufthansa-Group eigentlich ein guter Wert ist, aber sehr weit unterhalb der selbst gelegten Messlatte liegt) und ist dabei abzubauen statt zu expandieren: nach Bremen und Hamburg im kommenden Januar wird mit Nürnberg nun die dritte Basis in Deutschland geschlossen - andere wie die in Hahn und die in Weeze wurden drastisch reduziert. Entsprechende Kapazitätsabbauten sind damit verbunden, die durch Lauda überhaupt nicht kompensiert werden können.

Das zweite Hauptproblem: Ryanair hat erfolgreiche Konkurrenz auf seinem ureigensten Sektor bekommen: Dass Easyjet bei der "Einmalchance" Berlin Ryanair zuvorkam und außerdem ein wesentlich besseres Image pflegt als Ryanair es je hatte, war da noch die kleinere Sache. In Mittelosteuropa hat sich mit Wizzair ein weiterer Hardcore-LCC etabliert, der mit noch aggressiveren Kampfpreisen Ryanair Konkurrenz macht - und in Rumänien und Ungarn bereits faktisch aus dem Markt gedrängt hat und in dem für Ryanair wichtigen polnischen Markt auch bereits eine ernsthafte Konkurrenz ist. Und sowohl Easyjet wie Wizzair fliegen mit "Airbussen", haben also im Gegensatz zu Ryanair nicht das 737-MAX-Debakel von Boeing als Hypothek.

Hinzu kommen dann auch noch Schwierigkeiten auf dem spanischen Markt, wo die IAG mit Vueling einen sehr stark gewordenen LCC platziert hat und Ryanair ebenfalls auf dem Rückzug ist (u.a. Schließung der Basis in Girona) und die Unsicherheiten mit dem Brexit bezüglich Großbritanniens.

Trotzdem sollte man natürlich nicht übersehen, dass Ryanair auch in diesem Jahr wieder mindestens einen dreistelligen Millionengewinn einfahren wird - also finanziell nach wie vor ganz fest in den Schuhen steht und ihre Shareholder-Heuschrecken nach wie vor mit enormen Dividenden füttern kann - und natürlich nach wie vor auch die finanzielle Substanz hat, wieder auf "Wachstum" umzuschalten, sollte sich dafür die Marktsituation bieten.

Wegen 5€ Steuererhöhung schließt Ryanair im Übrigen mit Sicherheit nicht seine Basen, das wäre in der Tat lächerlich. Dass die Steuererhöhung in Bundestag und Bundesrat so leicht durchgegangen ist hat ganz offensichtlich damit zu tun, dass der Politik dies inzwischen auch bewusst ist und die von BDL und ADV gemalten Untergangsszenarien deshalb inzwischen sogar als Lobbying-Strategie eher kontraproduktive Wirkung haben.

Dieser Beitrag wurde am 05.12.2019 11:03 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 05.12.2019 - 09:55 Uhr
Das liegt wohl eher daran, dass denen so langsam die Flieger ausgehen. Ein Geschäftsmodell ist ja, junge NGs 800er abzuverkaufen bevor die in teure Checks laufen und wo der Wert noch hoch ist.

Der Bestand an NGs nimmt kontinuierlich ab. Wohlmöglich kann Ryanair die Verträge des Abverkaufs nicht ändern bzw. will das auch nicht.
Diese Praxis ist mal etwas intensiver zu beleuchten.

Die Frage wird sein, ob sie mit Lauda und A320CEO genug Kompensation leisten können. Auch hier ist der Nebeneffekt von Lohn und sonstigen Kosten sicher ein "positiver" Nebeneffekt welcher nun "Betriebsbedingte" Umstellungen ermöglicht.

Die Frage wird sein was passiert wenn die MAX auch im Jahr 2020 nicht ankommen wird. Grasen die dann alles ab was A320CEO heißt für Lauda?


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