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Corona-Krise reißt Airbus in die roten Zahlen

Airbus Group
Airbus Group, © Airbus

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TOULOUSE - Die Corona-Krise und Sonderabschreibungen haben den Luftfahrt- und Rüstungskonzern Airbus im ersten Quartal in die roten Zahlen gerissen. Unter dem Strich stand ein Verlust von 481 Millionen Euro nach einem Gewinn von 40 Millionen ein Jahr zuvor, wie das Unternehmen am Mittwoch in Toulouse mitteilte.

Der Einbruch im laufenden Geschäft fiel zwar nicht ganz so heftig aus wie von Analysten erwartet. Doch für eine neue Prognose ist die Lage nach Ansicht von Airbus-Chef Guillaume Faury noch viel zu unsicher.

An der Börse sorgten die Zahlen für einiges Auf und Ab. Nach einem freundlichen Start drehte der Kurs der Airbus-Aktie schnell ins Minus, rettete sich aber später wieder über die Nulllinie und lag um die Mittagszeit mit 0,87 Prozent im Plus bei 53,45 Euro. Mit einem Minus von rund 60 Prozent im Corona-Crash blieb das Papier allerdings der bisher der größte Verlierer unter den deutschen und europäischen Standardtiteln.

Da Fluggesellschaften in aller Welt wegen der Reisebeschränkungen infolge der Coronavirus-Pandemie ums Überleben ringen, fürchten Anleger auch um die Bestellungen in den Auftragsbüchern der Flugzeughersteller. Am frühen Nachmittag will auch Airbus-Rivale Boeing seine Quartalszahlen vorlegen.

Branchenexperte David Perry von der US-Bank JPMorgan fand die Airbus-Quartalszahlen zwar besser als erwartet. Vor allem habe der Konzern weniger Barmittel verbrannt als befürchtet. Dass das Management weiterhin keine Jahresprognose abgebe, unterstreiche jedoch die aktuelle Unsicherheit.

Bei Airbus machten sich Auswirkungen der Pandemie im ersten Quartal bereits deutlich in den Zahlen bemerkbar. Der Umsatz sank wegen Unterbrechungen bei der Flugzeug-Auslieferung um 15 Prozent auf 10,6 Milliarden Euro. Der um Sonderposten bereinigte operative Gewinn (bereinigtes Ebit) sackte um knapp die Hälfte auf 281 Millionen Euro nach unten.

Analysten hatten im laufenden Geschäft mit einem noch stärkeren Einbruch gerechnet, aber unter dem Strich einen Gewinn erwartet. Allerdings schlugen neben den Pandemie-Folgen samt der unterbrochenen Produktion in Frankreich und Spanien weitere Posten negativ zu Buche, etwa Finanzinstrumente im Zusammenhang mit dem Luftfahrtkonzern Dassault Aviation. Außerdem musste Airbus einen Kredit für das Internet-für-alle-Projekt Oneweb auf Null abschreiben. OneWeb hatte Ende März in den USA Gläubigerschutz angemeldet.

"Wir befinden uns mitten in der schwersten Krise, die die Luftfahrtbranche jemals erlebt hat", sagte Faury in einer Telefonkonferenz. Man müsse nun gemeinsam daran arbeiten, das Vertrauen der Passagiere in Flugreisen wiederherzustellen. Airbus hat sich bereits eine Kreditlinie über 15 Milliarden Euro gesichert, eine Anleihe über 2,5 Milliarden Euro ausgegeben und die Dividende gestrichen, um sich finanziell für die Krise zu rüsten.

Laut Finanzchef Dominik Asam verfügte Airbus Anfang April über flüssige Mittel in Höhe von rund 30 Milliarden Euro. Im laufenden zweiten Quartal werde wegen der schwierigen Lage einiges Geld abfließen. Im dritten Quartal solle der Mittelabfluss aber enden.

Das Unternehmen fährt seine Flugzeugproduktion derzeit um rund ein Drittel zurück, da viele Airlines bestellte Maschinen wegen des Einbruchs im Passagierverkehr erst später abnehmen wollen. Zudem fehlt vielen derzeit das Geld, um neue Flugzeuge zu bezahlen. Bis Ende März habe noch keine Airline wegen der Pandemie eine Bestellung bei Airbus storniert, erklärte Faury. Ob es im April Abbestellungen gab, wollte er noch nicht sagen.

Deutlich weniger Auslieferungen

Im ersten Quartal lieferte Airbus 122 Verkehrsflugzeuge aus, 40 weniger als ein Jahr zuvor. Rund 60 fertige Maschinen hätten wegen der Einschränkungen infolge der Coronavirus-Pandemie nicht ausgeliefert werden können, berichtete das Management.

Ursprünglich hatte Airbus in diesem Jahr rund 880 Jets an seine Kunden übergeben wollen. Dieses Ziel sowie seine Umsatz- und Gewinnpläne hatte Faury jedoch bereits im März gestrichen. Der Auftragsbestand lag Ende März bei 7.650 Verkehrsflugzeugen - es ist aber unklar, wie viele Bestellungen infolge der zu erwartenden Airline-Pleiten in der Krise wegfallen.

Die bisher beschlossenen Produktionskürzungen sollen Faury zufolge zunächst für zwei bis drei Monate gelten. Weiteres werde Airbus voraussichtlich im Juni entscheiden, wenn die Gespräche mit den Airlines ein genaueres Bild ergeben haben. "Wir besprechen die Verschiebungen Flugzeug für Flugzeug, Kunden für Kunden." Ob es dann um weitere Produktionskürzungen oder eine Erhöhung der Produktionszahlen gehen wird, sei noch offen. "Wir können noch nicht sagen, in welche Richtung das dann geht", sagte Faury.

Der Franzose hatte die Beschäftigten zuvor schriftlich auf harte Zeiten eingestimmt. In Frankreich seien rund 3000 Mitarbeiter in Kurzarbeit, sagte Faury nun. Mit Blick auf Deutschland fügte er hinzu: "Einige tausend Menschen werden bald in Kurzarbeit sein." Einzelheiten und Standorte blieben dabei offen
© dpa-AFX | Abb.: Airbus | 29.04.2020 06:56

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Beitrag vom 29.04.2020 - 13:37 Uhr

Holen den die Airlines ihre bestellten Flieger der A320 Modelle immer noch ab, obwohl sie aufgrund der Beschränkungen an ihren jeweiligen Einsatzorten kaum fliegen dürfen?

Airbus könnte auf Einhaltung der Verträge pochen. Gerade bei IAG, die sich einst über Lieferverzögerungen beschwert haben und dann MAX bestellen wollten. Die MAX hat hingegen das Problem, dass viele Airlines die Aufträge jetzt kostenfrei stornieren können und sogar die Anzahlung zurück erhalten. Da klagen sogar schon Airlines gegen Boeing. Airbus wird hier wohl bessere Lösungen finden aber es stehen schon ein paar fertige Maschinen herum.

Kommt es zu einem dramatischen Einbruch bei den Großraumfliegern, kauft noch jemand einen A330Neo, wenn vielleicht in naher Zukunft Hunderte von gebrauchten Fliegern, aufgrund von weltweiten Insolvenzen, günstig zu erwerben sind?

Man braucht vor allem keine großen Flieger wie A380 oder 777-9. Mit den Verzögerungen könnte auch hier eine Stornierungswelle auf Boeing zukommen.

Bei Swiss fliegen A340-300, weil die kleiner sind als 777. Die 777 hat Vorteile, wenn sie voll ist...
Beitrag vom 29.04.2020 - 12:02 Uhr
Die Quartalszahlen des abgelaufenen ersten Vierteljahres 2020 spiegeln die aktuelle Situation nur unzureichend wider,setzte die Krise ja erst im Monat März ein.

Wie sieht es denn momentan in Hamburg aus, zu einem Zeitpunkt, wo die Auswirkungen der Einschränkungen durch Corona voll zur Geltung kommen?

Holen den die Airlines ihre bestellten Flieger der A320 Modelle immer noch ab, obwohl sie aufgrund der Beschränkungen an ihren jeweiligen Einsatzorten kaum fliegen dürfen?

Kommt es zu einem dramatischen Einbruch bei den Großraumfliegern, kauft noch jemand einen A330Neo, wenn vielleicht in naher Zukunft Hunderte von gebrauchten Fliegern, aufgrund von weltweiten Insolvenzen, günstig zu erwerben sind?

Welche Strategie scheint am Vielversprechendsten zu sein, um möglichst unbeschadet aus der Misere zu kommen?


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