Mehr Verlust erwartet
Älter als 7 Tage

Ryanair noch schwerer von Corona getroffen

Ryanair Boeing 737-800
Ryanair Boeing 737-800, © The Boeing Company

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DUBLIN - Ryanair gerät in der Corona-Krise noch schwerer in Bedrängnis und wird im ersten Geschäftsquartal wohl einen noch höheren Verlust einfliegen als befürchtet. Der Preisbrecher bereitet sich auf einen Neustart im Juli vor - und spricht mit Boeing über spätere Liefertermine für die 737 MAX.

Covid-19 hat Ryanair fest im Griff: zwischen April und Juni dürfte ein Verlust von mehr als 200 Millionen Euro anfallen, teilte das Unternehmen am Montag mit den Zahlen zum vergangenen Geschäftsjahr (bis 31. März) mit.

Der Konzern mit Sitz in Dublin hatte zuvor mit einem Fehlbetrag von mehr als 100 Millionen Euro gerechnet. Die irische Airline erwartet dieses Geschäftsjahr weniger als 80 Millionen Passagiere - und damit nur rund die Hälfte der ursprünglich angepeilten 154 Millionen Fluggäste.

An der Börse in London wurden die Nachrichten dennoch positiv aufgenommen. Die Ryanair-Aktie legte bis zur Mittagszeit um mehr als elf Prozent zu. Seit dem Jahreswechsel hat sie immer noch mehr als ein Drittel verloren, aber deutlich weniger als etwa die Aktie der Lufthansa. Umsatz und Ergebnis des Billigfliegers seien besser ausgefallen als von ihm befürchtet, urteilte Analyst Jarrod Castle von der Schweizer Großbank UBS. Auch habe die Airline in der Corona-Krise weniger Liquidität eingebüßt, als er prognostiziert habe.

Ryanair-Chef Michael O'Leary geht davon aus, dass auch im Sommer zwischen Juli und September, also dem Höhepunkt der Reisezeit, rote Zahlen unter dem Strich stehen werden. Sie sollen aber nicht ganz so schlimm ausfallen wie im ersten Geschäftsquartal. Der Flugverkehr werde substanziell zurückgehen, was die Ticketpreise unter Druck bringe.

Ryanairs Rückkehr zu einem normalen Flugplan werde auch dadurch bedeutend erschwert, dass große Airlines mit Staatshilfen ihre Kosten drücken würden, hieß es vom Unternehmen. Für das gesamte Jahr könne Ryanair derzeit keine Ergebnisprognose abgeben.

Die Fluggesellschaft hatte schon mitgeteilt, dass wegen der Krise bis zu 3.000 Jobs von Piloten und Kabinencrews auf der Streichliste stehen. Weitere Optionen sind früheren Angaben zufolge unbezahlter Urlaub, Gehaltskürzungen um bis zu 20 Prozent sowie die vorübergehende Schließung von Basen in Europa.

Im vergangenen Geschäftsjahr 2019/20 beförderte Ryanair 148,6 Millionen Passagiere, rund 4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Ohne die Covid-19-Ausbreitung hätten gut 5 Millionen Passagiere mehr befördert werden können, hieß es. Der Umsatz kletterte auch dank steigender Durchschnittserlöse um 10 Prozent auf 8,5 Milliarden Euro.

Unter anderem wegen gestiegener Spritkosten und vor allem wegen des Wertverfalls von Kerosinpreis-Sicherungsgeschäften sank der auf die Aktionäre entfallende Gewinn unter dem Strich um 26 Prozent auf 649 Millionen Euro. Ohne die Sonderbelastung aus den Sicherungsgeschäften wäre der Gewinn um 13 Prozent auf rund eine Milliarde Euro gestiegen.

Das Unternehmen hatte kürzlich bereits mitgeteilt, ab Juli wieder 40 Prozent der regulären Flüge anzubieten. Voraussetzung für den Neustart sei aber, dass die Regierungen die Reisebeschränkungen für Flüge innerhalb der Europäischen Union lockern und an den Flughäfen Sicherheitsmaßnahmen gegen die Pandemie eingeführt würden.

Täglich würde Ryanair nach eigenen Angaben dann fast 1.000 Flüge anbieten. Ryanair hält das Tragen von Gesichtsmasken und Messungen der Körpertemperatur schon beim Betreten der Flughäfen für sinnvoll.

Quarantäne "idiotische und nicht umsetzbar"

O'Leary wiederholte am Montag in einem BBC-Interview seine Kritik an der geplanten 14-tägigen Quarantäne für Flugreisende, die in Großbritannien ankommen: "Das ist idiotisch und nicht umsetzbar." Für solche Maßnahmen habe das Land nicht genug Polizei.

Die Quarantäne soll laut Regierung nicht für Passagiere aus Irland und Frankreich gelten. Großbritannien hat Pandemie-Statistiken zufolge die meisten Todesopfer in Europa. Es wird mit einer hohen Dunkelziffer gerechnet.

Für Verstimmung bei der britischen Regierung hatte kürzlich auch die Aussage des Ryanair-Chefs gesorgt, dass viele Ryanair-Kunden den Wunsch geäußert hätten, zu den Stränden Spaniens und Portugals zu fliegen. Gesundheitsminister Matt Hancock warnte davor, angesichts der Pandemie Flugreisen für den Sommerurlaub zu planen. Er halte es für unwahrscheinlich, dass größere Ferien im Ausland möglich werden.

Mit der ersten 737 MAX rechnet Ryanair "nicht vor Oktober". Die Airline hält an der Bestellung zwar fest, will die Auslieferungen in den nächsten zwei Jahren aber etwas strecken. Hierzu stehe man mit Boeing in Kontakt, hieß es aus Dublin.
© dpa-AFX, aero.de | Abb.: Boeing | 18.05.2020 08:03

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Beitrag vom 19.05.2020 - 08:23 Uhr
Da hat man sich bei der Treibstoff "Spekulation" aber kräftig vergaloppiert.
Man spekuliert nicht, deswegen hedgt man ja. Es hat ja funktioniert wie es soll, die Volativität aus dem Spritpreis zu nehmen. Das es so weit nach unten ausschlägt, nur wer die Glaskugel hat...
Stimmt leider nicht ganz. Beim Hedging betreibt man kalkulierte Spekulation nach oben oder nach unten. Und hier ging es nach hinten los. Ryanair steht da allerdings nicht alleine mit da. Man hätte Stand aktuellem Ölpreis viel niedriger einkaufen können, muß nun allerdings dem beim Hedging festgelegten Preis hinblättern. Ouch, das tut weh. Ich nennen das schon Spekulation.

Doch, das stimmt. Hedging ist das Managen von Preisrisiko, keine Spekulation, da man sich ein Preisniveau sichert und den Einfluss des Unbekannten (->Spekulation) aus der Gesamtrechnung rausarbeitet. Ihre Definition von Spekulation ist hier nicht zutreffend, andernfalls wären alle Geschäfte die Ryanair für einen Zeitpunkt in der Zukunft tätigt ebenso Spekulation, siehe das Ticketbeispiel von contrail55. Würde nicht gehedged werden, wäre es eine (tatsächliche) Spekulation auf das Delta zwischen Ticketerlösen und Kerosinpreisen.

Der Preishedge funktioniert an sich aber ganz wunderbar und wie gewollt: zum Festzurren des Öl-/Kerosinpreises als wesentlicher Inputfaktor des Flugbetriebs und als Kalkulationsgrundlage. Was Ryanair in den Arsch beißt, ist der Nachfrageienbruch, also so gesehen ein fehlender Hedge der physikalischen Flugnachfrage. Im Normalfall sind das effektiv die verkauften Tickets für zukünftige Flüge. Durch die Reiseverbote fällt das allerdings weg.
Beitrag vom 18.05.2020 - 20:15 Uhr
... denn wenn die Arbeit da ist sollte die Wertschöpfung ja auch vorhanden sein und man kann normale Gehälter zahlen.
Seltsame Aussage. Man hat fast den gleichen Arbeitsaufwand ob der Flieger voll oder nur halb voll ist. Sie sparen bei Cockpit nichts, bei Kabine nur marginal. Flugsicherung, Abfertigung, Technik, Kerosin, überall fast 100 Prozent Kosten. Wie wollen Sie da normale Gehälter zahlen?
Das würde stimmen wenn man davon ausgeht, dass FR stupide den geplanten Flugplan für 2020 nach der Pandemie abfliegt. Ich gehe nun einfach mal davon aus, dass FR den FLugplan anpasst und mehrfach frequentierte Ziele entsprechend ausdünnt und schlecht gebuchte Ziele einstellt. Mit einem halb vollen Flugzeug wie sie sagen verdient FR kein Geld, auch nicht wenn die Piloten und Flugbegleiter umsonst fliegen. Da bringen die 20% keinen nennenswerten Unterschied.
Beitrag vom 18.05.2020 - 17:18 Uhr
Nein, das ist so nicht richtig.
Man hedgt um zu wissen was man morgen bezahlen muss. Es geht darum die Volatilität zu reduzieren und berechnenbare Ausgaben zu haben. Keiner weiß wie sich Preise entwickeln, aber wenn ich heute 5% Bedarf für in 18 Monaten kaufe, dann ist der Preis fest und ich kenne 5% meiner Aushaben für diesen Zeitraum. Usw. in kleinen Schritten zeitlich abgestuft. Hintergrund ist die Berechenbarkeit auch für Investoren und Kapitalmarkt. Die Sicherheit zu wissen welche Kosten mein Investment in den nächsten Monaten hat gibt Sicherheit für das Investment. Wenn man voll spekulieren würde, dann würde man auch einen Spekulationsrisikoaufschlag für das benötigte Kapital bezahlen. Gleiches gilt für Währungen. Das dies über den langfristigen Horizont mal über oder unter der imaginären 200 Tage Linie liegt ist nicht zu vermeiden, aber so wie man Außreisser nach oben vermeidet verpasst man die nach unten. Nur etwa 10% werden zum Tagespreis gekauft. ZB bei LH werden alle Charterflüge 100% gehedgt. Wenn der Vertrag abgeschlossen ist wird sofort der Treibstoff zu 100% gekauft, auch wenn der Charter erst in 6 Monaten ist. So weiß jeder was es kostet den Flug mit Treibstoff zu versorgen.
Nachtrag.
Klarer wird das, wenn man zB Ticketverkäufe dagegen hält. Die werden ja auch in die Zukunft verkauft und man muss die Kostenbasis kennen, sonst verkauft man an den Ausgaben vorbei.
Wenn Sie so wollen spekuliert der Verkäufer welcher Preis in der Zukunft aktuell sein wird, aber nicht der Käufer.

Dieser Beitrag wurde am 18.05.2020 17:30 Uhr bearbeitet.


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