Britische Luftfahrtoffensive
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Forschungseifer mit Führungsanspruch

Vereinigtes Königreich (Symbolbild)
Vereinigtes Königreich (Symbolbild), © aero.de (boa)

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LONDON - Die britische Regierung soll nach dem Brexit verstärkt in die Entwicklung nachhaltiger Luftfahrt-Technologien investieren, fordert unter anderen Airbus-Chef Guillaume Faury. Das hat die Regierung ohnehin vor - inwiefern inernationale Konzerne wie Airbus davon profitieren, ist aber offen.

"Der Brexit - oder die Art des Brexit, die wir bis Jahresende haben könnten -  könnte eine weitere Herausforderung unter vielen werden", sagte Faury bei der virtuellen Version der Luftfahrtmesse Farnborough International Air Show.

"Aber es gibt auch Chancen. Wir hoffen, dass das Ökosystem des Vereinigten Königreiches innovativer und wettbewerbsorientierter wird und dass wir dort lange präsent sein werden."

Genau das aber lassen Brexit und die aktuellen Initiativen der britischen Regierung bislang offen. Anfang Juni hatte Premierminister Boris Johnson öffentlich von einem voll elektrischen Passagierflieger geschwärmt, den britische Ingenieure bis 2030 hin zur Marktreife entwickeln sollen.

Inzwischen hat das Unternehmen Electric Aviation Group (EAG) sein Konzept für einen hybriden 70-Sitzer vorgestellt. Avisierter Markteintritt des Hybrid Electric Regional Aircraft (HERA): 2030. Zwar ist es nicht der voll elektrische Langstreckenflieger JetZero, der Johnson vorschwebt. Ehrgeizig ist das Projekt allemal.

Dies nicht nur wegen der technischen Herausforderungen sondern auch wegen des Zertifizierungsprozesses. Schon unter normalen Umständen würde die Zulassung einer komplett neuen Plattform der zivilen Luftfahrt die zuständigen Flugsicherheitsbehörden mit völlig neuen Fragestellungen fordern.

Zwar hat die EASA im Mai und Juni 2020 zum ersten Mal einen Elektromotor und ein Elektroflugzeug zugelassen - den Zweisitzer Velis Electro von Pipistrel. Von einem Hybrid-Flugzeug für 70 Passagiere ist das jedoch weit entfernt.

Bilaterales Abkommen zur Flugsicherheit

Der Brexit wirft zudem eine weitere Frage auf: wird die EASA für die Zulassung des HERA überhaupt noch zuständig sein?

Denn mit dem Ende der Übergangsfrist am 31. Dezember tritt Großbritannien aus der EASA aus, sollten die Verhandlungen nicht zu einem anderen Ergebnis führen - bewährte Mechanismen bei der Zulassung von Flugzeugen und deren Komponenten wären damit obsolet.

"Wir haben Vorschläge für ein bilaterales Abkommen zur Flugsicherheit (BASA) in die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit der EU eingebracht", sagte der britische Minister für Wirtschaft und Industrie, Nadhim Zahawi gegenüber FlightGlobal.

"(BASA, Red.) wird die Anerkennung von Flugsicherheitsstandards zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union vereinfachen und die regulatorische Last für Industrie minimieren."

BASA soll nach dem Willen der britischen Regierung die enge Zusammenarbeit zwischen der britischen und der europäischen Luftfahrtindustrie über den Brexit hinaus sichern.

Visionäre Rhethorik mit Führungsanspruch

Immerhin. Denn ansonsten nationalstaatelt es gewaltig in der visionären Rhethorik der Regierung und der aktuellen Luftfahrtinitiativen.

"Auch wenn die Herausforderungen beträchtlich sind," heißt es auf der Internetseite der EAG unter einem Bild des Big Ben, "werden (wir, Red.) versuchen, die britische Luftfahrt zu fördern, sie wiederzubeleben und eine führende Präsenz auf der ganzen Welt aufzubauen, um so sicherzustellen, dass Großbritannnien einen globalen Einfluss auf eine langfristig nachhaltige Luftfahrt aus allen Perspektiven aufbauen kann."

Die Entwicklung von Technologien für nachhaltige Fliegerei auszumachen und anzuführen ist ein erklärtes Ziel der EAG, deren CEO ein früherer Airbus-Ingenieur ist. "Diese Technologien im Vereinigten Königreich zu schützen und es zum globalen Hub für elektrische und nachhaltige Fliegerei zu machen", ein weiteres.

Der EAG-Firmensitz Bristol, UK ist schon heute ein internationaler Think Tank der Luftfahrtindustrie. Wieviel "inter" nach dem Brexit noch übrig ist, wird in den kommenden Monaten entschieden.
© aero.de, Anna Böhm do Nascimento | Abb.: aero.de (boa) | 21.07.2020 14:25


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