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Tui-Betriebsratschef fürchtet Abwanderung von Jobs ins Ausland

Tuifly Boeing 787 Dreamliner
Tuifly Boeing 787 Dreamliner, © Tuifly

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HANNOVER - Tui steht nach Überzeugung von Betriebsratschef Frank Jakobi auch mit den staatlichen Milliardenhilfen unter hohem finanziellen Druck. "Natürlich beschäftigt sich das Management aktuell noch stärker mit dem Kostenthema", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Die Konkurrenz im Fluggeschäft werde wachsen.

Auch die Verhandlungen über Einsparungen bei Tuifly seien alles andere als leicht. "Tuifly befasst sich schon lange mit der Frage: Was ist die ideale Flottengröße?"

Die vom Aufsichtsrat beschlossene Reduzierung in Deutschland auf 17 Jets hätten externe Berater bereits vor der Coronakrise empfohlen. So solle eine optimale Auslastung im Sommer und im buchungsschwachen Winter mit dieser Zahl möglich sein.

"Ein Flugzeug, das nicht fliegt, verursacht sehr hohe Kosten - auch mit Blick auf die Ausgaben für Leasing oder Personal", räumte Jakobi ein. Die Gefahr teurer Überkapazitäten bleibe vorerst allerdings hoch. Nach der Insolvenz von Air Berlin 2017 hätten viele Beobachter zunächst gedacht, dass überschüssige Maschinen verschwinden.

"Aber sie blieben im Markt", erklärte Jakobi. "Und nach Corona werden viele Carrier feststellen, dass sie im Liniengeschäft wohl nie wieder so große Kapazitäten brauchen - das Geschäft mit den Geschäftsreisenden kommt wahrscheinlich nicht im alten Umfang zurück."

So könne für Tui und Tuifly durch die Lufthansa-Plattform Eurowings Discover "ein neuer großer Mitbewerber" in der Touristik entstehen. Die ungarische Airline Wizz sei hier ebenso nicht zu unterschätzen. Eine anfangs noch geplante, eigene Tuifly-Langstrecke hielten Experten absehbar für unrealistisch - das Segment kehre wohl erst später zurück.

"Als Marktteilnehmer muss Tuifly sich diesen Herausforderungen stellen", sagte Jakobi. Um den Beschäftigten Sicherheit zu geben, hat der Konzernbetriebsrat einen zweijährigen Kündigungsschutz für alle in Deutschland Beschäftigten bis Dezember 2021 vereinbart.

Nun wolle das Management aber bestimmte Bereiche der Airline international aufstellen. "Das kann bedeuten, dass deutsche Arbeitsplätze innerhalb der Tui ins Ausland abwandern. An dieser Stelle müssen wir als europäische Betriebsräte aufpassen, dass Beschäftigte nicht auf internationaler Ebene gegeneinander ausgespielt werden."

Der pandemiebedingte Einbruch machte 2020 auch vielen niedergelassenen Reisebüros zu schaffen. Jakobi, der selbst aus dem Bereich kommt, sieht Perspektiven für das stationäre Geschäft - sofern es gelingt, Verbrauchern einen Mehrwert zu bieten.

"Wir haben schon länger einen starken Trend zu Dotcom-Angeboten", sagte er zur Digitalisierung der Sparte, die Tui-Chef Fritz Joussen schon vor Corona vorangetrieben hatte. "Das wird aber nicht dazu führen, dass wir keine stationären Reisebüros mehr in Deutschland haben."

Gute Chancen für stationäre Reisebüros?

Etliche Betreiber der branchenweit rund 8.000 Büros im Land bangen um ihre Existenz. Einige externe Partner hatten Tui für die Annahme der Staatshilfen scharf kritisiert und gewarnt, so werde letztlich der Wettbewerb verzerrt. Hierauf ging Jakobi nicht näher ein.

Für stationäre Reisebüros sieht Jakobi insgesamt weiterhin gute
Chancen - es werde künftig jedoch stärker darauf ankommen, den Kunden
dort noch mehr Zusatzangebote zu machen.

Kunden buchten immer öfter online. "Wenn sie dann aber bestimmte Fragen haben, gehen sie auch wieder ins Reisebüro. Künftig können wir die Kunden dort also zusätzlich beraten, Buchungen generieren und weitere Services anbieten. Alle Kanäle werden miteinander kommunizieren und immer stärker verschmelzen."

Persönliche Kontakte sicherten zudem das Vertrauen: "Viele Kunden wünschen sich kompetente Ansprechpartner vor Ort, da reicht eine Dotcom-Seite nicht."

 auschalen Filialabbau werde es mit ihm nicht geben, stellte Jakobi klar. Im Herbst hatte die Tui-Deutschland-Spitze erklärt, 60 der 400 eigenen Reisebüros im Land schließen zu wollen. "Natürlich kann Tui es sich nicht leisten, Vertretungen mit dauerhaft roten Zahlen über viele Jahre zu subventionieren", sagte er.

"Aber vor der Schließung gibt es noch andere Möglichkeiten, einen Standort wirtschaftlich zu drehen. Den Vorstellungen des Managements zu fantasielosem Handeln haben wir vehement widersprochen. Wir kämpfen um jedes Büro und jeden Arbeitsplatz." In diesen Tagen wird weiterverhandelt.
© dpa | Abb.: Tuifly | 26.01.2021 09:20

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Beitrag vom 27.01.2021 - 09:26 Uhr
Was ist falsch, dass die kleine Gruppe weiß was gut ist?

Dass sie die große Gruppe dominieren will, ist falsch. Wenn sich die große Gruppe verkaufen lässt, ist das ihre Sache. Aber dann soll sie nicht über die kleine Gruppe herziehen, die sich dagegen wehrt.
Stimmt. Aber dann soll die kleine Gruppe bei sich bleiben nicht damit hausieren gehen, was sie nebenbei noch für die große Gruppe rausgeholt hat.
Klar, macht sich immer gut, wenn der Wind von Vorne kommt ;-) Jeder verkauft sich so, wie es den meisten Ertag bringt. Da sind sich alle gleich.
Beitrag vom 26.01.2021 - 19:25 Uhr
Was ist falsch, dass die kleine Gruppe weiß was gut ist?

Dass sie die große Gruppe dominieren will, ist falsch. Wenn sich die große Gruppe verkaufen lässt, ist das ihre Sache. Aber dann soll sie nicht über die kleine Gruppe herziehen, die sich dagegen wehrt.
Beitrag vom 26.01.2021 - 17:23 Uhr
Was ist falsch, dass die kleine Gruppe weiß was gut ist?



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