An-12 UR-CIC
Älter als 7 Tage  

Das war die Antonow, die in Griechenland zerschellte

An-12 UR-CIC
An-12 UR-CIC, © Martin Chell, CCBYSA

Verwandte Themen

KAVALA - Alle acht Crew-Mitglieder starben, als eine Antonow An-12 der ukrainischen Frachtairline Meridian, beladen mit zwölf Tonnen Munition, am Samstagabend nahe der griechischen Hafenstadt Kavala abstürzte. Das Flugzeug war 51 Jahre alt - und damit Meridians jüngste An-12.

Nur noch rauchende Trümmer sind übrig von der viermotorigen Maschine, die mal eine An-12 war. Am Samstagabend um kurz nach 22 Uhr Ortszeit war der Frachter mit der Kennung UR-CIC, aus Niš kommend, in den griechischen Luftraum eingeflogen. 40 Minuten später zerschellten Flugzeug und Besatzung nahe Kavala am Boden.

Davor hatte die Crew gegenüber der griechischen Flugsicherung zunächst angekündigt, dass sie aus "operationellen Gründen" zum serbischen Startflughafen zurückkehren wolle. Nur fünf Minuten später, um 22:42 Ortszeit, meldete sie jedoch einen Brand in Triebwerk Nummer 4, funkte "Mayday" - und bat um eine Notlandung auf dem nahegelegenen Flughafen Kavala.

Doch bis dorthin schaffte sie es nicht mehr. Stattdessen schlug der Frachter nahe Kavala auf freiem Feld am Boden auf, wobei er noch eine Hochspannungsleitung durchtrennte und so einen weitflächigen Stromausfall verursachte.

Explosionen am Boden

Beladen war die An-12 nach offiziellen Angaben der serbischen Behörden mit zwölf Tonnen Munition, die für Bangladesch bestimmt waren. Ihr Ziel, die bangladeschische Hauptstadt Dhaka, hätte die Ladung mit Zwischenstopps in Amman (Jordanien), Riad (Saudi-Arabien) und Ahmedabad (Indien) erreichen sollen.

An-12-Absturz in Griechenland, © TSL, Egwapaisiotatos
 
Stattdessen explodierte die heikle Fracht nach dem Absturz des Flugzeugs in Griechenland. Rettungskräfte vor Ort sprachen von "toxischen Dämpfen". Die Luft sei trotz Masken unerträglich gewesen. Noch Stunden nach dem Absturz waren aus den brennenden Überresten der Maschine Explosionen zu hören.

Die Trümmer der Antonow sollen in einem Umkreis von 800 Metern verteilt liegen, das Gebiet wurde weiträumig abgesperrt.

Bewegte Vita

Die An-12 mit der Kennung UR-CIC flog erst seit Anfang dieses Jahres für Meridian. Ihren Jungfernflug absolvierte sie im Januar 1971, war also über 51 Jahre alt. Für den Bau zeichnete seinerzeit das Flugzeugwerk Nummer 84 im usbekischen Taschkent verantwortlich, wo die An-12 mit der Seriennummer MSN 01347701 laut Angaben der Datenbank russianplanes am 15. Februar 1971 an ihren ersten Betreiber, die sowjetische Staats-Airline Aeroflot, übergeben wurde.

Dort flog sie als CCCP-12999 in diversen Gebietsverwaltungen, wurde 1990 an den bulgarischen Staats-Carrier Balkan vermietet und kam 1993 zur neu gegründeten russischen Fluglinie Ural Airlines. Zwischen 1998 und 2005 flog sie, mit einem kurzen Leasing-Intermezzo in Griechenland, als LZ-VEB abermals in Bulgarien, dieses Mal für die Cargo-Airline Vega (heute Cargo Air).

Die wiederum gab die Antonow 2007 nach Kasachstan an Jupiter Jet weiter, wo sie mit den Kennungen UN-11019 und (ab Juli 2008) UN-AN212 unterwegs war. Im Dezember 2014 landete die Antonow in Belarus bei Grodno Air. Dort blieb sie als EW-435TI bis Februar 2022 im Einsatz – bevor sie schließlich, wenige Tage vor Beginn des Krieges in der Ukraine, als UR-CIC an Meridian ging.

Jüngste An-12 bei Meridian

Bei der 2003 gegründeten ukrainischen Fluggesellschaft war die UR-CIC, trotz ihres gesetzten Alters von mehr als 51 Jahren, das "Küken" in der An-12-Flotte. Diese besteht nun noch aus drei Flugzeugen: der 58 Jahre alten UR-CGW (An-12B), der 54-jährigen UR-CAJ (An-12BK) sowie der 53 Lenze zählenden UR-CTJ (An-12BK).

Mit diesen Oldies absolviert Meridian nach eigener Darstellung Frachtcharterflüge in der ganzen Welt, erfüllt Verträge mit Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen für den Transport humanitärer Güter und arbeitet überdies "eng mit den Vereinten Nationen und der NATO bei der Lieferung dringender Fracht, einschließlich militärischer und Dual-Use-Fracht, zusammen".

Noch im Herbst 2021 gab es Berichte, wonach Meridian mit Boeing 737- und 767-Frachtern expandieren wolle. Daraus dürfte auf absehbare Zeit wegen des Krieges jedoch nichts werden.
© FLUG REVUE - Patrick Zwerger | Abb.: Martin Chell, CCBYSA | 18.07.2022 15:19

Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich bei aero.de registrieren oder einloggen.

Beitrag vom 18.07.2022 - 18:07 Uhr
Danke für diese informative Zusammenfassung der Fakten, die wir gegenwärtig über diese Maschine, ihre Betreiberin und den Absturz wissen.
Die Untersuchung wird hoffentlich die Ursache für den Triebwerksbrand klären, der offensichtlich der Auslöser dieses Absturzes war.


Stellenmarkt

Schlagzeilen

aero.uk

schiene.de

Meistgelesene Artikel

Community

Thema: Pilotenausbildung

FLUGREVUE 04/2024

Shop

Es gibt neue
Nachrichten bei aero.de

Startseite neu laden