Gewinnerwartungen übertroffen
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Airbus kappt Auslieferungsziel für 2019 wegen A321neo

Die vierte A320-Endmontage-Linie in Hamburg Finkenwerder arbeitet mit einem hohen Grad an Automatisierung
Die vierte A320-Endmontage-Linie in Hamburg Finkenwerder arbeitet mit einem hohen Grad an Automatisierung, © Airbus

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TOULOUSE - Airbus streicht wegen Problemen beim Bau des Mittelstreckenjets A321neo seine Auslieferungspläne zusammen. Doch Gewinne und Neugeschäft ziehen inzwischen wieder an. Finanzielle Auswirkungen amerikanischer Strafzölle auf US-Kunden will Konzernchef Guillaume Faury abfedern.

Statt 880 bis 890 Verkehrsflugzeugen dürften im laufenden Jahr nur rund 860 Maschinen den Weg zu den Airlines finden, kündigte Vorstandschef Guillaume Faury am Mittwoch in Toulouse an. Von der Krise seines US-Rivalen Boeing kann Airbus nur beschränkt profitieren - denn der Produktionsausbau hält mit der Nachfrage nicht Schritt.

An der Börse kamen die Nachrichten nur kurzzeitig schlecht an. Nachdem der Kurs der Airbus-Aktie am Morgen um mehr als drei Prozent abgesackt war, drehte er später in die Gewinnzone. Am frühen Nachmittag lag die Aktie mit 2,62 Prozent im Plus bei 129,06 Euro und näherte sich damit wieder ihrem im Juli erreichten Rekordhoch von 133,86 Euro.

Seit dem Jahreswechsel hat das Papier mehr als die Hälfte an Wert gewonnen. Am Nachmittag war Airbus an der Börse insgesamt wieder mehr als 100 Milliarden Euro wert.

Das operative Ergebnis des dritten Quartals habe sehr positiv überrascht, schrieb Commerzbank-Analyst Norbert Kretlow. Die Probleme mit der neuen Kabinenvariante des Airbus A321neo dürfte der Flugzeugbauer in den Griff bekommen. Derzeit werde der Produktionsstau in Hamburg allerdings "eher schlimmer als besser", sagte ALC-Chef John Plueger "Reuters".

Im Sommer verdiente der Luftfahrt- und Rüstungskonzern mehr als von Analysten im Schnitt erwartet. Finanzchef Dominik Asam sieht auch das Gewinnziel für 2019 trotz der gekappten Auslieferungspläne nicht in Gefahr. So soll das um Sondereffekte bereinigte operative Ergebnis (bereinigtes Ebit) von im Vorjahr 5,8 Milliarden Euro in diesem Jahr um etwa 15 Prozent steigen.

Die Margen pro Flugzeug seien so gut, dass man an diesem Ziel keine Abstriche machen müsse, sagte Asam.

Obwohl der Umsatz im dritten Quartal mit 15,3 Milliarden Euro rund ein Prozent niedriger ausfiel als ein Jahr zuvor, konnte Airbus seinen Gewinn steigern. Das bereinigte Ebit stieg um zwei Prozent auf 1,6 Milliarden Euro. Der Überschuss wuchs um drei Prozent auf 989 Millionen Euro. Analysten hatten hingegen mit einem Gewinnrückgang gerechnet.

Die Zulassung der A330-800 erwartet Airbus nicht mehr 2019 sondern erst "Anfang 2020". Die weitaus größere Herausforderung für den Hersteller stellt die geplante Produktionsausweitung bei den Mittelstreckenjets der A320neo-Modellfamilie dar. Der Einbau der neuartigen Kabinenausstattung des Fliegers dauere deutlich länger als bei der herkömmlichen Version, erläuterte Faury in einer Telefonkonferenz.

Die Airbus Cabin Flex (ACF) genannte Kabinenvariante schafft in der längeren Flugzeugversion A321neo Platz für noch mehr Passagiere - und dient als Basis für die Langstreckenmodelle A321LR und A321XLR. Um die Produktion der Jets weiter hochzufahren, baut Faury verstärkt auf den Einsatz von Robotern. Die Umstellung sorgt aber erst einmal für Verzögerungen.

Airbus will ab dem Jahr 2021 monatlich 63 Maschinen der A320-Familie fertigstellen, die durch die modernisierte und weniger spritdurstige Neuauflage A320neo einen immensen Nachfrageschub erhalten hat. Auch wegen konjunktureller Risiken hat Faury Pläne für eine 70er-Rate vorerst auf Eis gelegt.

Erst am Dienstag orderte der indische Billigflieger IndiGo auf einen Schlag 300 Mittelstreckenjets der Reihe - darunter die neue Langstreckenversion A321XLR, deren Bau Airbus erst im Juni angekündigt hatte. Tage zuvor legte sich der US-Preisbrecher Spirit auf 100 weitere A319neo, A320neo und A321neo fest.

Weil die Produktion der A320neo-Familie über Jahre hinweg ausgebucht ist, kann Airbus seinem schwer gebeutelten Rivalen Boeing aber kurzfristig kaum Kunden abjagen. Dabei hat das weltweite Flugverbot für die Boeing 737 MAX - das Konkurrenzmodell zur A320neo - den US-Konzern in eine tiefe Krise befördert.

Boeing-Chef Dennis Muilenburg hofft zwar weiterhin, dass die 737 MAX noch in diesem Jahr wieder in Betrieb gehen kann. Damit ist er aber optimistischer als die großen US-Fluggesellschaften, die den Krisenjet in der Flotte haben. Ob und wann die US-Luftfahrtbehörde FAA und internationale Aufseher die Unglücksmaschinen wieder abheben lassen, ist derzeit unklar. Zuletzt gab es Spannungen zwischen Boeing und der FAA, die den Prozess weiter bremsen könnten.

Zölle bedrohen US-Lieferungen

Der Airbus-Führung bereiten derweil die von den USA verhängten Strafzölle auf Airbus-Jets aus Europa Kopfzerbrechen. Man spreche mit den Airbus-Kunden aus den USA darüber, wie man die Auswirkungen der Zölle begrenzen könne, sagte Faury. So baut Airbus Maschinen der A320neo-Reihe und bald auch das kleinere Modell A220 auch an einem Standort im US-Bundesstaat Alabama.

Auf dort endmontierte Maschinen fallen keine Zölle an - ebensowenig auf Teile, die von Europa in die US-Werke geliefert werden.

Bezahlen müssten die Einfuhrzölle von zehn Prozent die Fluggesellschaften aus den USA, sagte Faury. Da Flugzeuge meist mehrere Jahre im Voraus bestellt werden, stehen die Preise für die derzeit auszuliefernde Maschinen schon lange fest. Bei Neubestellungen könnten die Airlines die Zollbelastung allerdings in den Preisverhandlungen berücksichtigen.

Die USA hatten die Zölle bereits Anfang Oktober als Vergeltung für rechtswidrige EU-Subventionen für Airbus angekündigt. Schlichter der Welthandelsorganisation (WTO) hatten der US-Regierung das Recht zugesprochen, Strafzölle von bis zu 100 Prozent auf Waren im Wert von 7,5 Milliarden Dollar zu erheben.

Die EU hatte sich noch bis zuletzt darum bemüht, im Streit über Sanktionen für Flugzeugbauer eine Lösung auf dem Verhandlungsweg zu erzielen. Auch die Airbus-Führung setzt sich weiter für eine Verhandlungslösung ein.

Die EU-Kommission droht den USA mit Vergeltung, denn die EU hatte in einem ähnlichen Verfahren um Subventionen für den US-Konzern Boeing Recht bekommen. Die EU könnte daher ebenfalls Strafzölle in ähnlicher Höhe erheben. Die WTO-Entscheidung dazu wird aber erst 2020 fallen.
© dpa-AFX | Abb.: Airbus | 30.10.2019 15:23

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Beitrag vom 30.10.2019 - 14:05 Uhr
Der letzte Absatz ist komplett verwirrend ,wenn sich da jemand nicht auskennt mit der Materie ,wird es kompliziert ,der amerikanische Preisbrecher heißt SPIRIT und nicht Indigo.
Beitrag vom 30.10.2019 - 11:55 Uhr
Ich denke das ist aufgrund des Namens so eindeutig. Bei Indigo handelt es sich um Indigo wie in dem Artikel (Complaints + Neubestellung). Wenn Indigo Partner gemeint wird das auch so geschrieben.
Beitrag vom 30.10.2019 - 09:49 Uhr
Und geht dann auch mal schief.

Sowie ich die Pressemeldung von Airbus verstanden habe hat die IndiGo, also die indische Airline, die 300 A32x bestellt. Trotz der beklagten Lieferverzögerung.

Indigo Partners US hat glaube ich letztes Jahr über 400 A32x für ihre Airlines (u.a. WIZZ) geordert und dieses Jahr 18 davon in 321XLR konvertiert und 32 XLRs nachgeordert. Die erwähnten 100, sind das neue Informationen?

Die Redaktion sollte das deutlicher kenntlich machen

Dieser Beitrag wurde am 30.10.2019 11:40 Uhr bearbeitet.


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